Wie die Pflanze durch den Asphalt
10.12.2024
6 min Lesezeit
Unter dem Titel „EXAMEN 24 – Die Pflanze durch den Asphalt” lädt die Kunsthochschule Kassel zu ihrer diesjährigen Abschlussausstellung vom 11. bis zum 15. Dezember 2024 in die documenta-Halle ein.
Über 60 Absolvent*innen präsentieren ihre Abschlussarbeiten und beleben die Halle mit einem offenen Parcours, der dazu einlädt, diverse künstlerische und gestalterische Perspektiven zu entdecken.
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Gemeinschaft als romantisches Versprechen
Durch die großflächigen Glasfronten der Halle dringt der diffuse graue Dezemberhimmel der Stadt. Vor diesem Hintergrund manifestiert sich die raumgreifende Installation Martin Winklers. Ihr haftet etwas Surreales an. Die mit Helium gefüllten, schillernd bunten Luftballons lenken alle Blicke auf sich und thematisieren die Fiktion einer pluralistischen Gesellschaft. Gemeinschaft erscheint hier als ein romantisch-enthusiastisches Versprechen, dessen Erfüllung fragil in der Luft schwebt. Die Installation reflektiert das Aufwachsen in einem homophoben Umfeld und richtet gleichzeitig eine Hommage an die LGBTQI+ Community.
Die Ausstellung versammelt die einzelnen Werke der Absolvent*innen aus den Studiengängen Bildende Kunst, Produktdesign und Visuelle Kommunikation auf allen Ebenen und bis in alle Winkel der Ausstellungshalle. Durch einen queeren kuratorischen Ansatz wird die Schau zu einem Ort der Begegnung und des Austauschs: Sie versteht sich als ein Ökosystem, in dem sich die individuellen Arbeiten im Zusammenspiel mit ihrer räumlichen Einbettung immer wieder neu miteinander verknüpfen, dadurch neue Fragen aufwerfen und Kategorisierungen überwinden.
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Ausstellung als dynamisches Netzwerk
Diese Herangehensweise spiegelt sich auch in Mar Lambergs ortsspezifischer Installation wider. Eine Reihe parallel verlaufender Nylonfäden lenkt die Blickachse von der Treppe in die Weitläufigkeit der großen Halle hinein.
Die Grundlage Mar Lambergs Arbeiten bildet der vorgefundene Raum mit seinen architektonischen Gegebenheiten. Details und Eigenheiten der alltäglichen Umgebung werden durch die künstlerische Intervention dekonstruiert und neu zusammengesetzt. Die zweidimensional anmutenden Fäden schaffen durch ihre Gruppierung ein oszillierendes Volumen, das sich je nach Blickwinkel immer wieder neu formt und auflöst, wodurch sich das Werk gegen die statische Körperlichkeit der Architektur behauptet. Die Betrachter*innen sind eingeladen, sich aktiv durch die Installation zu bewegen – erst durch die Interaktion wird der transformierte Raum erfahrbar und für Fragen zugänglich:
Welche sichtbaren, materiell manifestierten Strukturen von Hierarchie prägen unsere tägliche Wahrnehmung?
Am Kopfende der Großen Halle und in einem dort angrenzenden Raum hängen die Bilder von Kaitong Zhang. Das Blattgold auf seinen Gemälden entfaltet durch seine Reflexionen eine faszinierende räumliche Tiefe. Es stellt sich jedoch die Frage, in welche Richtung die Arbeiten den Raum erweitern. Im Gegensatz zu Mar Lambergs Raumverkörperung kann der reale Raum mit Zhangs Arbeiten metaphysisch verlassen werden. Der Blick wird durch Verweise auf mythologische Darstellungen nach innen gerichtet, der eigene Körper wird immateriell. In einem anderen Raum führt Anna Bergold mit ihrer multimedialen Arbeit „Terra Salis“ die Besuchenden nah an ihre Recherche zum Salzabbau im hessischen Heringen heran. Feinfühlig anmutende Salzdrucke von Pflanzen vor dunklem Hintergrund, die in der dortigen Bergbaulandschaft zu finden sind, führen mit Sensibilität zur Thematik anthropozentrischer Zerstörung.
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