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GEHEIMGESELLSCHAFTEN – WISSEN WAGEN WOLLEN SCHWEIGEN

20.06.2011

4 min Lesezeit

Die SCHIRN KUNSTHALLE führt in einer Gruppenausstellung in die geistige Welt der Geheimgesellschaften und deren Mechanismen

Geheimgesellschaften mit ihren verborgenen Riten, ihrem geheimen Wissen und exklusiven Mitgliederkreis faszinieren die Menschen seit jeher. Sie reichen von harmlosen Bruderschaften bis zu mächtigen Verbänden mit eigennützigen finanziellen und politischen Absichten. Vor allem in Krisenzeiten liefern sie verstärkt Ersatzwerte für die herrschenden politischen, gesellschaft-lichen und technologischen Ordnungen. Die Ausstellung „Geheimgesellschaften. Wissen Wagen Wollen Schweigen“, die vom 23. Juni bis 25. September 2011 in der Schirn zu sehen ist, geht der Frage nach, inwieweit Geheimgesellschaften gewisse Mechanismen zeitgenössischer Kunst widerspiegeln, und zeigt, wie ihre Riten und Symbole umgekehrt immer wieder von Künstlern thematisiert werden. In ihrer eigenen Welt rätselhafter Zeichen folgt die Ausstellung durch einen labyrinthartigen Parcours dem Geheimen und offenbart mit mehr als 100 Arbeiten – darunter Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Filme und Installationen – skurrile und verblüffende Entdeckungen. Zum mutmaßlichen Mitgliederkreis der Ausstellung zählen 52 Künstler, darunter u. a. Dan Attoe, Armin Boehm, Steven Claydon, Enrico David, Brice Dellsperger, Gretchen Faust, Julian Göthe, Uwe Henneken, Benedikt Hipp, Jenny Holzer, Rashid Johnson, Terence Koh, Donghee Koo, Elad Lassry, Gabriel Lester, Goshka Macuga, Duncan Marquiss, David Noonan, Markus Schinwald und Carl Michael von Hausswolff & Michael Esposito.

Der Begriff Geheimgesellschaften bezeichnet Gruppierungen unterschiedlichster politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer, religiöser, esoterischer oder okkultistischer Interessen und Ziele, denen ein konspirativer Hintergrund gemein ist. Von harmlosen Zusammenschlüssen wie hermetischen Jugendszenen über akademische Bruderschaften bis zu mächtigen Wirtschafts-organisationen reichen die Verbindungen, die allesamt im Obskuren operieren, um ihr geheimes Wissen zu bewahren und ihren exklusiven Mitgliederkreis zu schützen. Dies geschieht in der Regel durch strikte Geheimhaltung und den Gebrauch besonderer Zeichen, Symbole und Codes, die nur von Eingeweihten verstanden werden können und die Existenz der Vereinigung nach außen verschleiern. Geheimgesellschaften sind meist stark hierarchisch um einen verborgenen Anführer, geheimen Meister, inneren Kreis oder ein höheres Wesen aufgebaut, die von ihren unbekannten Schaltzentralen aus das Weltgeschehen lenken und über das Geheimwissen wachen. Schon immer sind Geheimbünde dem Argwohn wie der Faszination ihrer Nichtmitglieder ausgesetzt. Zu den historischen Gruppierungen, die nicht selten humanistische Ziele verfolgten, zählen die Freimaurer, die Rosenkreuzer oder die Illuminaten. Andere Zusammenschlüsse wie etwa die Mafia, der Ku-Klux-Klan oder al-Qaida brachten aufgrund ihrer zweifelhaften Beweggründe und eines anarchistischen Potenzials, soziale Regeln und Normen zu unterwandern, sich gar über geltende Gesetze hinwegzusetzen, Geheimgesellschaften insgesamt in Verruf.

Die Aufnahme in eine Geheimgesellschaft erfolgt in der Regel durch ein striktes Prüfungs-verfahren der Initiation, eine an verborgenen Orten stattfindende Feuerprobe mit teils skurrilen, teils drastischen Einweihungsritualen. Der Adept lässt dadurch seine alte Existenz hinter sich und tritt ein in die Welt der Geheimgesellschaft, wo er mit ihrer Sprache, ihrer Struktur und ihrem geheimen Wissen vertraut gemacht wird. Nach der Aufnahme in die Geheimgesellschaft und dem Übergang von einem Bewusstseinszustand in den anderen zeigen sich dem Ausgewählten nun hinter der dünnen Oberfläche des Alltags neue Verbindungen, Muster und Zusammenhänge zwischen vormals entferntesten Dingen.

Es ist ihre Mischung aus Wahn, undurchsichtiger Struktur und subversiver Energie, durch die Geheimgesellschaften bis heute Menschen faszinieren und ängstigen, Verschwörungstheorien nähren, sich aber gerade auch in wirtschaftlichen, politischen und technologischen Krisenzeiten als dunkle Alternative zu konventionellen, aufgeklärten Wertvorstellungen starken Zuspruchs erfreuen. Die Gruppenausstellung in der Schirn zeigt, wie Geheimgesellschaften mit ihren Einweihungsritualen, ihrer eigener Formensprache und ihren verschworenen Mitgliederzirkeln auch gewisse Mechanismen der zeitgenössische Kunst widerspiegeln, und wie umgekehrt Künstler auf erstaunliche wie vielseitige Weise deren Riten und Symbole aufgreifen.

Die Ausstellung wird gefördert durch den Verein der Freunde der Schirn Kunsthalle Frankfurt e. V.

Eine Ausstellung der Schirn Kunsthalle Frankfurt in Kooperation mit dem CAPC musée d‘art contemporain de Bordeaux. Dort wird die Ausstellung vom 10. November 2011 bis 26. Februar 2012 zu sehen sein.

Zur Eröffnung in der Schirn am 22. Juni 2011 um 19 Uhr wird der südafrikanische Künstler Mark Schreiber eine Soundperformance für eine eigens geschaffene Bodenarbeit in der Rotunde präsentieren.