Der Wiener Yung Hurn ist der Rapper der Stunde, sein dadaistischer Nonsens-HipHop verzaubert das Netz. Nun holt das Frankfurter Kollektiv „CashGroup“ ihn in den Kunstverein Montez. Da gibt es nur eins: Believe the hype.
Das hat natürlich einen Charme, der einen sofort umhaut. Dieser Schmäh, dieser Flow, diese wunderbar behämmerten Texte, dieser verspulte Nonsens. Die einfachen Beats, diese Synthieflächen. Es geht um Drogen, um zu große Pupillen, um Wodka, den Stolichnaya, russische Wertarbeit. Um Frauen, Money, Kokain und so weiter. Und man weiß natürlich nicht, ob das nun alles ernst gemeint ist oder pure Ironie. Soll man gewiss auch nicht. Im Netz überschlagen sie sich vor Lob, auch die Musikpresse hat ihn jetzt für sich entdeckt. Die Zukunft des Rap. Der HipHop-Dadaist. Das sind die Etiketten für Yung Hurn, über den man wenig mehr weiß, als dass er aus Wiens 22. Bezirk stammt. Darauf einen Stoli. Lalala, Figaro, lalala, Figaro. Baby, ich hab Pillen und so. Baby, willst du mit mir chillen und so? Baby, willst du mit mir durch Wien fliegen und so? Baby, Baby, ja ja ja, Baby, ich hab M-D-M-A.
Die Videos zu Yung Hurns Stücken wie „Opernsänger“, „Nein“, „Stoli“ oder „Blablablabla“ sind kleine Kunstwerke, hunderttausendfach geklickt und angeschaut. Er ist Teil des Künstlerkollektivs "Live From Earth", sein großartiges Mixtape „22“ kann man auf dessen Website kostenlos herunterladen. Mal heißt es, er sei Kunststudent, dann wieder: alles Quatsch. Die Musik dürfte tatsächlich so schnell produziert sein, wie es klingt, mit dem großen HipHop-R’n’B-Pomp hat sie nichts am Hut. Weil sie sich übers Netz verbreitet, weil man sie meist zunächst bei Soundcloud oder in geschlossenen Facebook-Gruppen findet, hat sich schnell der Begriff „Cloud Rap“ eingebürgert. LGoony, Crack Ignaz oder Yung Lean heißen die Brüder im Geiste.
Mann der Stunde, das ist Yung Hurn auf jeden Fall. Umso schöner, dass es dem Frankfurter Kollektiv „CashGroup“ gelungen ist, ihn und seinen Produzenten Lex Lugner für einen Auftritt im Kunstverein Montez zu buchen. Das Interesse an dem Abend ist riesengroß. Wenn alle die, die sich auf Facebook angekündigt haben, tatsächlich kommen, wird es im Ostend mehr als eng. Das Label „suplex“ und das Visual-Arts-Kollektiv „Sucuk und Bratwurst“ bilden gemeinsam die „CashGroup“. Hinter „suplex“ stecken Graziano Capitta, der an der Städelschule studiert hat und sich als Musiker Drive By nennt, und Philipp Wegener, ehemaliger Student an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach, der für sich das Pseudonym Inkasso gewählt hat. Gemeinsam haben sie schon einige DJ-Abende absolviert, meistens legen sie dabei im „Concord“ auf. „Sucuk und Bratwurst“ sind zwei Brüder mit deutschen wie türkischen Wurzeln, Denis und Lukas Olgac, sowie Alessandro Belliero und David Gönner. Denis Olgac und Alessandro Belliero studieren an der HfG, David Gönner ist an der Hochschule für Gestaltung in Mainz. „Sucuk und Bratwurst“ sind für die Visuals bei den „CashGroup“-Partys zuständig.
Die Animationen, die sie schaffen, sind pure Oberfläche, glänzend, abperlend, „computer generated images“. Die Nähe zur Post-Internet-Art ist nicht zu übersehen. Alles wirkt wie haarklein durchdacht, jeder Pixel sitzt. Aber auch hier fragt man sich danach, wie viel Ironie hinter den perfekten Bildern stecken mag. Einfach greifbar ist es nicht – das macht es so spannend, so außergewöhnlich. Graziano Capitta spricht davon, dass sie Hybride schaffen wollen, dass ihr Abend alles andere als ein klassisches Konzert werden soll. „Wir wollen Party, Performance, Konzert und Kunst zusammenbringen“, sagt er. Es geht ihm um Pionierarbeit, es geht ihm darum, neue Künstler und neue Stile nach Frankfurt zu bringen, Grenzen zu überschreiten. Als Künstler hat er darin schon länger Erfahrung. Bei der vergangenen Absolventenausstellung der Städelschule hat Capitta seine Diplomarbeit im Zollamt vom MMK präsentiert: eine Videoarbeit voll Sound, Tanz und starken Bildern, entstanden in Zusammenarbeit mit einem Tänzer der Forsythe-Company. Tatsächlich: ein Hybrid im besten Sinne.