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Mit Marie-Theres Deutsch

02.01.2025

19 min Lesezeit

Marie-Theres Deutsch

2024 konnte man in der Fondation Louis Vuitton ein ehemaliges Frankfurter Gebäude wiederentdecken: den ursprünglichen Portikus, 1987 errichtet, nach Plänen von Marie-Theres Deutsch. Die Frankfurter Architektin hat nur zufällig von einer Künstlerfreundin davon erfahren, aber sofort waren die Erinnerungen wieder sehr vital. Anlässlich des 100. Geburtstags des US-Künstlers Ellsworth Kelly wurde dessen berühmte Arbeit „Yellow Curve“ in Paris ausgestellt, einschließlich eines milimetergenauen Nachbaus des damaligen Innenraums, in dem der US-Künstler die Arbeit 1990 in Frankfurt präsentierte.

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Marie-Theres Deutsch wurde 1955 in Trier gebo­ren. Eine Fami­lie mit fünf Frauen und einem Vater, der Archi­tekt war – „mit sechs Jahren wusste sie: ich werde Archi­tekt! Fertig.“ Das gene­ri­sche Masku­lin nutzt sie selbst­ver­ständ­lich für die eigene Profes­sion. Nach einem Fach­hoch­schul­stu­dium ging sie an die Städel­schule, um Archi­tek­tur noch einmal aus einer ganz ande­ren Perspek­tive zu lernen. Schon wenig später hat Deutsch den ursprüng­li­chen Porti­kus, die erste Ausstel­lungs­halle der Städel­schule, entwor­fen, es folg­ten Projekte im gesam­ten Stadt­raum und darüber hinaus. Auch die Gast­woh­nung der Städel­schule, die Revi­ta­li­sie­rung des Main­ufers und ihr eige­nes Wohn- und Arbeits­haus hat sie entwor­fen. Ihre Tätig­keit besteht zu 80% aus Sanie­run­gen. Da werde viel Hand­werk abge­ru­fen, oft eine Kosten­frage. Wo immer möglich, hat sie versucht, vorhan­dene Ressour­cen zu nutzen. „Ein Projekt im Westend wurde vom Kohle­kel­ler in ein wunder­ba­res Bistro verwan­delt. Mit ziem­li­chem Aufwand, das recht­fer­tigte die Lage. Grund­sätz­lich sollte man in einer Stadt erhal­ten, was ökono­misch und sinn­voll zu nutzen ist.“

Ellsworth Kelly, „Yellow Curve“ im Portikus, 1990

Frau Deutsch, wir sitzen hier in Ihrem Haus, das zugleich Archi­tek­tur­büro, Wohn­haus für Sie und Ihren Mann, ein Künst­ler­paar sowie Gast­woh­nung für das Schau­spiel Frank­furt ist. Auf klei­nem Grund­riss, gerade acht Meter breit, 143 qm groß. Eine Lücke, die als nicht bebau­bar galt.

Marie-Theres Deutsch

Ja, seit 1944 ein Trüm­mer­grund­stück, ein Bomben­scha­den. Nebenan waren vier Knei­pen, die über dieses Grund­stück gefluch­tet wurden – also eine Brand­schutz­frage. Weil das Grund­stück nur acht Meter breit ist, hat hier kein Inves­tor ange­bis­sen. Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht und den Flucht­weg ins Haus gelegt. Die Knei­pen sind jetzt geschlos­sen, aber bis vor acht Jahren konnte man von unse­rem Höfchen in unse­ren Flur zur Straße laufen. Das wurde als Baulast einge­tra­gen.

Und dann konn­ten Knei­pen­gäste im Ernst­fall über Ihr Privat­haus nach drau­ßen flie­hen?

Marie-Theres DEutsch

Ja! Da gibt es Panik­tür­drü­cker, über die man im Notfall von unse­rem Hof in den Haus­flur kommt. Ganz normal. Kein Problem. Ich mag lange Flure (lacht).

Die Lage hier ist auch spezi­ell: Mittel­al­ter­lich, Party­meile, Sauf­tou­ris­mus. 2013 haben Sie einmal berich­tet, es seien schon „drei Gara­gen­tore einge­tre­ten worden“. Warum Alt-Sach­sen­hau­sen?

Marie-Theres DEutsch

Ich bin früher nie hier­her gegan­gen. Beim Stadt­pla­nungs­amt kam der Hinweis an meinen Mann und mich, uns hier doch mal umzu­schauen. Man suchte Archi­tek­ten, die in alter Umge­bung modern bauen würden. Und um die Frage vorweg­zu­neh­men: Ich würde es wieder genauso ange­hen. Hier ist´s nur am Frei­tag- und Sams­tag­abend laut. Wir schla­fen nach hinten und haben gute Fens­ter, so gibt es über­haupt kein Problem. Mit tech­ni­schen Mitteln kann man viel gegen Lärm machen.

Was aller­dings auffällt: es ist schmut­zig, es wird immer schmut­zi­ger. Inzwi­schen liegen hier, wie im Bahn­hofs­vier­tel, morgens über­all Lach­gas­fla­schen herum. Manch­mal rede ich mit den Jugend­li­chen – und werde durch­aus einge­la­den, selbst zu probie­ren. Was ich groß­ar­tig finde: Man kennt sich hier. Ich kam aus dem West­ha­fen, mein Mann aus dem Ostha­fen, jeder hatte eine große Wohnung. Aber wir lebten anonym in Mehr­fa­mi­li­en­haus­an­la­gen. In Alt-Sach­sen­hau­sen ist’s wie im Dorf, mit Menschen aus allen Ländern. Und das schräg gegen­über vom Römer.

Marie-Theres Deutsch
Porträtaufnahme vom 16.12.2024

Sie haben früh Ihr eige­nes Büro gegrün­det, 2025 feiern Sie 40-jähri­ges Jubi­läum. Warum eigent­lich Archi­tek­tur?

Marie-Theres DEutsch

Ich habe die Geschichte schon öfter erzählt, man muss sich die Situa­tion so vorstel­len: Vier Töch­ter kämp­fen um die Aufmerk­sam­keit des Vaters. Ich baute Lego­häu­ser und zeich­nete Grund­risse und hatte dadurch den Vater auch schon mal eine Stunde für mich. Er war auch Archi­tekt und so bin ich in die Mate­rie rein­ge­rutscht. Mit sechs Jahren wusste ich: Ich werde Archi­tekt! Fertig.

Nach der Fach­hoch­schule haben Sie dann noch ein Archi­tek­tur­stu­dium an der Städel­schule ange­hängt. War das eine Ergän­zung oder ein komplett ande­res Denken?

Marie-Theres DEutsch

Mir war von Anfang an klar, dass ich mein erstes, tech­ni­sches Studium sehr schnell durch­ziehe. An Akade­mien war dies Voraus­set­zung zur Aufnahme. Ich sah mich in der Welt um und blieb in Frank­furt hängen. An der Städel­schule gab es wunder­bare Menschen, und das Studium war zunächst inter­dis­zi­pli­när. Günter Bock und Peter Cook leite­ten die Archi­tek­tur­klasse, Peter Kubelka den expe­ri­men­tel­len Film und Kochen als Kunst, Hermann Nitsch war Gast­pro­fes­sor. Die gesamte Situa­tion hat mich einfach einge­fan­gen.

An der Fach­hoch­schule erlernte man Ende der 1970er-Jahre vorwie­gend das tech­ni­sche Know­how, aus dem ich selbst­ver­ständ­lich meinen Nutzen ziehen konnte. Als junger Mensch wurde man jedoch auch ein Stück weit verblen­det – vieles kreiste um die Frage: „Wie kann ich dieses Mate­rial nutzen?“ Dabei geht es in der Archi­tek­tur auch darum, die Wurzeln des Ortes zu finden. Heraus­kit­zeln, was die Geschichte ist und mit diesem Wissen zu ’spie­len´. Was enorm wich­tig ist: Die Stil­mit­tel der Vergan­gen­heit dürfen nicht nur kopiert werden. Es gilt, die Beson­der­heit des Ortes heraus­zu­ar­bei­ten und sie nach heute zu trans­for­mie­ren. Fragen Sie mich also bitte nicht nach der Neuen Altstadt (lacht). An dem Beispiel kann man sehen, wie weit sich die Quali­tät von Stadt­pla­nung und Archi­tek­tur unter­schei­den kann. Den modi­fi­zier­ten histo­ri­schen Stadt­grund­riss halte ich für gelun­gen, die vielen Besu­cher bele­gen die starke Anzie­hungs­kraft des Ortes. Die einzel­nen Gebäude sind schlechte Kopien ihrer Vorgän­ger, gerade zwei Häuser haben meiner Meinung nach die gefor­derte Trans­for­ma­tion geschafft.

An der Kunst­aka­de­mie lernte ich durch Lehrer wie Günter Bock und Peter Cook, Archi­tek­tur als eine Antwort im Hier und Heute zu denken. Dazu wurden wir inten­siv erzo­gen. Als junge Archi­tek­tin profi­tierte ich von beiden Studi­en­gän­gen – an der Städel­schule durfte ich lernen, aus der Enge der tech­ni­schen Heran­ge­hens­weise den Entwurfs­pro­zess befrei­ter ange­hen zu können.

Mainufer, 2010
Portikus

Erzäh­len Sie uns von einem Ihrer bekann­tes­ten Projekte, das heute nicht mehr im Stadt­bild vorhan­den ist: Die ursprüng­li­chen Ausstel­lungs­halle Porti­kus. 1987 am Ort des heuti­gen Lite­ra­tur­hau­ses errich­tet. Ein „flie­gen­der“ Bau, der ursprüng­lich nur für zwei Jahre geneh­migt worden war und dann immer wieder verlän­gert wurde. Schließ­lich hatte er 17 Jahre Bestand. Sie waren damals noch sehr jung, gerade am Anfang ihrer Karriere. Wie kam es dazu?

Marie-Theres DEutsch

Die Haltung Kasper Königs spielte eine große Rolle. Er dachte anders als der Main­stream. Von Thomas Bayrle wuss­ten wir, dass Kasper Inter­esse daran hatte, nach Frank­furt zu kommen. Unter der Bedin­gung, dass er einen Ort seiner Wahl bespie­len kann. Wo hätte dies sein können? Wir fuhren damals zu dritt über die Brücke am Main, wo heute das Lite­ra­tur­haus steht. Manfred Stumpf, Thomas Bayrle und ich. Ein Künst­ler drehte dort gerade eine Film­szene. Ein riesi­ger Halo­gen­strah­ler strahlte die dama­lige Ruine an. Einer von uns schrie: „Das ist es!“ Dieser Augen­blick hat uns den Ort neu wahr­neh­men lassen.

Thomas erzählte Kasper von unse­rer Idee. Und dass es schwie­rig sei. Die Ruine, ein Mahn­mal für die Solda­ten des Zwei­ten Welt­krie­ges, stand im Anla­gen­ring, einem Grün­ring anstelle des abge­tra­ge­nen Walls. Das Gesetz gibt bis heute vor, darin nicht bauen zu dürfen. Kasper biss sofort an. Ein wunder­ba­rer Ort, ganz nah an der Innen­stadt, dennoch im Off. Obdach­lose hiel­ten sich dort häufig auf. Kasper und Thomas trafen sich in Frank­furt zum Essen. Dieses Restau­rant besuchte ich zufäl­lig an diesem Tag. Thomas sah mich und rief: „Da kommt sie ja! Hier, Kasper, Deine Archi­tek­tin!“ So kamen wir zusam­men. Die beiden Momente waren entschei­dend. So wuchs die Idee, die vom späte­ren Namen Porti­kus noch ganz losge­löst war. Das Muse­ums­ufer war gerade fertig gewor­den, Orte mit hohen Schwel­len. Für Kasper war genau das Gegen­teil wich­tig: ein unkom­pli­zier­ter, leben­di­ger Ort sollte entste­hen, der Dünkel des Etablier­ten sollte ausge­schlos­sen sein.

Einige Jahre danach entwi­ckelte ich mit der glei­chen Haltung viele kleine Orte am inner­städ­ti­schen Main­ufer. Dies führt bis heute zum Erfolg: das Main­ufer mit seinen klei­nen Bars ist sehr beliebt – nicht nur die Frank­fur­ter lieben die nied­rig­schwel­li­gen, entspann­ten Orte unmit­tel­bar am Wasser.

Wie wurde Ihr Vorha­ben außer­halb der Kunst­blase wahr­ge­nom­men?

Marie-Theres DEutsch

Selbst inner­halb der Städel­schule war meine Planung des Porti­kus umstrit­ten. Meine vorma­li­gen Lehrer warfen mir Respekt­lo­sig­keit vor. „…Sie klatscht die Kunst­kiste direkt an die Ruinen­wand…“ – wie einige sich ausdrück­ten. „…es ist das Mahn­mal für die gefal­le­nen Solda­ten!“, sagten sie. Ich wurde als `Rotz­nase´ beschimpft. Im Hoch­bau­amt musste ich mir anhö­ren: „Die ist viel zu jung und uner­fah­ren, die kann das gar nicht. Das machen wir selbst!“ Ich wurde sehr wütend. Es folgte ein inten­si­ves Arbeits­wo­chen­ende mit Kolle­gen und Kommi­li­to­nen mit der Ansage: „…wir haben ein Wochen­ende Zeit und planen den Entwurf im M 1:50 incl. Details komplett durch…“. Gesagt, getan. Montags­früh stand ich mit der gefüll­ten Plan­rolle vorm Eingang des Hoch­bau­am­tes und fing die Herren ab. Gnädig nahm man mich mit in die Sitzung. Ich präsen­tierte den durch­ge­plan­ten Entwurf. Mein Enga­ge­ment gekop­pelt mit Frech­heit war mein Glück. Auch mein tech­ni­sches Wissen aus der Fach­hoch­schule kam mir wieder zugute.

Hilmar Hoff­mann als Kultur­de­zer­nent und Hans-Erhard Haver­kampf als Baude­zer­nent unter­stütz­ten das Projekt. Klar war, dass die Stadt Frank­furt sich sehr um Kasper König bemühte. Der Baulei­ter der städ­ti­schen FAG, die die örtli­che Baulei­tung über­nah­men, mochte mich. Ich trat sehr männ­lich auf – die Zigar­ren, die mir ange­bo­ten wurden, die habe ich selbst­ver­ständ­lich mitge­raucht. Es war ein ziem­li­cher Kampf: Wie werde ich als junge Archi­tek­tin aner­kannt? Wie stehe ich meinen Mann? Das muss man schon so sagen. Aber es ging.

Paradiesgasse 13
Foto: Christoph Theurer
Alte Oper, Musikpavillon

Vor eini­gen Jahren gab es die Ausstel­lung „Frau Archi­tekt“ im Deut­schen Archi­tek­tur­mu­seum, die erst­ma­lig so etwas wie eine Bestands­auf­nahme der Arbeit von Archi­tek­tin­nen in einem ursprüng­lich männer­do­mi­nier­ten Betrieb zeigte. Sie haben in einem Film zur Ausstel­lung von Ihren Erfah­run­gen erzählt.

Marie-Theres DEutsch

Ja, ich erzählte, wie schwie­rig das damals war. Während meines Studi­ums an der Städel­schule wurde meine Toch­ter gebo­ren. Mein Lehrer Peter Cook sagte: „An unse­rer Akade­mie gibt es keine Kinder!“ Das beein­druckte mich nicht. Durch den frühen Tod unse­res Vaters entstamme ich einem Fünf-Frauen-Haus – und das aus dem schwarz­ka­tho­li­schen, bigott-biede­ren Trier. Wir lern­ten damals schnell, was wir als junge Frauen zu tun hatten: ein wenig Frech­heit gekop­pelt mit Schnel­lig­keit und Provo­ka­tion. Um nicht unter die Räder zu kommen.

Eine Frage, die man einem Mann auch nicht stel­len würde: War es deshalb ganz klar für Sie, als Mutter und Archi­tek­tin selb­stän­dig zu arbei­ten?

Marie-Theres DEutsch

Naja – in den 1980er-Jahren sagten sich viele Frauen in meinem Umfeld: das bekomme ich allein hin! Warum ein Mann, der mir stän­dig rein­re­det?

Wir Mütter halfen uns gegen­sei­tig aus, immer im Wech­sel. Wohnung und Büro waren häufig nur durch eine Tür getrennt. Im Büro saßen im Mittel zehn Mitar­bei­ter, von denen immer jemand in der Wohnung für die Mann­schaft kochte. Oder mit meiner Toch­ter spielte. Nach eini­gen Jahren wurde mir das regel­mä­ßig zu viel. Dann trennte ich wieder Büro von der Wohnung mit der Folge, dass das Kind zuhause zu lange allein war.

Im Arbeits­all­tag ist der erste Schritt die Bedarfs­pla­nung, bevor das Entwer­fen statt­fin­det. Wett­be­werbe gehö­ren dazu. Gibt es Gebäude, die Sie sehr gern gebaut hätten, die aber nie reali­siert wurden?

Marie-Theres DEutsch

Oh, ja! Wir hatten die Einla­dung eines Wett­be­wer­bes, einen mobi­len Opern­pa­vil­lon für 70 Musi­ker vor der Alten Oper zu entwi­ckeln. Den Wett­be­werb gewan­nen wir in zwei­ter Runde und wurden mit den Ausfüh­rungs­pla­nun­gen beauf­tragt, gemein­sam mit den Inge­nieu­ren Bollin­ger+Groh­mann – ein genia­ler Entwurf. Die ARCH+ veröf­fent­lichte das Projekt, es gab große Reso­nanz. Eine Woche vor Baube­ginn wurde das Projekt plötz­lich gestoppt. Ich erhielt den Anruf einer Sekre­tä­rin aus dem Hoch­bau­amt, die uns mitteilte, sämt­li­che Arbei­ten ab sofort einzu­stel­len. Das war bitter. Wir hatten zwei Jahre inten­siv daran gear­bei­tet und fielen in ein tiefes Loch. Bis heute weiß ich nicht, aus welchem Grund die Ausfüh­run­gen gestoppt worden sind.

Die Idee der Wasser­ta­xen-Linie wurde auch nicht umge­setzt. Zur Fußball-WM 2006 soll­ten sechs Wasser­ta­xen, die gestal­te­risch auf die Skyline reagier­ten, entlang der Innen­stadt vom West­ha­fen bis Ostha­fen kreu­zen. Der leider vor ein paar Tagen verstor­bene Fried­rich von Metz­ler half mir damals sehr, Anlie­ger am Main als Spon­so­ren für die Taxen anzu­wer­ben. Die Spon­so­ren hätten jeweils ein Wasser­taxi und die ersten drei Jahre Betriebs­kos­ten finan­zie­ren müssen. Die Fami­lie Nauhei­mer wurde als Betrei­ber der Taxen­li­nie gewon­nen, die Kanz­lei FPS beglei­tete die Vertrags­fin­dung unent­gelt­lich.

Die groß­an­ge­kün­digte multi­me­diale Licht­show SkyA­rena während der WM warb sukzes­sive die bereits gefun­de­nen Spon­so­ren mit enor­men Verspre­chun­gen ab. Das Main­lust-Wasser­taxi hatte ich eigen­fi­nan­ziert – über zwei Jahre unbe­zahlte Präsen­ta­tio­nen, Bespre­chun­gen und plane­ri­schen Anpas­sun­gen führ­ten mich an den finan­zi­el­len Rand. Petra Roth, damals Ober­bür­ger­meis­te­rin, versprach uns mit allem – außer finan­zi­el­ler Mittel – zu unter­stüt­zen. Nach diesem Schrei­ben gab ich in der FAZ das Ende des Projek­tes bekannt. Bis heute werde ich immer wieder auf das Projekt ange­spro­chen. Die Idee ist immer noch gut, auch wenn ein ande­res finan­zi­el­les Konzept entwi­ckelt werden müsste.

Mainlust Wassertaxi
Privatmuseum im Osthafen für Ulrich Rückriem

Ist Frank­furt eine Stadt, die ihre Poten­tiale – und zwar gerade die krea­ti­ven – nicht ausschöpft?

Marie-Theres DEutsch

Heute ist meine Über­zeu­gung: Frank­furt ist eine Stadt der Wirt­schaft und der Banken. Wir hatten eine kurze Blase der Kultur mit Kasper König. Gale­rien wurden subven­tio­niert, damit die Gale­ris­ten- und Kunst­szene in die Stadt gelockt wurde. Es war eine kurze Zeit – gerade mal 15 Jahre. Mäzene wie Sylvia und Fried­rich von Metz­ler sind hier wich­tig zu nennen, sie unter­stüt­zen auch unge­wöhn­li­che Ideen. Es braucht Persön­lich­kei­ten als Träger kultu­rel­ler Ideen – damit span­nende Projekte wie aktu­ell der Frank­furt Proto­type nicht nach weni­gen Mona­ten im Sande verlau­fen. Ich musste mir wegen des Porti­kus damals häufi­ger anhö­ren: „Die Blech­kiste ist doch keine Archi­tek­tur!“ Der dama­lige Stadt­pla­nungs­de­zer­nent igno­rierte mich als junge Frau immer wieder. Die Kunst­kiste war der Frank­fur­ter Gesell­schaft zu frech.

Und im Nach­hin­ein wird so ein Vorha­ben dann, klar, nost­al­gi­siert.

Marie-Theres DEutsch

Das hat mit Kasper selbst zu tun. Der Mythos wächst, immer noch. Die groß­ar­ti­gen Ausstel­lun­gen mit Avant­garde-Künst­lern, die hier kaum jemand kannte. Die Archi­tek­tur hat jedoch ihren Anteil daran. Das Gebäude war die Anti­these zum Muse­ums­ufer – wie Dieter Bartetzko 1987 kurz nach seiner Eröff­nung schrieb. Dass Muse­ums­ge­bäude durch die Künst­ler gelö­chert, umge­baut, verlän­gert oder durch­sto­ßen werden, ist bis heute undenk­bar. Diese Dienst­leis­tung für die Kunst haben wir mit dem Porti­kus erfüllt. Eine Reihe von Künst­lern konnte ich beim teil­weise massi­ven Eingriff ins eigene Gebäude beglei­ten.

Welche Pläne möch­ten Sie noch reali­sie­ren? Woran arbei­ten Sie aktu­ell?

Marie-Theres DEutsch

Es gibt ein Herzens­pro­jekt und eines zum Geld­ver­die­nen. Als Archi­tekt sollte man möglichst zwei­glei­sig fahren. Für einen Inves­tor plane ich ein größe­res Wohn­bau­pro­jekt, im Speck­gür­tel Frank­furts. In Alt-Sach­sen­hau­sen bin ich seit eini­gen Jahre in ein Projekt invol­viert, das durch Corona und die anschlie­ßende Hoch­zins­phase verzö­gert wurde. Momen­tan bin ich auf die Reak­tio­nen der Behör­den sehr gespannt. Es gab Zeiten, in denen man mit Anwalt zur Behörde gegan­gen ist – das erzeugte keine gute Stim­mung. Allmäh­lich scheint sich etwas zu bewe­gen – in letz­ter Zeit konnte ich freund­lich-konstruk­tive Gesprä­che in den Ämtern führen.

About Time

In dieser Reihe unter­hält sich unsere Auto­rin mit Menschen, die seit vielen Jahr­zehn­ten künst­le­risch, filmisch, foto­gra­fisch oder in ande­rer Weise krea­tiv tätig sind. Wie verän­dert sich der Blick – auf die eigene Arbeit, aber auch das Arbeits­um­feld, den Kultur­be­trieb? Gab es eine Initi­al­zün­dung? Und welche Pläne stehen noch an? Ein Spre­chen über Zeit und Zeiten, Konti­nui­tä­ten und Verän­de­run­gen, Rück­bli­cke und Ausbli­cke.

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