Im ersten Stockwerk der Rotunde der SCHIRN Kunsthalle herrscht reger Publikumsverkehr. Auffallend viele junge Menschen haben sich an diesem Nachmittag in der SCHIRN Kunsthalle eingefunden. Grund hierfür ist das Projekt DOMINO, über das hier zu einem früheren Zeitpunkt bereits berichtet wurde. Nun findet das Jugendprojekt an dem Ort, der den Anstoß dafür gegeben hat, mit einer Ausstellung seinen Abschluss und gleichzeitigen Höhepunkt. Angefangen hat alles vor drei Monaten mit einem Besuch der Ausstellung „Surreale Dinge“ der Jugendgruppe Sachsenhausen. Hier fiel der erste Dominostein – und es sollten noch viele weitere Steine fallen, bis der Ursprungsort wieder erreicht wurde.
Während des Projektes SCHIRN DOMINO inspirierten sich die Jugendlichen gegenseitig zu einer Auseinandersetzung mit der Kunst der Surrealisten. Ihre eigenen surrealen Dinge, die durch die Beschäftigung mit der Ausstellung entstanden sind, präsentierten sie anderen Jugendgruppen. Ein Ziel von SCHIRN DOMINO war es, den Jugendlichen selbst eine entscheidende Rolle innerhalb des Projekts beizumessen. „Ohne ihre Werke, die den Impuls für andere Jugendliche gegeben haben, hätte sich das Projekt nicht weiterentwickeln können“, erklärt Katharina Bühler, Pädagogin und Projektleiterin von SCHIRN DOMINO, die Arbeitsweise.
Sydney, 15 Jahre, war eine der Impulsnehmerinnen und -geberinnen. Heute steht ihr Objekt in der Rotunde neben anderen, die sie zu ihrer praktischen Arbeit inspiriert haben. Und neben Werken, die wiederum ihren Anstoß in Sydneys Arbeit gefunden haben. Die Aufstellung und Hängung der Werke macht den gesamten Projektablauf in anschaulicher Weise nachvollziehbar: Der Besucher erblickt zuerst jene Arbeiten, die von der ersten Jugendgruppe erschaffen wurden, um dann, entlang des Rotundenbogens, chronologisch den Einfluss jeder Arbeit auf die jeweilig anschließenden nachvollziehen zu können.
Die surreale Lampe, die Sydney im Rahmen des Projekts gestaltet hat, spiegelt nicht nur den Einfluss der Ausstellung „Surreale Dinge“ auf sie und ihr Objekt wider, sondern beweist auch die Sensibilität der Jugendlichen gegenüber gegenwärtigen Ereignissen. Das Werk mit dem Titel „atomopfer – in gedenken an fukushima“ bezieht das für Kinder und Jugendliche besonders wahrnehmbare Atomunglück in Japan in die Projektarbeit mit ein.
Die Projektteilnehmer zwischen 13 und 17 Jahren können zum ersten Mal nahezu alle Arbeiten betrachten, die für fünf Tage in der Rotunde zu sehen sein werden. Teils andächtig, teils ausgelassen bewegen sich die Jugendlichen vor der offiziellen Eröffnung durch die Ausstellung, deren Ausstellungsobjekte unterschiedlicher nicht sein könnten. Von digital entfremdeten Fotografien über mit Reisnägeln gespickte Stühle bis hin zu umfunktionierten Tischlampen findet sich eine große Bandbreite an surrealen Objekten. Eines haben alle Kunstwerke jedoch gemeinsam: Sie entfremden, subtil oder direkt, Gegenstände und Szenen des Alltags.
In dieser Entfremdung und Ironisierung kann man die Gemeinsamkeit sehen, die die Werke der Frankfurter Jugendlichen mit den Werken der Surrealisten verbindet. Der mit Schwämmen besetzte Regenschirm („Ausgesprochene Wolke II“) von Wolfgang Paalen oder, das Vorzeigeobjekt der Surrealisten, die Brille für Einäugige („“L’introuvable“) von Marcel Mariën, erlangen ihre Faszination aus eben jener Zusammenführung unvereinbarer Eigenschaften.