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PHILIPP FÜRHOFER. [DIS]CONNECT

17.10.2011

3 min Lesezeit

Die SCHIRN lud zum Abschluss der Ausstellung „Geheimgesellschaften“ zu einem nächtlichen Besuch ins Wunderland und eröffnete den SCHIRN CIRCLE.

Mr. Pustra verspätet sich, wird gemunkelt. Angeblich macht er noch Yoga in seiner Garderobe, die streng bewacht wird. Der Londoner Burlesque-Künstler gilt als „Vaudeville’s Darkest Muse“ und seine Auftritte werden an diesem Abend heiß erwartet. Inzwischen strömen immer mehr Gäste in die SCHIRN. Viele von ihnen sind verkleidet – mit Masken, Schiebermützen, Kleidern im Flapper-Stil oder 20er-Jahre-Anzügen. Denn heute steht SCHIRN AT NIGHT auf dem Programm und damit ein Maskenball der besonderen Art.

Aus dem Restaurant Table dringt Musik. Hinter dem DJ-Pult steht herr mika, der den Abend konzipiert hat: „Zur Finissage der Ausstellung ‚Geheimgesellschaften‘ wollen wir die mondäne Welt der Pariser Salons und der Berliner Kabaretts der 20er-Jahre heraufbeschwören. Der Abend soll ein bisschen spooky sein“, sagt er.

Und es wird „spooky“: Hinter einer Säule steigt Nebel auf, das nächtliche Foyer der Schirn wird nur durch ein paar gelbe Spotlights beleuchtet und in der Rotunde sammeln sich die Gäste an der runden Bar. Oder sie streifen durch die Ausstellung „Geheimgesellschaften“, in der es heute keine klassischen Führungen gibt. Stattdessen stehen in den Räumen Kunstvermittler, die T-Shirts tragen, auf denen der Schriftzug „Frag mich!“ prangt. Veronique Charon ist eine dieser Kunstvermittlerinnen: „Die meisten Besucher sind am Anfang etwas zurückhaltend, aber schon nach kurzer Zeit ergeben sich sehr offene und interessante Gespräche“, erzählt sie.

Als Mr. Pustra dann seine Garderobe verlässt und den großen, runden Tisch im Table besteigt, kommt Bewegung in die Menge. Kaum jemand will sich die Performance des Mannes entgehen lassen, der so gar nicht wie ein Mann aussieht: weiß geschminktes Gesicht, die Lippen blutrot, künstliche Wimpern, schwarzer Anzug, Perücke, ein Champagnerglas in der einen, einen Zigarillo in der anderen Hand. Eine Mischung aus Marlene Dietrich-Double und traurigem Clown. Im Takt der Musik schreitet er den Tisch entlang und schmettert Chansons. Durchdringend, stolz und voller Verzweiflung. Die Gäste klatschen begeistert Beifall.



Eine der Zuschauerinnen ist Stefanie Falte. Sie liebt die Inszenierung. Die von Mr. Pustra und ihre eigene, sagt sie. Deshalb hat sie sich für diesem Abend in ein strenges Kostüm geworfen und sich eine schwarz-silberne Maske übergestülpt. In diesem Outfit lässt sie sich auf die antike Chaiselounge des Fotostudios fallen, das in der Rotunde aufgebaut wurde. Ihr Bild im Stil alter Familien- und Gesellschaftsportraits wird sie am nächsten Tag auf der Homepage www.schirncircle.de entdecken können. Denn die SCHIRN AT NIGHT-Veranstaltung läutet nicht nur das Ende der Ausstellung „Geheimgesellschaften“ ein, sondern auch den Beginn des SCHIRN CIRCLE, ein neuer Kreis für junge Kunstfreunde.

Die Vereinigung, Teil der Freunde der SCHIRN Kunsthalle e. V., möchte berufstätige Kunstinteressierte im Alter von 25 bis 40 Jahren für die Ausstellungen der SCHIRN begeistern, sie mit besonderen Events aktiv an der kulturellen Diskussion teilnehmen lassen und den Austausch untereinander fördern. So kommen SCHIRN CIRCLE-Mitglieder neben freiem Eintritt in alle Ausstellungen und Eröffnungen sowie Ermäßigungen auf SCHIRN-Publikationen in den Genuss von Führungen außerhalb der Öffnungszeiten, Sonderführungen mit den Kuratoren sowie Blicken hinter die Kulissen. Interessierte können sich auf der Internetseite www.schirncircle.de registrieren und bis Jahresende 2011 kostenlos am Programm teilnehmen. Wer sich danach für den Verbleib im SCHIRN CIRCLE entscheidet, erhält für einen Jahresbeitrag von mindestens 75 Euro intensiven Kunstgenuss und fördert somit auch das Programm der SCHIRN.