Der Vietnamkrieg war ein traumatisches Ereignis für die USA und führte zu den ersten Massenprotesten im eigenen Land. Für Peter Saul war er ein wichtiges Thema seiner künstlerischen Auseinandersetzung. Eine Aufarbeitung in zwei Teilen auf dem SCHIRN MAG

Der Vietnamkrieg ist nicht einfach nur ein dunkles Kapitel in der Geschichte der USA. Es war einer der längsten Kriege des Landes (bisher nur vom Afghanistaneinsatz nach dem 11. September 2001 übertroffen) und der erste, den die USA verloren hatten. Und es war der Krieg, der das Selbstverständnis einer Nation und deren politisches Denken wie kaum ein anderes Ereignis beeinflusst hat. Die Zeit des direkten und indirekten Engagements der USA in Südostasien dauerte von 1954 bis 1973, ab 1963 wurden erste Proteste organisiert, der erste große Vietnam-Protestmarsch fand 1967 in Washington D.C. statt, es kamen 25.000 Menschen.

Kriegsproteste, Image: U.S. National Archives and Records Administration, [Public domain], via Wikimedia Commons

Als einer der ersten Künstler hat sich Peter Saul bereits ab 1965 in seinen Werken mit diesem Krieg auseinandergesetzt. Er kam über die Joan Baez Peace School in Kontakt mit der Protestbewegung. In seinen Bildern ergriff er Partei und verurteilte die Kriegsverbrechen der USA, schuf einen bitteren sozialen Kommentar der Gegenwart, etwa mit den Bildern "Yankee Garbage", "Vietnam" oder "Saigon", die in der SCHIRN zu sehen sind.

Krieg der Stellvertreter

Wie bei jedem Krieg, reicht es auch im Fall des Vietnamkriegs nicht aus, nur die tatsächlichen Kriegsjahre zu betrachten, um die gesamte Tragweite zu verstehen. Sehr wichtig sind auch die Jahre vor dem offiziellen Ausbruch. Der Vietnamkrieg war ein Stellvertreterkrieg im Kalten Krieg und somit auch noch ein Teil der weitreichenden Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs.

Peter Saul, Vietnam, 1966, Sammlung des Künstlers / Collection of the artist

Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte der Kommunismus für viele in den USA und in Europa die größte Bedrohung dar: politisch, wirtschaftlich und kulturell. Insbesondere mit der Ausdehnung der Sowjetunion nach 1945 standen die Konfliktparteien für den Kalten Krieg schnell fest. Von 1947 bis 1989 sollten sich die Westmächte (allen voran die USA) und der Ostblock (unter Führung der UdSSR) nicht nur „kalt“ bedrohen, sondern sich in „heißen“ Stellvertreterkriegen auch wahrhaftig gegenüberstehen.

Länderteilung nach Blaupause

In Vietnam hofften die größtenteils kommunistischen Nationalisten, u.a. Ho Chi Minh, nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Abzug der Kolonialmacht Frankreich. Allerdings musste sich Vietnam nicht nur gegen die Franzosen behaupten, auch Japan war als Fremdherrscher im Land. Ho Chi Minh und die Nationalisten suchten in ihrem Kampf gegen Frankreich einen Verbündeten, den sie schließlich in der Sowjetunion fanden. Der Krieg gegen Frankreich, der sogenannte Indochinakrieg,  dauerte von 1946 bis 1954. Auf der Genfer Konferenz 1954 wurde schließlich, auf Grundlage der Blaupause der vollzogenen Teilung Koreas, auch für Vietnam eine Nord-Süd-Teilung des Landes beschloss.

Vietnam - Französische Fremdenlegionäre mit einem in den USA produzierten Panzer zwischen Haiphong und Hanoi ca. 1954, Image by PIX [Public domain], via Wikimedia Commons

Doch das nach sowjetischem Vorbild kommunistische Nordvietnam war nicht, wie Nordkorea, demoralisiert und entkräftet, es konnte militärische und industrielle Ressourcen aufbringen und war bereit, einen kriegerischen Konflikt mit Südvietnam auf sich zu nehmen. Präsident John F. Kennedy erhöhte Anfang der 60er-Jahre zunächst die Präsenz der USA in Südvietnam von 1000 auf 16.000 Berater. Durch den Staatsstreich und die Ermordung des südvietnamesischen Präsidenten Ngo Dinh Diem in 1963 entstand in Südvietnam schließlich ein Führungsvakuum und eine Gelegenheit für Nordvietnam zum Angreifen.

Im Nachhinein fingiert

Nach der Ermordung von Präsident Kennedy 1963 kam mit dem neuen Präsidenten Lyndon B. Johnson eine neue politische Ausrichtung in den Konflikt in Vietnam. Im August 1964 wurde Johnson mit Hilfe der Tonkin-Resolution zum Kriegseintritt mit dem kommunistischen Nordvietnam bevollmächtigt. Auslöser waren zwei Angriffe nordvietnamesischer Boote auf amerikanische Schiffe, wobei sich der zweite Angriff im Nachhinein als fingiert erwies. In Folge entsandten die USA Bodentruppen nach Südvietnam und flogen massive Bombenangriffe auf Nordvietnam – auf Vietnam wurden mehr Bomben abgeworfen als während des Zweiten Weltkrieges auf allen Kriegsschauplätzen zusammen. Im Laufe des Krieges sollten die USA eine 500.000 Mann starke Militärpräsenz in Vietnam aufbauen.

John F. Kennedy über Vietnam in Washington, D. C., 1961, Image by Abbie Rowe, National Park Service [Public domain], via Wikimedia Commons

Amerikanische Langstreckenbomber, Image by USAF [Public domain], via Wikimedia Commons

Ein Wendepunkt des siegessicheren Herangehens der USA setzte 1968 mit der Nordvietnamesischen Tet-Offensive ein (Tet ist das vietnamesische Neujahrsfest), ein Überraschungsangriff auf südvietnamesischem Gebiet. Praktisch war diese zwar gescheitert, psychologisch gingen die USA allerdings stark geschwächt hervor. Vor allem zu Hause schwand die Unterstützung für diesen Krieg. Die Medien berichteten von der unverminderten Stärke des Vietcong, ein Ende der Auseinandersetzungen war noch lange nicht in Sicht. Der politische Wille, den Krieg jenseits des Pazifiks fortzusetzen, schwand immer weiter. 

Alleingelassen und unterlegen

Johnsons Nachfolger Richard Nixon war gezwungen, immer mehr südvietnamesische Truppen auszubilden, da er nicht mehr genug amerikanische Soldaten rekrutieren konnte und erste US-Soldaten bereits abgezogen werden mussten. Der Vietnamkrieg kam 1973 mit dem Pariser Friedensabkommen zu einem Ende. Vietnam wurde sich selbst überlassen, die Südvietnamesen mussten sich von nun an alleine gegen die Nordvietnamesen verteidigen, denen sie 1975 schließlich endgültig unterlagen.

U.S. Marines im Einsatz in Vietnam, Image by U.S. Marines (Official Marine Corps Photo # 371490) (http://www.tecom.usmc.mil/HD/Home_Page.htm) [Public domain], via Wikimedia Commons