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WAS KUNST LEISTEN KANN

13.04.2011

2 min Lesezeit

Kurator*in:
Matthias Ulrich
„Playing the City 2“, ein Experiment mit zahlreichen Aktionen im öffentlichen Raum, ist vorbei. Im Resümee beschreibt Kurator Matthias Ulrich die Wirkung einer solchen Kunst – ganz im Sinne einer sozialen Skulptur.

Es ist nicht einfach, über ein Projekt wie „Playing the City“ ein Fazit zu ziehen, festzustellen, welche der Aktionen erfolgreich verlaufen sind und welche nicht, erfolgreich im Sinne der Beteiligung oder im Sinne der konzeptuellen Zielsetzung.

„Playing the City“ ist in vielerlei Hinsicht ein Experiment, eines, welches die Bedingungen seines Zustandekommens ständig miterzeugt, um anhand der Resultate wieder und wieder Modifikationen vorzunehmen und einen Blick auf das gesamte Projekt zu ermöglichen, welches grundsätzlich in der Veränderung des sogenannten Betrachters liegt. Welche Veränderung aber ist da gemeint?

Einfach gesagt ist es die von einem Konsumenten zu einem Produzenten, zu jenem Künstler also, dem das geflügelte Wort von Joseph Beuys „Jeder Mensch ein Künstler“ gewidmet ist. Beuys verstand diesen Künstler als einen Veränderer, einen kreativ Schaffenden, der in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wirkt.

ZUSCHAUER AKTIVIEREN UND EINBINDEN

Mit dem Tod von Christoph Schlingensief ist die künstlerische Idee von einer sozialen Skulptur, wie sie von Beuys eingeführt wurde, wieder erwacht, zumindest in der medialen Wirklichkeit.

Erweitert durch die ökonomisch politische Figur der Selbstorganisation steht Schlingensiefs letztes Großprojekt, das Operndorf „Remdoogo“ in Burkina Faso, am Horizont einer solchen utopischen Skulpturenidee, die das Gesellschaftliche insgesamt umfasst – Medizin genauso wie Religion, Schule genauso wie Kunst.

„Playing the City“ ist nicht nur Kunst im öffentlichen Raum, es operiert mit künstlerischen Ideen und Konzepten, die von den Betrachtern geteilt, ausgeführt oder mindestens benutzt werden, um Realität beziehungsweise Form zu sein. Die neuen Produzenten erleben sich teils auf spielerische Weise aktiviert, körperlich eingebunden wie in der Eröffnungsinstallation von For Use/Numen oder der Intervention im öffentlichen Nahverkehr von Paola Pivi.

Die neuen Produzenten erleben sich als politische Aktivisten, wenn sie die von Annika Lundgren angeordnete Botschaft teilen, um Kraft ihrer Gedanken – nicht die Börse – aber ihre Phantasie in die Höhe zu heben.

Kunst muss unbedingt der vermeintlichen Realität widerstehen und ihr eine Alternative zur Seite stellen. Sie muss der Konvention des Denkens und des Handelns nicht nur einen Spiegel vorhalten, sondern hinter den Spiegel treten – wie in den Spiegelräumen von Christoph von Löw. Produzent zu sein, ist nicht einfach, doch können wir es ganz einfach werden.

Kontext: Kunst geht auf die Straße
Kontext: Weine nicht, wenn der Regen fällt
Website: www.playingthecity.de