Bekannte Persönlichkeiten, wie die Musiker John Lennon, James Brown oder der Computerspezialist Ted Nelson, haben den politischen Slogan "Power to the People" zu ihrem Credo erhoben. Das SCHIRN MAG stellt sie vor.
Nach einem ersten Überblick zu fünf Bürgerrechtsbewegungen, die „Power to the People“ zu ihrem Leitspruch gewählt haben, folgt nun der zweite Teil der Serie. Dieses Mal geht es um ausgewählte Persönlichkeiten, die den politischen Slogan in ihre Songs und Bücher integriert und sich damit auch persönlich identifiziert haben: Um Musiker, die sich als Aktivisten einsetzten und einen Computer-Pionier, der die Verständlichkeit des Computers für alle fordert.
1. John Lennon and the Plastic Ono Band – Power to the People
Der Song “Power to the People” von John Lennon and the Plastic Ono Band wurde am 12. März 1971 in Großbritannien veröffentlicht. Es war nicht der erste politische Song aus Lennons und Onos Feder, aber es war das Lied, das eine neue Phase in Lennons Karriere einleiten sollte. Bereits Ende der 60er Jahre hatten John Lennon und seine zweite Ehefrau Yoko Ono gemeinsam Happenings veranstaltet, mit denen sie sich für den Weltfrieden einsetzten. Berühmt wurden vor allem ihre „Sit-Ins“ in Amsterdam und Toronto sowie die „War is Over (if you want it)“-Kampagne aus dem Jahr 1969. Auch in Lennons Musik war Frieden schon länger ein Thema, beispielsweise in „Give Peace a Chance“ oder „Instant Karma“.
1971 gab Lennon den Aktivisten Tariq Ali und Robin Blackburn vom marxistischen Magazin Red Mole ein Interview, infolgedessen sich seine Ansichten bezüglich möglicher Protestformen änderten. Bereits in der Vergangenheit hatten Ali und Blackburn Lennon für seinen gewaltfreien Protest kritisiert. Es mussten also deutlichere Worte gefunden werden und das erste Ergebnis dieses Umdenkens wurde der Song „Power to the People“, den Lennon kurz nach dem Interview schrieb.
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John Lennon mit Red Mole Magazin, Image via nme.com
Es ist das erste Mal, dass er explizit von einer Revolution spricht. Und doch, der Text bleibt unspezifisch. Vielmehr beschreibt er eine Stimmung, er beschwört eine ganz bestimmte Atmosphäre herauf. Der Refrain ist zum Mitsingen, er gleicht einer Hymne, die keiner spezifischen Bewegung gewidmet ist, sondern jedem revolutionären Ansatz einen Soundtrack bieten kann. Auf dem Cover der Single sieht man John Lennon mit einem japanischen Polizeihelm.
Die Richtung ist klar, die „Love is all you Need“-Mentalität der 60er Jahre ist vorbei. Und in den Alben, die in den 70er Jahren folgten, wurde Lennon noch konkreter und kritischer. 1971 folgte das Album Imagine mit dem gleichnamigen Superhit, 1972 dann „Some Time in New York City“, das als sein politischstes gilt, u.a. mit dem Song „Woman is the Nigger of the World“, aber auch mit Songs über Angela Davis, John Sinclair oder New York City mit Anspielungen auf die Szene in Downtown.
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![](https://img.discogs.com/bw31mL5VwzIJC-4FDOI_VYnKb_Y=/fit-in/600x610/filters:strip_icc():format(jpeg):mode_rgb():quality(90)/discogs-images/R-513450-1282595689.jpeg.jpg)
Power to the People, Cover, Image via discogs.com
2. James Brown – Say it Loud, I'm Black and Proud / Soul Power
James Brown war in den späten 1960er Jahren zu einer Identifikationsfigur für die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung geworden. Ganz selbstverständlich war dies nicht. Zwar war er ein selbstbewusster afroamerikanischer Künstler, der auch seine Sexualität offen zur Schau stellte, doch Anfang des Jahres 1968 hatte er mit dem Song „America is my Home“ jegliche schwarze Intellektuelle unter seinen Fans vergrault. Der Legende nach statteten ihm die Black Panther in Folge einen Besuch ab, um ihm ins Gewissen zu reden. Auch wenn nur eine Legende, dass sich in James Browns politischer Haltung etwas änderte, war für jeden offensichtlich. Die Pomade im Haar wich einem natürlichen Afro und am Ende desselben Jahres proklamierte er seine politische Haltung auch mit dem Song „Say it Loud, I'm Black and Proud“. Teile davon wurden zu Schlagwörtern der Black Power Bewegung, die schwarze Bevölkerung hatte er zurückgewonnen, seine weißen Fans hingegen distanzierten sich.
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Plattencover von James Brown – Say It Loud I'm Black And I'm Proud, Image via: discogs.com
Der Song besteht, wie es für Browns Musik typisch ist, hauptsächlich aus Rhythmusinstrumenten. Schlagzeug, Bass, Bläser und Gitarre. Der Text wird von Brown energisch hinausgeschrien, mehr geredet, als gesungen. „Now we demand a chance to do things for ourself / We’re tired of beatin’ our head against the wall / And workin’ for someone else.”
Und Power to the People? Der Slogan ist bei James Brown etwas versteckt. 1971 veröffentlicht er seinen Song „Soul Power“, den er besonders in Konzerten abwandelt. Im Call-and-Response-Stil wird nicht “What we want?” gefragt und “Soul Power!” geantwortet, sondern regelmäßig “What we want? - Power to the People!” James Brown und die Black Power Bewegung blieb zwar nur ein Flirt, doch seine Texte wurden für viele zum Credo, seine Songs zu Hymnen.
Now we demand a chance to do things for ourself. We’re tired of beatin’ our head against the wall and workin’ for someone else.
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3. Ted Nelson – Computer Power to the People
1974 veröffentlichte der Amerikaner Ted Nelson sein Buch „Computer Lib / Dream Machines“ mit dem Untertitel „You can and must understand computers NOW“. In diesem - genau genommen in den zwei Büchern - verbindet Nelson eine Anleitung für Computer mit politischer Freiheit und stellt sein Anliegen unter das Motto „Computer power to the people! Down with the cybercrud.“ Cybercrud ist ein von ihm geprägter Begriff, der sich am besten mit „Nieder mit der Unverständlichkeit der Computerwelt“ übersetzen. Denn genau das war und ist bis heute Nelsons Anliegen. Computer - oder vielmehr eine Benutzeroberfläche - sollte für jeden in kürzester Zeit verständlich sein.
Ted Nelson ist Philosoph, vor allem aber Pionier der Informationstechnik und seit der ersten Stunde der Mikro- und Personal Computer ein Kämpfer für die Verständlichkeit dieser Geräte. 1974 waren sowohl der Mikrocomputer (eben keine Großrechner, sondern solche, die von einer einzelnen Person bedient werden können) und der PC erst im Anlauf, die Welt zu erobern. Der Altair 8800, der erste kommerziell erfolgreiche Mikrocomputer, wurde kurz nach „Computer Lib“ auf den Markt gebracht.
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Ted Nelson, Computer Lib / Dream Machines, Image via: thedigitalage.pbworks.com
Keine Überraschung also, dass Nelson keinen Verlag für sein Buch fand und es auf eigene Kosten hatte drucken lassen. Das Buch wurde für PC-Liebhaber, Hacker und Computer-Bastler ein Manifest und gilt als das erste Buch über den Personal Computer überhaupt. Wie der Altair 8800 oder Apple II, die als Ingenieurs-Kunstwerke die bestehende Computerordnung einstürzen ließen, trug auch „Computer Lib“ dazu bei, das Konzept des Computers als ein persönliches und einfach nutzbares Gerät voranzubringen.
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