Silvana Battisti und Marc Herbert gehen gerne und oft als Besucher in die SCHIRN. Am kommenden Freitag spielen die beiden Musiker aus Darmstadt, die 2004 ihre gemeinsame Band „Woog Riots“ gründeten, zur Eröffnung von Michael Riedels Ausstellung „Kunste zur Text“ und dem SCHIRN-Sommerfest.
Ähnlich wie Riedel, bedienen sich die kunstaffinen Woog Riots, die auch an der „100 Jahre John Cage“-Ausstellung der Darmstädter Mathildenhöhe musikalisch beteiligt sind, dem Verfahren von Reproduktion und Wiederholung. Ihre Musik, ein Mix aus Synthie- und Computerbeats und Lofi-Punk, ist fröhlich und tanzbar. In ihren sozialkritischen Texten schnappen sie den Zeitgeist auf und wiederholen sloganartig Liedzeilen und Refrains. Und zeigen so, dass das Stilmittel der Repetition auch eingängiger Pop sein kann.
Alexander Kluge Zitate und Lofi-Punk
„Die Woog Riots sind keine ‚normale Popband‘“, erklärt die Halbitalienierin Battista, die für Gesang und Synthesizer in der Band steht. Das wird schnell klar, wenn man im Gespräch über ihr drittes Album „Post Bomb Chronicles“, das im April erschienen ist, gleich bei Alexander Kluge-Zitaten und den Zukunftstheorien des Soziologen Alvin Toeffler landet. Die Reaktor-Katastrophe von Fukushima inspirierte die Woog Riots zur Untersuchung der Zukunfts- und Gegenwartsforschung in verschiedenen Zeitaltern, die sich zu vielseitigen Songs verarbeitet auf dem neuen Album wiederfinden.
Die Woog Riots verbinden Kunst und Musik, sogenannte „cross art“, wie das bereits im Studio 54 von Pop Art-Künstler Andy Warhol üblich war. Ihre Auftritte sind Events, bei denen das Publikum involviert wird. Durch das Verteilen von Prisma-Brillen wird ihren Konzerten neben dem musikalischen Erlebnis auch eine visuelle Komponente hinzugefügt.
„Summer of Love“ in der Schirn
Ein SCHIRN-Besuch hat die Woog Riots zu einem Lied inspiriert. Der Song „Art museum“ auf ihrem 2008 erschienen zweiten Album „pasp“ erzählt von ihrem Besuch der SCHIRN-Ausstellung „Summer of Love“. Die Diskrepanz zwischen den Exponaten von Künstlern der Befreiungsbewegung der Sechziger Jahre, wie unter anderem Janis Joplin, und der Ausstellungssituation – „don’t drink, don’t smoke, don’t touch… in the art museum“ – ließ Battisti und Herbert das Lied schreiben.
Getrunken und vor allem getanzt werden darf bei ihrem Auftritt am Freitag auf dem Sommerfest der SCHIRN, auf den sich die beiden Künstler schon sehr freuen. Vielleicht wird dann auch das Geheimnis um den grünen Hippie-Flusenteppich gelüftet, einem Bühnenrequisit der Woog Riots, das einem Exponat aus der „Summer of Love“-Ausstellung verblüffend ähnlich sieht, wie Silvana Battisti lachend erwähnt.
Apropos grün, wie der EM-Fußballrasen: „Football Round The Clock“, das Lied Woog Riots zur WM 2006 wurde jüngst vom Rolling Stone auf einer Compilation wiederherausgebracht. Für den Tourbus der deutschen Nationalmannschaft wurde der Song vor sechs Jahren als zu punkig abgelehnt. Zum Glück gehört das Beurteilen von Musik nicht zu den Kernkompetenzen der Fußballmanager, die auf den Rasen gehören, so wie die Woog Riots auf eine Bühne, die gerne auch in einer Kunsthalle stehen kann.