Frankfurts Designszene hat Logos geschaffen, die das Image der Stadt auf den Punkt bringen und nach außen tragen. Zu sehen ab 13.7. im Museum Angewandte Kunst
Die Wort-Bild-Marke „I Amsterdam“ (die ersten drei Buchstaben bitte herzblutrot eingefärbt denken!) mag zwar durchaus genial sein – wenn man sich allerdings schon dafür entscheiden muss, eine bestimmte Stadt zu verkörpern, dann lieber New York. Nichts und niemand genießt schließlich mehr Zuneigung. Zumindest wenn man den grafischen Liebesbeweis als Gradmesser nimmt: 1977 schuf der Designer Milton Glaser sein herziges „I Love NY“-Logo, das auf Aufklebern, Kaffeetassen und T-Shirts einen Siegeszug rund um die Welt antrat und tausendfach kopiert wurde.
„Egal welche Stadt diesen Slogan gerade in abgewandelter Form für sich reklamiert, ich muss immer zuerst an New York denken“, sagt Nils Bremer, Chefredakteur von Journal Frankfurt. „Natürlich kann man das Logo dafür kritisieren, weil es keine Charakteristika aufgreift, die exklusiv für New York stehen“, ergänzt der Designer Stefan Weil von der Agentur Atelier Markgraph. Den Vorwurf der Beliebigkeit lässt er aber nicht gelten. „Wenn du der Erste bist, der einen solchen Claim etabliert, hast du es geschafft. Dann bleibt er auf ewig mit dieser Stadt verbunden“.
Die Zeit ist reif
Zusammen mit Markus Weisbeck, Professor an der Bauhaus-Universität in Weimar und Gründer des Grafikbüros Surface, riefen Bremer und Weil etablierte Frankfurter Designer dazu auf, etwas ähnliches zu schaffen. „Was uns vorschwebte, würde ich am ehesten als Sympathiebrand oder Aktionsmarke bezeichnen. Das Wort Stadtlogo trifft es nicht ganz“, sagt Stefan Weil. „Es ging uns nämlich weniger um ein bloßes Markenzeichen, sondern eher um eine Art Bekenntnis oder Statement. Unsere Stadt gilt seit einiger Zeit als ‚Hot-Shit‘ und hat gerade einen guten Lauf. Die Zeit ist reif für ein Logo, dass dem gerecht wird. Die Freude an Frankfurt soll in eine Wort-Bild-Marke übertragen werden. Ein reines Wappensymbol, wie der beliebte Frankfurter Stadtadler eines ist – ihn wollen wir natürlich nicht abschaffen – kann das nicht leisten.“
Alle 64 eingereichten Entwürfe werden ab 13. Juli im Museum Angewandte Kunst ausgestellt. Am Abend der Vernissage (12.7.) legt der Musiker und DJ Shantel auf und es gibt eine Preisverleihung „Uns war es wichtig, Vertreter aus Politik, Finanzwelt, Kreativwirtschaft und Kunstszene, deren Urteil in der Stadt Gewicht hat, an einen Tisch zu bringen und über die Entwürfe abstimmen zu lassen“, sagt Nils Bremer. In der Jury sitzen unter anderem Oberbürgermeister Peter Feldmann, Mäzenin Sylvia von Metzler und der Künstler Tobias Rehberger. Weil Sie sich auf keinen Sieger einigen konnten, werden gleich fünf Logos prämiert. Die Gewinner teilen sich die 2500 Euro Preisgeld. Sämtliche Rechte am Logo bleiben bei den Gestaltern. „Sollte die Stadt Frankfurt damit werben wollen, müsste sie mit ihnen einen Deal aushandeln“, sagt Bremer.
Ein hohes Maß an Weltoffenheit
Die Logos, die zur Ausstellung gehören, sind enorm vielfältig: Die Designerin Justina Honsel hat ein auf dem Rücken liegendes „F“ entworfen, dessen aufwärts ragende Arme den Betrachter zwangsläufig an Hochhäuser denken lassen. Von der Agentur Hauser Lacour stammen die besitzergreifenden Worte „Main“ und „Frankfurt“, zwischen denen ein Netz aus Rauten gespannt ist, das auf dezente Weise an das Muster eines Apfelweinglases erinnert. Die Kreativschmiede Aoki & Matsumoto steuert den Claim „Just Frankfurt“ in elf verschiedenen Sprachen bei, der nicht nur den Pragmatismus einer Stadt heraufbeschwört, die nicht lange fackelt, sondern auch ein hohes Maß an Weltoffenheit demonstriert. Die Agentur Standard Rad ist unter anderem mit einer lustigen Variation des Stadtwappens vertreten. Man sieht einen Adler mit Dreizack, auf dem ein Frankfurter Würstchen aufgespießt wurde. Das Kreativbüro Quandel Staudt entwarf ein kunstvoll verschnörkeltes „F“, dessen Form auf klassische Bembelmalerei verweist.
Die Agentur Schultzschultz hat den extrem geradlinigen Slogan „WHAT THE F#@%NKFURT“ rausgehauen – der bei aller internationalen Verständlichkeit auf den zweiten Blick nicht frei von Hintersinn und lokalen Bezügen zu sein scheint: Stehen die drei comichaft anmutenden Symbole etwa für Frankfurt als Standort von Apfelweinkultur, IT-Branche und Finanzwelt? Auch bei einem Logo aus dem Hause Nordisk spielen Typografie und Feinsinn eine große Rolle: Vor einer bunten Wolke aus vermeintlich konturlosen Kritzeleien, die sich bei näherem Hingucken als übereinandergeschichtete Vornamen entpuppt, hebt sich in Schreibschrift der Name „Frank“ ab, der sich an die schnörkellose Endung „Furt“ schmiegt. Die Stadt, so die stilvoll kalauernde Botschaft, gehört nicht nur Frank, sondern auch Axel, Leonie, Pablo und allen anderen.
Identifikation für jeden
Eine gelungene Wort-Bild-Marke muss so vielseitig sein, dass sie auf einer riesigen Hauswand ebenso funktioniert wie auf einem T-Shirt, einem Briefkopf oder einem Jute-Beutel, erklären Bremer und Weil. Außerdem sollte sie international verständlich sein, wenn Frankfurt zum Beispiel im Ausland um Touristen wirbt.
„Ein solches Logo zu entwerfen, heißt im Grunde nichts anderes, als eine pointierte Antwort auf die Frage ‚Wofür steht Frankfurt?‘ zu geben“, sagt Nils Bremer. „Vor allem dieser Denkanstoß ist mir wichtig – selbst wenn er am Ende nicht zu einem Ergebnis in Form eines einzigen Logos führen sollte, das berühmt wird und mit dem sich jeder identifizieren kann.“