PHILIPP FUERHOFER DIS CONNECT SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT ROTUNDE INSTALLATION
Der Künstler Philipp Fürhofer präsentiert in der SCHIRN-Rotunde einen begehbaren, dreidimensionalen Illusionsraum
Von SCHIRN MAGIm Rahmen der Ausstellung „Diorama. Erfindung einer Illusion“ präsentiert die Schirn Kunsthalle Frankfurt vom 10. November 2017 bis zum 21. Januar 2018 eine raumgreifende Installation von Philipp Fürhofer. Mit seiner eigens für die Schirn-Rotunde entwickelten Arbeit [dis]connect verwandelt der Künstler den Rundbau in einen Raum der Illusion. Dabei zitiert er die optisch-mechanische Schaubühne, die Louis Daguerre 1822 in Paris eröffnete. In diesem begehbaren Theater wurden auf große, semitransparente Leinwände gemalte Geschichten mit Licht und Bühnentechnik in Bewegung gesetzt. Fürhofers Installation [dis]connect kommt einem begehbaren, dreidimensionalen Illusionsraum gleich.
Sie besteht aus zwei Spiegeldecken, die sich übereinander je auf Höhe der beiden oberen Etagen der Rotunde befinden. Ein an Landschaftsdioramen angelehntes Waldmotiv entwickelt sich zudem aus den Säulen im Erdgeschoss und erstreckt sich entlang der Glasfront der Rotunde nach oben. Unter Einsatz von Licht lässt Fürhofer zwei unterschiedliche Raumsituationen entstehen. Der untere, semi-transparente Spiegel erscheint bei Beleuchtung des Bodens der Rotunde wie eine über den Köpfen der Besucher eingezogene Decke, die den Raum optisch verkleinert.
Spiel mit der Wahrnehmung
Wechselt das Licht in den oberen Rotundenbereich, wird der untere Spiegel durchlässig und gibt den Blick in den ganzen Rundbau frei. Im Zusammenspiel mit dem oberen Spiegel ergibt sich eine optisch unendliche Vervielfachung der Architektur. In einem Rhythmus, der an einen Puls erinnert, lösen sich diese beiden Raumsituationen ab. In ihrem regelmäßigen Wechsel zeigt sich Fürhofers Spiel mit der Wahrnehmung des Betrachters und dessen Vorstellung von Realität.
Die Veränderung von räumlichen Situationen mit Hilfe von Lichteffekten, die ungewohnte Seherlebnisse hervorrufen, ist ein wiederkehrendes Element in Fürhofers Arbeiten. In seinen monumentalen, bemalten Leuchtkästen verändert er durch das Ein- und Ausblenden von Licht nicht nur ihr Äußeres, sondern auch ihren gesamten räumlichen Eindruck. In diesen Objekten verwendet Fürhofer meist ebenfalls semi-transparente Spiegelfolie, die bei entsprechender Beleuchtung zu einem Teil der Arbeit wird.
Das vergebliche Bemühen
Während die Installation [dis]connect reale architektonische Elemente der Rotunde aufnimmt, wie etwa die Säulen im Erdgeschoss, schaffen die Spiegel in beiden Lichtsituationen einen Raum der Illusion, der sich in Abstraktion aufzulösen scheint. Die Konstruktion dieser Illusion bleibt dabei immer als Intervention sicht- und durchschaubar. Der Besucher kann selbst entscheiden, wie weit er sich der Illusion hingibt. Fürhofer bricht mit dem Diorama als wirklichkeitsgetreuem Abbild der Welt und zeigt die Vergeblichkeit des Bemühens, die Realität zu erfassen.
Philipp Demandt über die Installation: „Mit [dis]connect erweitert Philipp Fürhofer die Ausstellung ‚Diorama. Erfindung einer Illusion‘ um einen illusionistischen Raum, der im Außenbereich der Schirn frei zugänglich ist. Unter Einsatz von Licht- und Spiegeleffekten macht sich der Künstler die Architektur der Rotunde zu Nutze, um uns zu zeigen, wie wir uns täuschen können: Er legt die Illusion offen und führt uns vor Augen, was es heißt, Realität greifen zu wollen.“
Fluchtwelten des virtuellen Zeitalters
„Während Louis Daguerre in seinen Dioramen alles daran setzte, eine möglichst glaubhafte Wiedergabe der Realität zu schaffen, geht es in der Arbeit von Philipp Fürhofer vielmehr um die Erzeugung von Realität an sich. Insbesondere in [dis]connect wird keine ‚Erkenntnis‘ als solche vermittelt, sondern eher eine Auflösung sichtbarer Koordinaten im Raum – ein Zustand, der an Illusions- und Fluchtwelten unseres virtuellen Zeitalters denken lässt“, erläutert die Kuratorin Ilka Voermann die Arbeit des Künstlers.
Der Künstler und Bühnenbildner Philipp Fürhofer (*1982 in Augsburg) lebt und arbeitet in Berlin. Dort studierte er von 2002 bis 2008 Bildende Kunst an der Universität der Künste. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, unter anderem im Augsburger Kunstverein (2016), im Arsenāls – Fine Arts Museum Riga (2016) und im Bayerischen Nationalmuseum München (2012). Seit 2008 ist Philipp Fürhofer auch immer wieder als Bühnen- und Kostümbildner für Opernhäuser in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz tätig. Die Oper Les vêpres siciliennes von Giuseppe Verdi, welche 2013 im Royal Opera House in London aufgeführt wurde und für die Fürhofer das Bühnenbild schuf, erhielt 2014 den Laurence Olivier Award for Best New Opera Production.
Mit der Ausstellung „Diorama. Erfindung einer Illusion“ widmet sich die Schirn bis zum 21. Januar 2018 einer Kulturgeschichte des Sehens. Im Zentrum steht das Diorama, das Ereignisse, Geschichten und Lebensräume mit unterschiedlichen gestalterischen Mitteln scheinbar wirklichkeitsgetreu arrangiert und rekonstruiert.
Bald in der SCHIRN: CASABLANCA ART SCHOOL. EINE POSTKOLONIALE AVANTGARDE 1962–1987
Die „neue Welle“ Marokkos: Die SCHIRN präsentiert ab dem 12. Juli die einflussreiche CASABLANCA ART...
FEEDBACK 2: UPBRINGING IN FRANKFURT MIT SABRINA SETLUR
In der zweiten PODCAST-Episode trifft Miriam Davoudvandi auf die Frankfurter Legende Sabrina Setlur....
5 Gründe, SELMA SELMAN in der SCHIRN zu sehen
Poetisch, konfrontativ, überraschend: Die SCHIRN präsentiert vom 20. Juni bis zum 15. September 2024...
Nichtstun ist (k)ein Kern der Arbeit
Jovana Reisinger sinniert über die Untätigkeit im Werk von COSIMA VON BONIN – ist sie ein Zeichen...
Toxische Cuteness
Cuteness Overload! In COSIMA VON BONINS Bildwelt ist Bambi eine wiederkehrende Referenz. Doch der...
Daffy Duck. Ein Hoch auf die Unvollkommenheit!
Daffy Duck ist aus dem künstlerischen Œuvre von COSIMA VON BONIN kaum wegzudenken. Was für eine...
Wo sind die Hip-Hop-Hotspots Deutschlands?
Schon längst ist die Hip-Hop-Kultur aus deutschen Städten nicht mehr wegzudenken. Angefangen bei...
Wie Hip-Hop über seine Toten singt
Durch die tragisch frühen Tode von Legenden wie Biggie Smalls und Tupac oder aufstrebenden...
„Hip Hop makes the world a better place”
Wir haben mit Simon Vogt, dem Host des beliebten YouTube-Formats DEUTSCHRAP IDEAL vom Hessischen...
Cosima von Bonin und die Kölner Kreativszene
COSIMA VON BONIN lebt und arbeitet seit den 1980er-Jahren in Köln. Die Stadt war zu der Zeit ein...
FEEDBACK 1: TRUE SCHOOL & NEW SCHOOL MIT CORA E. UND OG LU
Wie hat sich die deutsche Hip-Hop-Szene mit den Jahren gewandelt? In der ersten Folge des...
5 Fragen an Mary Messhausen und proddy produzentin
Mit der Performance „Thonk piece: Hungry for Stains“ eröffnen die Dragqueens Mary Messhausen und...
Hip-Hop ist Schwarze Kultur – nicht umgekehrt
Hip-Hops fünfzigster Geburtstag gibt uns Anlass, alte Platten und Mixtapes zu hören und noch einmal...
Jetzt in der SCHIRN: COSIMA VON BONIN. FEELINGS
Die SCHIRN präsentiert vom 21. März bis zum 9. Juni 2024 eine einmalige Inszenierung mit neuen und...
Damit sind Sie im Bilde: Über Bewegung und Substitution im Werk von Lena Henke
Die Künstlerin LENA HENKE stellte bereits 2017 in der SCHIRN-Rotunde aus. Was sind die Geheimnisse...
Shallow lakes - Auf der Suche nach dem See
Was hat es mit dem Motiv des Sees bei MELIKE KARA auf sich? Marthe Lisson begibt sich auf eine...
„Gegen die Vereindeutigung der Welt”: Quer durch die Berlinale 2024
Auch dieses Jahr zog die Berlinale wieder Filmschaffende und Cineast*innen aus aller Welt an. Trotz...
Der Film zur Ausstellung: Melike Kara. Shallow Lakes
Die Künstlerin Melike Kara schafft Erinnerungsräume. Ausgehend von der Beschäftigung mit ihren...
5 Gründe, THE CULTURE in der SCHIRN zu sehen
Die SCHIRN präsentiert ab dem 29. Februar eine interdisziplinäre Ausstellung zum Einfluss des...
Wenn Subkultur zum Mainstream wird – eine Gratwanderung
Ganz gleich, ob Hip-Hop, Techno oder queere Szene: Die Ästhetik von Subkulturen avanciert nicht...