/ 

„NEUIGKEITEN AUS DER NEW YORKER KUNSTSZENE“

20.04.2011

3 min Lesezeit

Direktor*in:
Max Hollein
Direktor Max Hollein reist nach New York, besucht Francesco Clemente in seinem Atelier und trifft den Maler George Condo. Neue Anreize findet er im Guggenheim, Metropolitan und Whitney Museum.

New York ist immer eine Reise wert, insbesondere wenn es für die SCHIRN einige Projekte vorzubereiten gilt. Daher ging es unmittelbar nach unserer Courbet-Eröffnung für einige Tage nach Manhattan. Neben der Vorbesprechung mit dem Maler George Condo bezüglich einer großen SCHIRN-Ausstellung im Jahr 2012 – gemeinsam mit dem New Museum in New York sowie der Hayward Gallery in London – und der Sichtung einiger Arbeiten mit dem Fotografen Philip-Lorca diCorcia für ein SCHIRN-Projekt im Herbst desselben Jahres, war der Grund des Aufenthalts insbesondere ein Atelierbesuch bei Francesco Clemente.

Clemente hat mit seinen im letzten Jahr entstandenen großartigen und großformatigen Aquarellen aus der „Rainbow“-Serie etwas Außerordentliches geschaffen – und das wollen wir in Frankfurt unbedingt im nächsten Sommer zeigen. Clementes Kunst fasziniert mich in ihrer besonderen Sensibilität und Virtuosität. Ebenso beeindruckt mich sein konzeptioneller Ansatz, die großen Themen des Individuums – Liebe, Tod und Spiritualität – fortwährend zu ergründen. Bei meinem Besuch in seinen Ateliers in Manhattan und Brooklyn zeigte er mir auch seine neue große Serie von Tarot-Karten, ein gigantisches System an Aquarellen, das wie eine Autobiographie erscheint. Dieses Ensemble wird Clemente parallel zur Ausstellung in der SCHIRN in den Florentiner Uffizien präsentieren.

Sehenswert war in New York insbesondere auch die Ausstellung „Chaos and Classicism“ im Guggenheim über die Kunst der 1920er- und 1930er-Jahre in Deutschland, Spanien und Italien – das erste Bild der Ausstellung ein Picasso, das letzte Werk am Ende der Spirale dann „Olympia“ von Leni Riefenstahl.

Im Metropolitan eröffnete eine große, sehr beeindruckende Ausstellung von John Baldessari – und es wird heiß diskutiert, ob mit dieser Ausstellung des wichtigen Konzeptkünstlers aus Los Angeles, den wir in der SCHIRN als erste Position in unserer Ausstellung „The Making of Art“ gezeigt hatten, die zeitgenössische Kunstszene endgültig auch im ehrwürdigen Metropolitan Museum eingezogen ist, und ob das nötig war: Ich denke, auf jeden Fall!

SEHENSWERTE SCHAU VON PAUL THEK
Übrigens war ein wichtiges Kunstwerk von Baldessari aus der Hamburger Sammlung Falckenberg gleich im ersten Raum zu sehen, ebenso wie die Sammlung Falckenberg – neben den großartigen Werken aus dem Kolumba Kunstmuseum in Köln – auch bei der Paul-Thek-Ausstellung im New Yorker Whitney Museum stark vertreten war. Der Sammler Harald Falckenberg selbst konnte bei der feierlichen Eröffnung nicht anwesend sein. Dies hatte wiederum mit der SCHIRN zu tun, denn unsere Uwe-Lausen-Ausstellung eröffnete am darauf folgenden Tag in der Sammlung Falckenberg.

Die Paul-Thek-Ausstellung ist für mich die sehenswerteste Schau in New York in diesem Herbst. Ein Künstler, dessen Werk aus den späten 60er-, 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts noch so frisch wirkt, weil er so viele andere Künstler grundlegend beeinflusst hat. Wir wollten in der SCHIRN auch eine Paul-Thek-Ausstellung machen. Diesen Plan mussten wir aber aufgeben, denn die erste US-Tournee der Werke des viel zu früh an Aids verstorbenen wichtigen amerikanischen Künstlers, der in seinem Heimatland bisher nie die gebührende Anerkennung bekam, war von allererster Priorität. Zudem sind die Werke auch zu fragil, als dass sie über längere Zeiträume entliehen werden können. Insofern mussten wir hier den amerikanischen Kollegen den Vortritt lassen. Nun kann man das Ergebnis im Whitney Museum sehen. Es ist ungemein überzeugend!