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Mit Alfred Ullrich

Der Künstler Alfred Ullrich hat genügend Jahrzehnte in und mit dem Kunstbetrieb verbracht, um zu wissen, dass sich die Zuschreibungen immer wieder ändern können. Die eigene Familiengeschichte brodelte womöglich schon länger unter der Oberfläche seiner abstrahierten Farbradierungen – offen thematisiert hat er seine Biografie aber erst später. Wie es dazu kam, erzählt er im Interview.

Alfred Ullrich in der Ausstellung „Sinti* und Roma*– Kunst im Kontext I Küre #1 „; mit Natali Tomenko, Valérie Leray und Alfred Ullrich im Rathaus der Stadt Heidelberg (6. – 29.12.2023), 2023
Courtesy the artist

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Künst­ler? Sinto-Künst­ler? Wiener oder Deut­scher Künst­ler? Das mit den Iden­ti­tä­ten sei so eine Sache, sagte Alfred Ullrich mir einmal. Er hat genü­gend Jahr­zehnte in und mit dem Kunst­be­trieb verbracht, in Druck­werk­stät­ten, Gale­rien, Künst­ler*innen­grup­pen und Ausstel­lungs­räu­men, um zu wissen, dass sich die Zuschrei­bun­gen immer wieder ändern können. Und das, was gerade gewünscht ist, ebenso. „Es ist schwie­rig für mich, mich als Künst­ler zu sehen,“ sagt der Mitt­sieb­zi­ger noch heute. Aufge­wach­sen ist Ullrich als Sohn einer Sintizza, die den Natio­nal­so­zia­lis­mus über­lebte, in Wien. Eine schöne Kind­heit, im Plan­wa­gen und im Heu, umher­zie­hend, doch stets am Rande der öster­rei­chi­schen Gesell­schaft stehend. Die eigene Fami­li­en­ge­schichte brodelte womög­lich schon länger unter der Ober­flä­che seiner abstra­hier­ten Farb­ra­die­run­gen – offen thema­ti­siert hat Alfred Ullrich seine Biogra­fie erst später.

Familienporträt, unbekanntes Datum: In der oberen Reihe (zweite v.l.) Alfred Ullrichs Mutter Katharina, die sechs Jahre KZ überlebte. In der vorderen Reihe, mittig sitzend, Ullrichs Großeltern, die nicht überlebten.

Herr Ullrich, Sie waren Lebens­mit­tel­ver­käu­fer, Schrift­set­zer, Post­fach­ar­bei­ter, haben im Bron­ze­guss und an Münch­ner Bühnen als Bühnen­ar­bei­ter gear­bei­tet…

Alfred Ullrich

Und noch mehr!

…und dann sind Sie mit Ende 20 Künst­ler gewor­den, bezie­hungs­weise: haben die Druck­gra­fik für sich entdeckt. Wie kam das?

Alfred Ullrich

Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, seDas war so unge­fähr 1976 – nach eini­gen Jahren ziel­lo­sem Umher­wan­dern in Europa, wurde ich auch nicht mehr von den Deut­schen Behör­den für den Wehr­dienst erfasst – wie alt war ich da? Viel­leicht 28. Da war ich schon eine Weile in Bayern. Eigent­lich bin ich ja Wiener. Als ich als Jugend­li­cher einen Perso­nal­aus­weis benö­tigt habe, wurde man damals quasi gleich­zei­tig schon für den Wehr­dienst gemus­tert. Da haben mir die umge­kehr­ten Fami­li­en­ver­hält­nisse gehol­fen: Obwohl meine Mutter nur zwei Jahre mit meinem deut­schen Vater verhei­ra­tet war, konnte ich die deut­sche Staats­bür­ger­schaft bean­tra­gen. Ich wollte auf keinen Fall Wehr­dienst leis­ten, wo Vorge­setzte arbei­ten, die noch im Drit­ten Reich aktiv waren – das konnte ich mir nicht vorstel­len. Als 14-jähri­ger ist mir da nichts ande­res einge­fal­len, als die deut­sche Staats­bür­ger­schaft zu wählen. Was dazu führte, dass ich in der Stadt, in der ich aufge­wach­sen bin, fortan als „Frem­der“ regel­mä­ßig zur Poli­zei musste. Es war eine eigen­ar­tige Situa­tion. So bin ich dann irgend­wann als Deut­scher nach München gezo­gen, wo ich unter ande­rem in einer Druck­werk­statt gear­bei­tet habe. Unter dem Tsche­chen Josef Werner, der selbst viel für andere gedruckt hat. Das war eine lehr­rei­che Zeit, das Arbei­ten mit der Farb­ra­die­rung hat mir sehr gefal­len. Trotz­dem ist es mir in dem Fami­li­en­be­trieb dann doch irgend­wann zu eng gewor­den…später habe ich ein Haus in Dachau gefun­den und konnte mir dort eine eigene Kupfer­druck­werk­statt einrich­ten. Da fing es lang­sam an, dass ich nicht nur viel für andere Künst­ler gear­bei­tet habe, sondern auch eigene Arbei­ten anfing. Damals konnte man noch mit einer Mappe in die Münch­ner Gale­rien gehen – manch­mal ist auch etwas ausge­stellt worden.d diam voluptua. At vero eos et accusam et justo duo dolores et ea rebum. Stet clita kasd gubergren, no sea takimata sanctus est.

Sie sind 1948 in Bayern gebo­ren und dann in Wien aufge­wach­sen, als Sohn einer allein­er­zie­hen­den Sintizza. Viele Ihrer Fami­li­en­mit­glie­der sind im Natio­nal­so­zia­lis­mus ermor­det worden, darun­ter Ihr älte­rer Bruder. Die eigene Biogra­fie trat aber erst später in Ihre Kunst ein. Hatten Sie Sorge, Ihre Arbeit zu sehr iden­ti­täts­tech­nisch zu verein­nah­men?

Alfred Ullrich

Ja, das ist mir eigent­lich erst so rich­tig klar gewor­den, als ich dieses Haus im Land­kreis Dachau bezo­gen habe. Diese alte Römer­straße, da bin ich ja täglich am ehema­li­gen KZ vorbei­ge­kom­men. Damals dachte ich mir: Ich weiß doch eigent­lich alles, durch meine über­le­ben­den Verwand­ten, ich muss mir das doch nicht anschauen. Erst später erfuhr ich dann, dass drei meiner Onkel in diesem KZ inter­niert waren.

Zugleich musste ich mich erst einmal zurecht­fin­den. Für mich war es inter­es­sant zu sehen, was die Künst­ler da so machen, wie dieses kulti­viert-bürger­li­che Leben so abläuft, und welchen Stel­len­wert die Kunst da so hat. Das habe ich in diesen Jahren erst heraus­ge­fun­den. Mein Leben war ja ein voll­kom­men ande­res gewe­sen.

Trotz­dem gab es durch­aus poli­ti­sches Bewusst­sein. In Dachau hat sich Mitte der 80er-Jahre die soge­nannte „Gruppe D“ gebil­det, die sich für eine Gedenk- und Begeg­nungs­stätte am ehema­li­gen KZ einsetzte. Über die Gruppe D bin ich selbst hin und wieder mitge­reist, zum Beispiel wurden wir von einem ehema­li­gen Resis­tance-Kämp­fer einge­la­den, in Frank­reich auszu­stel­len. Auch in Vermont oder im Jugend­be­geg­nungs­zen­trum Ausch­witz waren wir zu Gast. Zu der Zeit wurde die Vergan­gen­heit noch mehr oder weni­ger verdrängt – in den 60er-Jahren gab es sogar Pläne, das ganze Gelände abzu­rei­ßen. Es soll damals einen Poli­ti­ker gege­ben haben, der sagte, er werde „bis zum letz­ten Bluts­trop­fen“ gegen eine solche Begeg­nungs­stätte vorge­hen [der Vorsit­zende der CSU-Frak­tion im Stadt­rat, Manfred Probst, Anm. d. Red.] Es ist inter­es­sant, wie Poli­ti­ker damals reagiert haben – jetzt heißt es Max-Mann­hei­mer-Haus und ist ein Studi­en­zen­trum mit Bildungs- und Begeg­nungs­stätte, Gedenk­stätte und Jugend­her­berge.

Alfred Ullrich, ALIENPOLADOTS, Installationsansicht im Schloss Dachau
Alfred Ullrich, Im Dschungel

Blei­ben wir noch einen Moment bei der Druck­gra­fik: Sie haben sehr unter­schied­li­che Arbei­ten ange­fer­tigt – farben­präch­tige Abstrak­tio­nen, die Sie an die bunte Klei­dung Ihrer Mutter erin­nert, aber auch Abdru­cke von Otta­krin­ger Bier­do­sen, Flamm­ruß auf Malpappe…wie entwi­ckeln Sie Ihre Arbeit? Ist das ein Nach­den­ken, Über­le­gen im Machen, oder gehen Sie konzep­tio­nell vor?

Alfred Ullrich

Ich habe mir eigent­lich vieles so, ohne in irgend­wel­chen „Rezept­bü­chern“ zu lesen, durch auto­di­dak­ti­sches Probie­ren, im Arbei­ten selbst ange­eig­net, und habe dann oft entdeckt, dass diese oder jene Methode eigent­lich von Künst­lern schon vor Jahr­zehn­ten ange­wen­det worden ist. Irgend­wie bieten sich, wenn man sich mit der Radie­rung beschäf­tigt, gewisse Dinge einfach an.

Als Auto­di­dakt hatte ich keine klas­si­sche Ausbil­dung als Zeich­ner, deshalb meist spon­tan begon­nen. Dieser spon­tane Beginn, diese Ätzung hat mich dann inspi­riert, weiter zu machen. Das bedeu­tet aber auch: Eigent­lich habe ich eine Morgen­stim­mung vorge­habt, durch das Expe­ri­men­telle ist dann eher eine Abend­stim­mung draus gewor­den (lacht). Jetzt habe ich sehr viel Eigen­tech­nik, mit der ich arbei­ten kann. Das ist gut, weil ich nach wie vor viel zu unru­hig bin, um mich da stun­den-, tage-, mona­te­lang hinzu­set­zen und beispiels­weise zu zeich­nen.

Später haben Sie dann Video­ar­bei­ten und Aktio­nen reali­siert. Erst da ist das Thema, die verdrängte Vergan­gen­heit, sowohl gesell­schaft­lich als auch für Sie künst­le­risch viru­len­ter gewor­den.

Alfred Ullrich

Rich­tig, mit Hilfe von Freun­den, die sich mit der Tech­nik besser ausken­nen als ich. Weil ich gese­hen habe, dass ich allein mit abstra­hier­ter Druck­gra­fik der Sache nicht gerecht werden kann. Durch diese Aktio­nen oder auch Videos wie „Land­fah­rer­platz, kein Gewerbe“ – da konnte ich perfor­ma­tiv etwas in Frage stel­len. Weil ich gese­hen habe: Ohne Provo­ka­tion bewegt sich nichts in der Gesell­schaft.

Inter­es­san­ter­weise ist es dann, auch durch Initia­ti­ven wie die der Gruppe D, dazu gekom­men, dass die aufge­schlos­se­ne­ren Leute „aus ihrer Deckung“ heraus­ge­kom­men sind – und diese Ausstel­lun­gen besucht, sogar befür­wor­tet haben. Da hat schon ein gewis­ser Wandel statt­ge­fun­den. Und für mich war es auch eine gewisse Erleich­te­rung, mich zu meiner Iden­ti­tät sozu­sa­gen zu „beken­nen“. Denn ich habe oft fest­ge­stellt, auch im Austausch mit künst­le­ri­schen Kolle­gen, dass ich da einfach oft eine ganz andere Sicht auf die Dinge habe. Bei den künst­le­ri­schen Aktio­nen konnte ich dann etwas deut­li­cher werden – ohne aber jeman­den persön­lich anzu­grei­fen, das war mir immer wich­tig. Ich wollte eher die Poli­tik dazu brin­gen, irgend­eine Stel­lung­nahme zu bezie­hen.

Alfred Ullrich, Crazy Water Wheel, Videostill, 2011
Alfred Ullrich, Landfahrerplatz, kein Gewerbe, 2006

Wie hat das Kunst­pu­bli­kum denn damals reagiert? Immer­hin haben Sie da Themen und Tatsa­chen rein­ge­bracht, die gesamt­ge­sell­schaft­lich nicht nur verdrängt, sondern groß­teils komplett tabui­siert waren.

Alfred Ullrich

Ich war damals schon seit zwei Jahr­zehn­ten als Druck­gra­fi­ker bekannt. Zu meinen Einzel­aus­stel­lun­gen sind immer recht viele inter­es­sierte Leute gekom­men. Die sind auch zu diesen Ausstel­lun­gen gekom­men und haben sich wirk­lich darauf einge­las­sen. Ich habe damals zum Beispiel in der Neuen Gale­rie Dachau mal ein Sofa aufge­stellt, Tisch­chen dazu, einige Schäl­chen mit Nüssen darin, aber im Fern­se­hen lief eben ein Video meiner Schwes­ter, das sie mit meiner Mutter gemacht hat, wo sie über ihre Zeit im KZ gespro­chen hat. Das war sehr anrüh­rend, weil sie oft anhal­ten musste, nicht weiter­spre­chen konnte.

Da fällt mir gerade ein Spruch ein, den meine Mutter öfters gesagt hat: „Die Gadji, pass auf, pass auf, die Gadji – so nannte sie die Deut­schen -, die steh­len!“ Also inter­es­san­ter­weise rezi­prok, wie die Mehr­heits­ge­sell­schaft die Sinti und Roma sieht. Heute denke ich, zu wissen, was sie meinte. Durch das KZ, durch die Raub­züge hat sich ja bestä­tigt, wer die eigent­li­chen Diebe und Räuber sind.

2000 haben Sie die Aktion „Perlen vor die Säue“ im tsche­chi­schen Lety durch­ge­führt. Auf dem Gelände des ehema­li­gen Konzen­tra­ti­ons­la­gers, in dem vor allem Rom*nja inhaf­tiert waren, befand sich seit den 1970er-Jahren bis 2018 ein Schwei­ne­zucht­be­trieb. Ihre Schwes­ter über­ließ Ihnen die Perlen ihrer Kette, die Sie dann in einer perfor­ma­ti­ven Aktion vor das Eingangs­tor warfen. Wurde eine Doku­men­ta­tion der Aktion nicht später auch in Vene­dig gezeigt?

Alfred Ullrich

Ja, ich glaube, das war 2011. Inzwi­schen hat der tsche­chi­sche Staat das Gelände erwor­ben und 2022 den Betrieb endgül­tig abge­ris­sen. [Jana Horváthová, Direk­to­rin des Muse­ums für Roma-Kultur, das hier ein Denk­mal errich­ten wird, bezeich­nete den Abriss als „Wende­punkt“. Der aktu­elle Kultus­mi­nis­ter Martin Baxa entschul­digte sich, auch für die zahl­rei­chen Poli­ti­ker*innen, die diese Geschichte des Landes jahr­zehn­te­lang igno­riert hatten, Anm. d. Red.] Jetzt bin ich gerade wieder in einer Grup­pen­aus­stel­lung auf der Bien­nale vertre­ten. Als ich da mit der Bahn ange­kom­men bin in Vene­dig, Mitte April, wurde ich kurz darauf von einer Gruppe ausge­raubt. All mein Geld war weg, meine Karten. Als ich bei den Cara­bi­nieri erschien, musste ich ein Formu­lar ausfül­len, und auf diesem Formu­lar stand geschrie­ben: „Können Sie sich daran erin­nern: Waren das Araber oder waren das Zigeu­ner?“ Das wird so heute abge­fragt. Da ist mir doch ganz anders gewor­den mit dieser Ausstel­lung – weil diese Welt­kunst­schau heuer ja doch sehr betrof­fen­heits­mä­ßig sich präsen­tiert. Eine Betrof­fen­heit, die fast schon schwie­rig ist zu rezi­pie­ren. Wenn ande­rer­seits der Staat, der dieser Kultur­ver­an­stal­tung Raum gibt, nun 2024 solche Form­blät­ter ausgibt. Das könnte man sich in Deutsch­land vermut­lich nicht mehr erlau­ben.

Da stellt sich für mich natür­lich die Frage, welche Bedeu­tung Kunst über­haupt haben kann. Seit 100 Jahren wird diese Bien­nale veran­stal­tet, und dann auch noch unter so einem Motto wie in diesem Jahr – ist das jetzt nur so Publi­city? Aber für wen? Es kommen ja eh zu viele Touris­ten nach Vene­dig …und dass das ausge­rech­net mir passiert, hat schon eine gewisse Ironie.

Aktu­ell arbei­ten Sie an Radie­run­gen über die Seeschlacht von Lepanto, und auch die hat auf eine Weise mit Vene­dig und mit Anti­zi­ga­nis­mus zu tun.

Alfred Ullrich

Das bereite ich für die Ausstel­lung im Januar in Berlin vor. Weil es eine Seeschlacht war, wo sich also alles im Wasser abspielt, wollte ich nicht zu konkret werden. Dabei beziehe ich mich auf die Geschichte an diesem Ort: Der spani­sche König hatte die Gita­nos, die damals dort leben­den Roma, für vogel­frei erklärt – und die wurden dann gegen die Türken, die das Mittel­meer beherrsch­ten, in den Galee­ren einge­setzt. Umge­kehrt haben auch die türki­schen Macht­ha­ber damals Roma als soge­nannte „Ruder­skla­ven“ genutzt. Das war eigent­lich der Anlass für meine Arbeit: die Erkennt­nis, dass diese Diskri­mi­nie­rung seit Jahr­hun­der­ten in verschie­dens­ten Varia­tio­nen weiter­be­steht. Und das bis zum heuti­gen Tage. Ich habe die Arbei­ten nicht recht­zei­tig fertig­be­kom­men, aber die Ausstel­lung wird später von Vene­dig nach Berlin weiter­zie­hen. Dort werde ich sie dann zeigen.

Alfred Ullrich, Farbradierung, 2024
Alfred Ullrich, Farbradierung, 2024

Sie sind jetzt seit bald vier­ein­halb Jahr­zehn­ten im Kunst­be­trieb unter­wegs. Wie empfin­den Sie Ihre Rolle hier heute?

Alfred Ullrich

Einer­seits bin ich wohl sozu­sa­gen irgend­wie inte­griert, ande­rer­seits habe ich da noch immer oft den Blick von außen. Obwohl ich eben system­im­ma­nent bin. Da denke ich, dass ich eigent­lich einen Vorteil habe, weil ich das tun kann – aber gleich­zei­tig auch von außen auf die Dinge blicke. Wobei ich die Kunst­gra­fi­ken für sich wirken lassen möchte, ohne da etwas Akti­vis­ti­sches oder Ideo­lo­gi­sches in den Raum zu stel­len. Das ist mir wich­tig.

Es ist schwie­rig für mich, mich als Künst­ler zu sehen. Die Druck­gra­fik war ja etwas, das ich zwischen mich und die Gesell­schaft stel­len konnte. Dadurch habe ich vermie­den, über das Eigent­li­che zu spre­chen, das mich bewegt. Diese alten Vorhänge, mit denen meine Mutter hausie­ren gegan­gen ist, wobei ich sie oft beglei­tet habe, und die Vorlage vieler Arbei­ten sind: Diese Vorhänge hängen oft als Schleier zwischen der Wahr­neh­mung – zwischen dem, was passiert ist, und dem, wie es durch die Nach­fah­ren der Täter heute gern darge­stellt wird. Da sind die Vorhänge, die dazwi­schen hängen, und die für mich ein wirk­li­ches Gespräch, ein wirk­li­ches Reflek­tie­ren behin­dern.

Tipp

Arbei­ten von Alfred Ullrich sind aktu­ell noch in der Ausstel­lung „Rroma Lepanto“ im Palazzo Bembe in Vene­dig zu sehen, bis 24.11. 2024. 2025 zieht die Schau weiter nach Berlin. Die Grup­pen­aus­stel­lung „Die Dritte Gene­ra­tion. Der Holo­caust im fami­liä­ren Gedächt­nis“ eröff­net am 18. Septem­ber 2024 im Jüdi­schen Museum Wien.

About Time

In dieser Reihe unter­hält sich unsere Auto­rin mit Menschen, die seit vielen Jahr­zehn­ten künst­le­risch, filmisch, foto­gra­fisch oder in ande­rer Weise krea­tiv tätig sind. Wie verän­dert sich der Blick – auf die eigene Arbeit, aber auch das Arbeits­um­feld, den Kultur­be­trieb? Gab es eine Initi­al­zün­dung? Und welche Pläne stehen noch an? Ein Spre­chen über Zeit und Zeiten, Konti­nui­tä­ten und Verän­de­run­gen, Rück­bli­cke und Ausbli­cke.

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