In den 90er-Jahren versuchte Stefan Strumbel noch seine Spuren zu verwischen. Nachts schlich er sich auf Bahnhöfe, die Taschen voller Farbdosen, um Züge mit seinen Graffitis zu besprayen. Irgendwann erwischte ihn die Polizei: Hausdurchsuchung, Gerichtsverhandlung, das volle Programm. Damals hätte er nie gedacht, dass seine Werke eines Tages einen festen Platz in Galerien und Museen finden würden. Heute kosten seine Kunstwerke bis zu 95.000 Euro. Karl Lagerfeld und Hubert Burda besitzen Arbeiten des Schwarzwälder Künstlers, der die „Heimat“ zu seinem Thema erkoren hat. Zu seinen bekanntesten Werken zählen Kuckucksuhren, die er durch grelle Pop Art-Elemente in einen neuen, manchmal provozierenden, Kontext stellt. „Die Straße war meine Akademie und die Dose ist auch heute noch mein Pinsel“, sagt Stefan Strumbel.
Der Autodidakt Stefan Strumbel ist in der Kunstwelt angekommen. Genauso wie die Urban Art, die in den vergangenen Jahren einen regelrechten Hype erlebte. So waren auch beim Schirn-Projekt PLAYING THE CITY Künstler vertreten, deren Laufbahn auf der Straße begann oder deren Wirkungsraum öffentliche Orte in der Stadt sind: der Graffiti-Künstler Il-Jin ATEM Choi mit seinen Baum-Graffitis und die Strick-Guerilla-Aktion von Kommando Agnes Richter zum Beispiel.
Den Street Art-Boom erklärt sich CityLeaks-Kuratorin Anne Scherer durch den wachsenden Einfluss neuer Medien: „Wie künstlerisch wertvoll Urban Art sein kann, hat sich durch schnelle Netzwerkwege, wie Internetblogs und Handyvideos, verbreitet. Darüber hinaus besitzt Street Art inzwischen einen gewissen Lifestyle. Wenn Angelina Jolie und Brad Pitt Werke des britischen Graffiti-Stars Banksy kaufen, dann sorgt das für Aufmerksamkeit“, sagt Anne Scherer. Gemeinsam mit Mitgliedern der Kulturvereine artrmx und Colorrevolution stellte sie ein engagiertes Programm zusammen, das Köln im September für drei Wochen in eine schrille, bunte Leinwand für Urban Artists verwandeln soll. Und zwar in eine Leinwand sowohl für international etablierte Künstler, als auch für vielversprechende junge Talente.
20 riesige Murals (Wandgemälde), vor allem an Häuserfassaden im Stadtteil Ehrenfeld und im Belgischen Viertel, werden zu sehen sein. Die Entstehung der Graffitis können die CityLeaks-Besucher übrigens live erleben. Denn die Künstler arbeiten vom 5. bis zum 15. September an ihren Werken. Außerdem wird es vom 16. bis zum 25. September Ausstellungen in Galerien, Showrooms und Off-Spaces geben. Drum herum finden Partys, Filmvorführungen und Workshops statt. Wer nicht allein durch die Stadt streifen will, nimmt an Führungen teil, die donnerstags (18.30 Uhr) sowie samstags und sonntags (15 und 16 Uhr) an der Festivalzentrale in der Rheinlandhalle (Heliosgelände, Venloer Str. 389) starten.
Ob mit oder ohne Führung – vormerken sollte man sich die Ausstellung in der DQE-Halle (Heliosstraße 35-37), in der Stefan Strumbel eine Bronzeskulptur, Zeichnungen sowie eine Kuckucksuhr zeigt, die er für ein Cover des New York Times Style Magazins fertigte. Außerdem sind dort, neben Werken des wichtigsten europäischen „Style Writers“ Smash137, Bilder von löchrigen Wänden zu sehen, die der Newcomer Jan Vormann auf der ganzen Welt mit Legosteinen „reparierte“. Spannend dürfte auch die Einzelschau des Pop Art-Stars Jim Avignon in der Herz-Jesu-Kirche am Zülpicher Platz werden. Auf eine Farbexplosion, können sich Besucher der Rheinlandhalle einstellen. Dort versammeln sich die bunten Arbeiten südamerikanischer Urban Artists.
“Mit dem CityLeaks Festival wollen wir zeigen, wie facettenreich Street Art und wie hoch das Niveau der Arbeiten ist“, sagt Kuratorin Anne Scherer. Wir sind gespannt!
P. S.: Wer die eine oder andere Aktion bei PLAYING THE CITY 3 in Frankfurt verpasst hat, auf dem Blog www.playingthecity.de sind alle Aktionen auf Videos und Fotostrecken dokumentiert.