Der Ausstellungsraum Parkhaus WK 16 in Frankfurt zeigt ab 13. Februar eine Fotoserie der Künstlerin Vanja Vukovic zum politischen Widerstand im öffentlichen Raum.
„This is not a love song…“ ist eine fotografische Porträtserie der Frankfurter Künstlerin Vanja Vukovic. Benannt ist die Serie nach einem Song der Postpunkband „Public Image Ltd“ aus dem Jahr 1983. Vukovic lichtete fünfzehn Männer und Frauen vor einem dunklen Hintergrund ab. „Es waren vor allem meine Freunde und Bekannte“, erzählt die Künstlerin. Die Aufnahmen entstanden an verschiedenen Orten: zu Hause, im Atelier, manchmal am Arbeitsplatz.
Vukovic verwendete eine Nebelmaschine, so dass die mit einer Taschenlampe ausgeleuchteten Gesichter der Porträtierten mal mehr, mal weniger von aufsteigendem Rauch verdeckt sind. Der Serie ist etwas Subversives eigen. Die Bilder zeigen Individuen, die sich widersetzen. Gelegentlich auch der Fotografin. Einige Protagonisten blicken bewusst nicht in die Kamera oder wenden sich gänzlich von ihr ab.
„Mein Atelier ist die Straße“
Ihre Namen erfährt man nicht. Die einzige Information, die Vukovic mitliefert, ist die erste politische Demonstration oder Aktion, an der die Porträtierten teilgenommen haben. „Wir werden mündig und finden uns auf der Straße wieder“, schreibt Vukovic in der Publikation zu „This is not a love song…“. Die Teilnahme an einem auf die Straße getragenem Protest kann zu einem prägenden Erlebnis werden, das Denken und Handeln auf Jahre hin beeinflusst. In der alten Bundesrepublik wurde viel demonstriert.
Nicht alle Proteste waren so massiv wie 1981 und 1983, als allein in Bonn hunderttausende Menschen gegen den Nato-Doppelbeschluss und die damit verbundene Aufrüstung protestierten. Dennoch brachten die Ostermärsche der Friedensbewegung oder der Protest gegen Kernkraft regelmäßig Tausende auf die Straßen. Die Teilnehmer der damaligen Demonstrationen zeigen sich auf Vukovics Fotografien als gereifte Persönlichkeiten. Auch sie selbst stand vor der Kamera. 1992 war Vukovic in Stuttgart bei einer Demo gegen einen Auftritt des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider. Womöglich war der damalige Protest prägend. „Mein Atelier ist die Straße“, bekennt Vukovic.
Fremdenfeindlichkeit und Hass
Zornig blickt ein junger Mann zu Boden, der 2006 in Hannover gegen Schulreformen demonstrierte. Dass politischer Protest auch ausgelassen sein kann, zeigt von Jahr zu Jahr der Christopher Street Day (CSD), bei dem Homosexuelle an ihre Rechte erinnern. Vukovic porträtierte einen Teilnehmer des Frankfurter CSD aus dem Jahr 2008. In den letzten Jahren scheint die Bereitschaft zu Protest auf der Straße indes abzunehmen.
Auch weiß man inzwischen, dass nicht jede Demonstration emanzipatorischen und aufklärerischen Zielen folgt. Man braucht nur an die Kundgebungen der Dresdner „Pegida“-Bewegung zu denken, bei denen Fremdenfeindlichkeit und Hass ihren Ausdruck finden. „Einen „Pegida“-Teilnehmer hätte ich nicht abgelichtet“, sagt Vukovic. Schließlich sei die Serie nicht journalistisch oder dokumentarisch. „Es sind inszenierte Porträts“, ergänzt die Künstlerin.
Den typischen Demoteilnehmer gibt es nicht
„This is not a love song…“ zeigt auch Teilnehmer von Demonstrationen, die in Gewalt mündeten. Die Besetzung des Taksimplatzes in Istanbul ist keine drei Jahre her. Auch die Londoner Proteste gegen die Austeritätspolitik der britischen Regierung liegen nur wenige Jahre zurück. Als wäre es ein buchstäblicher Protest gegen die „cuts“, die staatlichen Ausgabenkürzungen, trägt der Mann, der 2011 in London demonstrierte, einen extrem langen Bart.
In ferne Vergangenheit entrückt scheint hingegen der russische Putschversuch im Oktober 1993. Das Land zeigt sich heute politisch apathischer denn je. Melancholisch, vielleicht etwas resigniert blickt die von Vukovic porträtierte Frau, die bei den Ereignissen 1993 in Moskau vor Ort war.
Die Porträtierten zeigen Haltung
Vanja Vukovic lässt eine Atmosphäre der Nachdenklichkeit, der konzentrierten Stille entstehen. Interessanterweise führt sie vor Augen, dass es den typischen Demoteilnehmer nicht gibt. Vukovic geht es nicht um eine Typologie. Und auch wenn die wenigsten Proteste Wirkung zeigten, scheinen viele der Porträtierten ihren Idealismus nicht aufgegeben zu haben.
Die 2014 von der spanischen Regierung beschlossene, weitgehende Einschränkung des Demonstrationsrechts habe sie zu der Serie bewogen, erklärt Vanja Vukovic. Dieses Grundrecht wollte sie betonen. Die von Vukovic porträtierten Männer und Frauen zeigen Haltung. Man kann sich vorstellen, dass sie bereit sind, heute noch selbstverständlich erscheinende Freiheiten und Grundrechte auf der Straße einzufordern und zu verteidigen. Dazu könnte schneller Anlass bestehen, als man glauben möchte.