Bis zum 18. Februar 2024 präsentiert die SCHIRN eine umfassende Retrospektive von LYONEL FEININGER. Aus diesen fünf Gründen lohnt sich der Besuch.
1. Der komplette Feininger – erstmals seit 25 Jahren
Der deutsch-amerikanische Künstler Lyonel Feininger (1871–1956) ist ein Klassiker der modernen Kunst. Die SCHIRN widmet dem bedeutenden Maler und Grafiker die erste große Retrospektive in Deutschland seit über 25 Jahren. Sie zeichnet ein umfassendes und überraschendes Gesamtbild seines Schaffens und präsentiert zudem wichtige Hauptwerke. Bekannt ist Feininger für seine Gemälde von Bauwerken, kristalline Architekturen in beeindruckender Monumentalität und Harmonie der Farben. Jedoch übersieht die heutige Rezeption oft die Originalität und den künstlerischen Facettenreichtum seines Werkes, das zahlreiche Tendenzen der Moderne widerspiegelt.
Lyonel Feininger gehört zu den bekanntesten Vertretern der klassischen Moderne in Deutschland und dennoch ist die Vielseitigkeit seiner Kunst einem großen Publikum erstaunlich unbekannt.
2. Selbstbildnisse, die den Charakter widerspiegeln
Zum Auftakt der großen Retrospektive zeigt die SCHIRN gezeichnete und gemalte Selbstporträts von Lyonel Feininger, darunter das ausdrucksstarke „Selbstbildnis“ (1915), das 1917 in seiner ersten Einzelausstellung in der Galerie Der Sturm in Berlin zu sehen war. In der Selbstbetrachtung zeigt sich der Künstler sowohl skeptisch als auch nachdenklich. Nachdem Feininger 1887 aus New York nach Deutschland gekommen war, um in Leipzig Musik zu studieren, entschied er sich schließlich für das Studium der bildenden Künste in Berlin. Erste Erfolge hatte er hier als einer der führenden Karikaturisten und Illustratoren mit Zeichnungen, die in der Forschung teilweise ebenfalls als Selbstporträts verstanden werden und Rückschlüsse auf seinen Sinn für Humor zulassen.
3. Werke aus den bedeutendsten Sammlungen der Welt
Mit rund 160 Gemälden, Zeichnungen, Karikaturen, Aquarellen, Holzschnitten, Fotografien und Objekten zeigt die Ausstellung wichtige Themen und Entwicklungslinien auf, die Feiningers Werk geprägt und unverwechselbar gemacht haben. Für die Präsentation konnte die SCHIRN bedeutende Leihgaben aus zahlreichen deutschen und internationalen Museen, öffentlichen wie privaten Sammlungen gewinnen und in Frankfurt zusammenführen. Darunter das Bauhaus-Archiv Berlin, die Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, das Kunstmuseum Basel, The Metropolitan Museum of Art, New York, The Museum of Modern Art, New York und das Whitney Museum of American Art, New York neben vielen weiteren.
4. Experimentelle Arbeiten, die meist nur Expert*innen kennen
Neben Feiningers weltberühmten Gemälden kristalliner Bauten und Holzschnitten versammelt die Retrospektive auch eine Vielzahl seiner weniger bekannten Arbeiten. Darunter etwa Feiningers Fotografien, die während seiner Zeit im US-amerikanischen Exil zusehends abstrakter wurden. Zugleich beschäftigte Feininger sich verstärkt mit farbigen Diapositiven und griff bekannte Motive und Kompositionen aus seinem Werk wieder auf. Anknüpfend an sein Gemälde „Glasscherbenbild“ (1927) experimentierte er mit sich überlagernden Glasscherben und Lichtphänomenen, die durch die Projektion des Diapositivs auf einer weiteren visuellen Ebene fortgesetzt wurden.
Wenige Jahre vor seinem Tod in New York entstanden zudem die „Ghosties“, eine humorvolle Serie von aquarellierten Tuschzeichnungen. Sie greifen die befreiten Linien seines Spätwerks auf und bilden ähnlich wie seine Karikaturen und Holzspielzeuge in ihrer spielerischen Leichtigkeit einen spannungsreichen Kontrast zu seinen monumentalen Architekturgemälden.
5. Feiningers Spielzeug am Ende der Welt
Feiningers Holzspielzeuge gehören, wie auch seine Karikaturen und Comics, untrennbar zu seinem Gesamtwerk. Ab 1913 arbeitete er an Lokomotiven aus buntem Hartholz, die als Spielzeuge in Serie produziert werden sollten, ein Plan, der aufgrund des Ersten Weltkriegs nicht realisiert werden konnte. Mit „Die Stadt am Ende der Welt“ (1925–1955) kreierte er eine Spielzeugstadt aus Holz, die sein Interesse für historische Häuser und Kirchen aufgreift und auf den Roman „Die andere Seite“ (1908) seines Freundes Alfred Kubin zurückgeht.