Jetzt in der SCHIRN: Hans Haacke. Retrospektive

25.10.2024

15 min Lesezeit

Hans Haacke

Legende der Institutionskritik, Demokrat, Artist’s Artist: die SCHIRN präsentiert das wegweisende und aktuelle Werk von Hans Haacke.

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Der deutsch-ameri­ka­ni­sche Künst­ler Hans Haacke (*1936) gilt als eine der einfluss­reichs­ten Figu­ren der Gegen­warts­kunst. Die SCHIRN beleuch­tet vom 8. Novem­ber 2024 bis zum 9. Februar 2025 in einer umfas­sen­den Retro­spek­tive das Gesamt­werk des Künst­lers von 1959 bis in die Gegen­wart.

Wie kein ande­rer seiner Gene­ra­tion hat Haacke die poli­ti­sche Kunst geprägt. Sein von Direkt­heit und theo­re­ti­scher Klar­heit gekenn­zeich­ne­tes Werk ist zugleich poetisch, meta­pho­risch, ökolo­gisch und in viel­fa­cher Hinsicht äußerst zeit­ge­nös­sisch. Mehr­fach wurden seine brisan­ten künst­le­ri­schen Beiträge zu aktu­el­len Debat­ten von Ausstel­lun­gen ausge­schlos­sen. Künst­le­risch verfolgte er verschie­dene Stra­te­gien, arbei­tete schon früh in den Berei­chen Ökolo­gie und Natur­wis­sen­schaf­ten, griff u. a. Ansätze der Gruppe ZERO und der Mini­mal Art, der Konzept­kunst, der Kunst im öffent­li­chen Raum sowie der Plakat­kunst auf. Als wesent­li­cher Wegbe­rei­ter der insti­tu­ti­ons­kri­ti­schen Konzept­kunst unter­suchte er in seinen Arbei­ten Ordnun­gen oder Systeme und stellte diese verglei­chend vor. Der Künst­ler selbst beschreibt die Welt als ein Super­sys­tem mit zahl­lo­sen Unter­sys­te­men, von denen jedes mehr oder weni­ger durch die ande­ren beein­flusst wird. Syste­mi­sches Denken, Insti­tu­ti­ons­kri­tik und Demo­kra­tie sind die großen Themen, die sich durch Haackes Werk ziehen.

Die SCHIRN präsen­tiert ikoni­sche Früh­werke der 1960er-Jahre, bedeu­tende Real­zeit-Systeme, Arbei­ten, die die Mitwir­kung des Publi­kums einfor­dern, sowie raum­grei­fende (geschichts-) poli­ti­sche Instal­la­tio­nen. Mit rund 70 Gemäl­den, Foto­gra­fien, Objek­ten, Instal­la­tio­nen, Aktio­nen, Plaka­ten und einem Film verdeut­licht die Ausstel­lung, wie Haacke zu einem der inter­na­tio­nal bedeu­tends­ten und für die jüngere Künst­ler­*innenge­ne­ra­tion prägen­den poli­ti­schen Künst­ler wurde.

Hans Haacke, Porträt des Künstlers, 2015
© Foto: Justin Tallis / AFP via Getty Images

„Gift Horse“ in der Rotunde

In ihrer öffent­lich zugäng­li­chen Rotunde zeigt die SCHIRN Hans Haackes ikoni­sches „Gift Horse“ (2014), das der Künst­ler im Rahmen der „Fourth Plinth Commis­sion“, einer der welt­weit renom­mier­tes­ten Aufträge für Kunst im öffent­li­chen Raum, für den Trafal­gar Square in London entwi­ckelte. Als eine Art „Gegen-Denk­mal“ zur impe­ria­len Reprä­sen­ta­tion von Macht durch die Statuen an diesem Platz zeigt Haackes 4,5 Meter hohe Bron­ze­skulp­tur ein Pfer­deske­lett, das sich an einer Studie aus George Stubbs’ „The Anatomy of the Horse“ orien­tiert. Auf einer Schleife am vorde­ren Ober­schen­kel­kno­chen des Skeletts wird orts­spe­zi­fisch über eine elek­tro­ni­sche Anzeige live der Ticker der Frank­fur­ter Börse über­tra­gen. Haackes „geschenk­ter Gaul“ kann als Kommen­tar auf eine seit Jahr­hun­der­ten von Klas­sen­ge­gen­sät­zen bestimmte, dem Diktat der Märkte unter­wor­fene Gesell­schaft gele­sen werden.

Hans Haacke, Gift Horse, 2014, Bronze mit schwarzer Patina und Wachsfinish, Befestigungen und Halterungen aus Edelstahl, flexible 5-mm-LED-Anzeige mit Edelstahlarmatur und Polycarbonat-Front, 464,8 x 429,3 x 165,1 cm
Courtesy der Künstler und Paula Cooper Gallery, New York, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Hans Haacke

Werke zwischen Physik, Biologie und Ökologie

Der Rund­gang der Ausstel­lung beginnt mit wich­ti­gen physi­ka­li­schen, biolo­gi­schen und ökolo­gi­schen Arbei­ten ab den 1960er-Jahren. Haackes Früh­werk war geprägt von seiner Freund­schaft mit Otto Piene und dem Kontakt zur ZERO-Gruppe in Düssel­dorf. Er nahm in dieser Phase an zahl­rei­chen wegwei­sen­den Ausstel­lun­gen zu Kine­tik, Op-Art, Konzept­kunst oder Land Art teil. Obwohl Haackes Werk mit vielen inno­va­ti­ven Bewe­gun­gen der 1960er-Jahre Berüh­rungs­punkte hatte, fühlte er sich keiner davon wirk­lich zuge­hö­rig. Er war nicht an bestimm­ten Mate­ria­lien und Stilen, sondern an grund­sätz­li­chen Zusam­men­hän­gen zwischen physi­ka­li­schen, biolo­gi­schen und gesell­schaft­li­chen Syste­men inter­es­siert. Zu den frühes­ten in der SCHIRN gezeig­ten Arbei­ten gehört das Gemälde „Ce n’est pas la voie lactée“ (Das ist nicht die Milch­straße,1960) sowie Haackes ab 1961 entstan­dene Reli­efs mit Spie­gel­fo­lie. Letz­tere kenn­zeich­nete bereits die Inter­ak­tion mit den Betrach­ten­den, die in der Folge immer wich­ti­ger wurde. Auch Haackes erste foto­gra­fi­sche Arbeit „Foto­no­ti­zen, docu­menta 2“ (1959) doku­men­tierte das Verhal­ten von Besu­cher*innen im Ausstel­lungs­raum. Andere, zum Teil parti­zi­pa­tiv ange­legte Arbei­ten führen physi­ka­li­sche Prozesse vor, etwa „Säule mit zwei unver­misch­ba­ren Flüs­sig­kei­ten“ (1965) oder „Große Wasser­waage“ (1964–1965)

Hans Haacke, Fotonotizen, documenta 2, 1959, 26 Schwarz-Weiß-Fotografien (Auswahl), je 16,8 × 25,1 cm, Auflage 2/3
Courtesy der Künstler und Paula Cooper Gallery, New York, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Hans Haacke

Vom Objekt zum Prozess

Zu sehen ist zudem eine Reihe von Werken, in denen sich Haacke mit den verschie­de­nen Aggre­gat­zu­stän­den von Wasser beschäf­tigte. Ein „signa­ture work“ des Künst­lers ist der „Large Conden­sa­tion Cube“ (1963–1967), ein Plexi­glas-Kubus, in den eine kleine Menge Wasser einge­schlos­sen ist. Haacke nannte diese Kuben auch „Wetter­käs­ten“, später verglich er das meteo­ro­lo­gi­sche Klima auch mit dem poli­ti­schen „Klima“. Diese Verknüp­fung von verschie­de­nen Syste­men ist charak­te­ris­tisch für seine Arbeits­weise. Auch zeich­net sich in seiner künst­le­ri­schen Praxis hier der Über­gang vom Objekt (oder der Skulp­tur) zum Prozess ab. Weitere „Versuchs­an­ord­nun­gen“ im musea­len Innen­raum führen mittels Verduns­tung, Konden­sa­tion, Kris­tal­li­sa­tion, Verflüs­si­gung den Wasser­kreis­lauf („Circu­la­tion“, 1969) vor, andere Luft­be­we­gun­gen („Blaues Segel“, 1964–1965) oder Wachs­tums­pro­zesse („Grass Grows“ / „Gras wächst“, 1969). Ab 1967 arbei­tete Haacke auch im Außen­raum, etwa mit „Sky Line“ (1967), sowie mit von ihm gesteu­er­ten Prozes­sen mit Wasser­dampf oder schmel­zen­dem Schnee, und doku­men­tierte diese Arbei­ten selbst foto­gra­fisch.

Hans Haacke, Large Condensation Cube (Großer Kondensationswürfel), 1963-1967, Acrylglas, destilliertes Wasser, 76,2 × 76,2 × 76,2 cm, Sammlung MACBA. MACBA Stiftung, Schenkung des Nationalkomitees und des Kuratoriums des Whitney Museum of American Art
© Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Hans Haacke

Ökologische Kunst

Immer wieder widmete er sich syste­mi­schen und ökolo­gi­schen Frage­stel­lun­gen. Als eines der ersten ökolo­gi­schen Kunst­werke über­haupt gilt seine Foto­gra­fie „Monu­ment to Beach Pollu­tion“ (1970). Mit „Krefel­der Abwas­ser-Tripty­chon“ (1972) und „Rhein­was­ser­auf­be­rei­tungs­an­lage“ (1972) machte Haacke direkt und ankla­gend auf die Verschmut­zung des Rheins aufmerk­sam. Charak­te­ris­tisch sind auch seine „Real­zeit-Systeme“ – in seiner Aktion „Chickens Hatching“ (Küken ausschlüp­fend, 1969) ließ er in Real­zeit Küken im Ausstel­lungs­raum ausbrü­ten und führte Geburts- und Wachs­tums­pro­zesse in einer mini­ma­lis­ti­schen Kasten­struk­tur vor. „Ant Co-op“ (Amei­sen­ko­ope­ra­tiv, 1969) doku­men­tiert die Regel­mä­ßig­keit der von Amei­sen gegra­be­nen Gänge und somit ein biolo­gi­sches und sozia­les System. Der Künst­ler- und Doku­men­tar­film „Hans Haacke. Selbst­por­trät eines deut­schen Künst­lers in New York“ (1969) gibt Einbli­cke in seine Arbeits­weise und zeigt zudem viele frühe prozes­suale Arbei­ten in Aktion.

Hans Haacke, Denkmal der Strandverschmutzung, 1970, Platten aus Baumaterial, Plastikbehälter und andere Abfälle, die von einem 200 × 50 cm großen Strandabschnitt gesammelt und zu einem Haufen aufgeschichtet wurden, ausgeführt in Carboneras, Spanien, C-Print auf Aluminium, 39 x 60 cm
Courtesy der Künstler und Paula Cooper Gallery, New York, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Hans Haacke

Soziologisch-politische Arbeiten

Ein Schwer­punkt der Ausstel­lung ist den sozio­lo­gisch-poli­ti­schen Arbei­ten gewid­met, die meist zu seinen charak­te­ris­ti­schen Haupt­wer­ken gezählt werden. Ab 1969 begann Haacke damit, gesell­schaft­li­che Systeme zu analy­sie­ren und sicht­bar zu machen, um im Kunst­kon­text gesell­schafts­po­li­ti­sche Debat­ten anzu­sto­ßen. Bei dieser Form der Konzept­kunst geht es grund­sätz­lich um eine Analyse und Bewusst­ma­chung der gesell­schaft­li­chen, ökono­mi­schen und insti­tu­tio­nel­len Rahmen­be­din­gun­gen, unter denen Kunst produ­ziert, ausge­stellt, gehan­delt und rezi­piert wird. Zu einem kultur­po­li­ti­schen Skan­dal und künst­le­ri­schen Protes­ten gegen Zensur führte 1971 „Shapolsky et al. Manhat­tan-Immo­bi­li­en­be­sitz – Ein gesell­schaft­li­ches Real­zeit­sys­tem, Stand 1.5.1971“. Anhand von Foto­gra­fien, tabel­la­ri­schen Über­sich­ten und Plänen von 142 Grund­stü­cken in den Stadt­vier­teln Lower East Side und Harlem in Manhat­tan legte Haacke hier die dubiose Immo­bi­li­en­kon­zen­tra­tion und -praxis der Shapolsky-Immo­bi­li­en­gruppe offen. Der Direk­tor des Guggen­heim Museum Thomas Messer sagte Haackes Einzel­aus­stel­lung aufgrund dieser Arbeit kurz vor Eröff­nung ab.

Hans Haacke, Shapolsky et al. Manhattan-Immobilienbesitz – Ein gesellschaftliches Realzeitsystem, Stand 1.5.1971, Schwarz-Weiß-Fotografien, maschinengeschriebe Karten, jedes Paar 20,5 × 31 cm, Edition 2/2, Sammlung MACBA. MACBA Stiftung
Courtesy der Künstler und Paula Cooper Gallery, New York, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Hans Haacke

Institutionskritik

Zu einer weite­ren insti­tu­tio­nel­len Absage führte das „Manet-PROJEKT ’74“ (1974), das Haacke für die Jubi­lä­ums­aus­stel­lung des Wall­raf-Rich­artz-Muse­ums in Köln einreichte. Er schlug vor, das „Spar­gel-Stil­le­ben“ (1880) von Édouard Manet aus der Samm­lung des Muse­ums zusam­men mit den Ergeb­nis­sen einer Prove­ni­en­z­re­cher­che zu diesem Werk auszu­stel­len. Die Infor­ma­ti­ons­ta­feln beinhal­ten detail­lierte, sowohl persön­lich-biogra­fi­sche als auch beruf­lich-wirt­schaft­li­che Anga­ben zu den Vorbe­sit­zern sowie deren Verwick­lung in den Natio­nal­so­zia­lis­mus. Die SCHIRN zeigt zwei weitere Arbei­ten, die sich kritisch mit den Wech­sel­be­zie­hun­gen von Kunst­mä­ze­na­ten­tum und ökono­mi­scher Akti­vi­tät ausein­an­der­set­zen: „Der Prali­nen­meis­ter“ (1981), eine Arbeit zu Verbin­dun­gen zwischen kultur- und steu­er­po­li­ti­schen Entschei­dun­gen des einfluss­rei­chen Kölner Samm­lers und Fabri­kan­ten Peter Ludwig, und „Buhr­les­que“ (1985) zum Schwei­zer Kunst­samm­ler, Mäzen und Waffen­pro­du­zen­ten Dr. Diet­rich Bührle.

Hans Haacke, Der Pralinenmeister, Bild: Kunstbesitz in Dauerleihgaben ist vermögenssteuerfrei, 1981, Collage aus Mehrfarben-Siebdruck, eingeklebte Fotografien, Pralinen- und Schokoladentafelverpackungen, 100 x 70 cm, Inv.-Nr. ML/G 2018/040/01-14
© Rheinisches Bildarchiv Köln / Museum Ludwig Köln, Grafische Sammlung / Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Sabrina Walz

Partizipation

Die Ausstel­lung präsen­tiert auch parti­zi­pa­tive Arbei­ten, wie die Instal­la­tion „MoMA Poll“ (1970), mit der Haacke im New Yorker Museum of Modern Art die Besu­cher*innen nach ihrer poli­ti­schen Über­zeu­gung befragte. Eine aktu­elle Publi­kums­be­fra­gung wird auch während der Ausstel­lung in der SCHIRN durch­ge­führt. In „Photo­elek­tri­sches, vom Betrach­ter kontrol­lier­tes Koor­di­na­ten­sys­tem“ (1968) bringt die Bewe­gung der Besu­cher*innen im Raum über foto­elek­tri­sche Senso­ren und Infra­rot-Projek­to­ren 28 Glüh­bir­nen zum Leuch­ten.

Demokratie und Meinungsbildung

In zahl­rei­chen Werken enga­giert Haacke sich für demo­kra­ti­sche Prozesse, Meinungs­bil­dung sowie eine anti­fa­schis­ti­sche und plura­lis­ti­sche Haltung. Einige Arbei­ten beschäf­ti­gen sich mit media­ler Reprä­sen­ta­tion: „News“ (1969) über­trägt den Newsti­cker einer Nach­rich­ten­agen­tur in den Ausstel­lungs­raum, in der SCHIRN werden Meldun­gen ausge­wähl­ter Frank­fur­ter Medien wie der Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung, der Frank­fur­ter Rund­schau und von Hessen­schau.de über­mit­telt. „Photo Oppor­tu­nity (After the Storm / Walker Evans)“ (1992) befasst sich verglei­chend mit Bild­be­richt­er­stat­tung. Die SCHIRN zeigt auch Haackes macht­kri­ti­sche Arbeit für die docu­menta 7: Die Instal­la­tion „Ölge­mälde, Hommage à Marcel Broodtha­ers“ (1982) besteht aus einem von ihm selbst ange­fer­tig­ten Porträt des dama­li­gen US-Präsi­den­ten Ronald Reagan, das gegen­über einer groß­for­ma­ti­gen Foto­gra­fie einer Groß­de­mons­tra­tion der Gegner*innen von dessen Poli­tik und der Statio­nie­rung von Atom­waf­fen gezeigt wird.

Hans Haacke, News (Nachrichten), 1969, Nadeldrucker, Papierrollen, Informationsservice von Nachrichtenagenturen, Maße variabel, Edition 2/3
Courtesy der Künstler und Paula Cooper Gallery, New York, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Ellen Wilson

Die deutsche Vergangenheit und Gegenwart

Auch Haackes lang­jäh­rige Ausein­an­der­set­zung mit Geschichts­po­li­ti­ken und dem Nach­wir­ken des Natio­nal­so­zia­lis­mus sind Teil der Ausstel­lung. 1993 bespielte er den deut­schen Pavil­lon auf der Bien­nale in Vene­dig, wofür er zusam­men mit Nam June Paik mit dem Golde­nen Löwen ausge­zeich­net wurde. Sein aufse­hen­er­re­gen­der Beitrag „GERMA­NIA“ zeigte im Inne­ren des 1939 während des Natio­nal­so­zia­lis­mus umge­stal­te­ten Raums ein Trüm­mer­feld der Marmor-Boden­plat­ten. Die große Arbeit „DER BEVÖL­KE­RUNG“ (2000) entwi­ckelte Haacke als Dauer­in­stal­la­tion für einen der beiden Innen­höfe des Reichs­tags­ge­bäu­des. Die Entschei­dung für das Kunst­werk wurde von inten­si­ven öffent­li­chen Debat­ten im Bundes­tag beglei­tet. Die auf dem Boden liegen­den, leuch­ten­den Buch­sta­ben bezie­hen sich dabei auf die Inschrift „DEM DEUT­SCHEN VOLKE“ im Giebel des Gebäu­des. Die Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten waren einge­la­den, jeweils 50 Kilo­gramm Erde aus ihrem Wahl­kreis beizu­steu­ern; aus den in die Erde einge­bet­te­ten Samen wuchs eine lebende Misch­ve­ge­ta­tion, die heute den Schrift­zug rahmt. Haackes für die docu­menta 14 (2017) in Kassel und Athen entstan­de­nes und seit­dem viel­fach gezeig­tes Plakat­pro­jekt „Wir (Alle) sind das Volk“ ist als Reak­tion auf die Migra­ti­ons­feind­lich­keit der letz­ten Deka­den zu lesen. Die text­ba­sierte Plakat­ar­beit wieder­holt den namens­ge­ben­den Slogan in den zwölf verschie­de­nen Spra­chen der großen Migrant*innen­grup­pen im jewei­li­gen Land.

Hans Haacke, GERMANIA, Deutscher Pavillon, Venedig Biennale, 1993
Courtesy der Künstler und Paula Cooper Gallery, New York, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Hans Haacke
Hans Haacke, DER BEVÖLKERUNG, 2000, Blick auf die Installation im nördlichen Lichthof des Reichstagsgebäudes in Berlin, 2008, C-Print auf Aluminium, 232 × 178 cm
Courtesy der Künstler und Sfeir-Semler Gallery, Beirut / Hamburg, © Hans Haacke / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Stefan Müller

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