Die einstige First Lady der USA führte eine komplizierte Koexistenz mit den Paparazzi: Sie war Obsession der Fotografen und wurde von ihnen einerseits zur Ikone stilisiert und andererseits stark in Bedrängnis gebracht.
Jackie Bouvier Kennedy Onassis, die meistfotografierte Frau der 1960er- und 1970er-Jahre, lebte ein leidenschaftliches Leben. Sie war ungewöhnlich, rätselhaft, oft widersprüchlich und trotzdem, um es in den Worten Frank Sinatras zu sagen, die „Königin Amerikas". Sie war klug und gebildet und die Frauen der Welt bewunderten ihre modische Stilsicherheit, die sie bis heute als bestgekleidete Frau aller Zeiten auszeichnet. Berühmt wurden die riesigen runden Sonnenbrillen, die heute allgemein als „Jackie Os" bekannt sind, die Perlenketten oder die Pillbox-Hüte. Auf tragische Weise wurde auch ihr rosafarbenes Chanelkostüm berühmt, das sie an jenem Tag trug, als ihr Ehemann, der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, John F. Kennedy erschossen wurde. Die Fotos, wie sie nach den Schüssen versucht, aus dem Wagen zu klettern und nur wenige Stunden später bei der Vereidigung von Lyndon B. Johnson als nächsten Präsidenten an Bord der Air Force One anwesend ist, wurden zu einem Stück Zeitgeschichte.
Jacqueline Lee Bouvier wuchs in wohlhabenden Verhältnissen in Southampton, Long Island auf. Nach ihrem Studium fing sie als Fotografin und Journalistin bei der Zeitung "Washington Times-Herald" an. Es war in dieser Zeit, da sie John F. Kennedy begegnete, der kurz vor seiner Ernennung zum Senator von Massachusetts stand. 1953 klingelten für die beiden die Hochzeitsglocken. Ende 1960 wurde John F. Kennedy dann zum 35. Präsidenten der USA gewählt. Jackie wurde als First Lady nicht nur von Frauen in aller Welt bewundert, sondern auch von den Politkollegen ihres Mannes, den sie oft auf Reisen begleitete. Neben ihrer Muttersprache Englisch sprach sie Französisch, Spanisch und Italienisch. 1963 wurde "JFK" bei einem Besuch in Dallas im offenen Auto erschossen.
Schnurrbärte und Perücken, Sonnenbrillen oder Pfeifen
Nach der Ermordung ihres Mannes zog Jackie nach New York City. Ein neuer Mann trat in ihr Leben, wenn auch auf unangenehme Weise. Ron Galella war für viele Jahre der Paparazzo schlechthin, der König seines Metiers. Er verfolgte Jackie pausenlos, sie war seine offensichtliche Obsession. 2013 erschien sogar ein Buch von Galella mit dem einfachen Titel Jackie. My Obsession.
Galella las Klatschmagazine, um herauszufinden, wo Jackie sich aufhalten könnte, begann einen Flirt mit ihrem Dienstmädchen und benutzte die unterschiedlichsten Verkleidungen, damit Jackie ihn nicht sofort erkennen konnte: verschiedene Schnurrbärte und Perücken, Sonnenbrillen oder Pfeifen. In der tiefsten Kälte wartete er vor Restaurants und in brütender Hitze lauerte er ihr auf Capri oder vor Skorpios auf. Er bestach ein chinesisches Restaurant, um sich unter den Garderobenständern verstecken zu dürfen. Jackie und ihre Kinder, John F. jr. und Caroline, wurden stets von Geheimdienstbeamten begleitet, die Galella die Sicht verstellen sollten und ihn sogar festnahmen. Daraufhin verklagte Galella Jackie, denn er sah sich an der Ausführung seines Berufes gehindert. Er forderte $ 1,3 Millionen Schadensersatz, fünfzig Mal so viel wie sein jährliches Einkommen.
Das Urteil des New Yorker Gerichts wurde zu einem Präzedenzurteil
Jackie reagierte mit einer Gegenklage wegen Belästigung und Verletzung der Privatsphäre. Es war 1973, Jackie hatte eine Verfügung durchgesetzt, dass sich Galella ihr nicht auf Fotografierabstand nähern durfte. Das New Yorker Gericht entschied letzten Endes zu Gunsten Jackies, in Folge musste Galella acht Meter Abstand zu ihr und zehn Meter zu ihren Kindern wahren. Der Prozess wurde von den Medien intensiv begleitet und von der "New York Times" als "beste Show in der Stadt außerhalb des Broadway" bezeichnet. Der Prozess wurde unter anderem auch von dem Magazin "Life" begleitet.
Das Urteil des New Yorker Gerichts wurde zu einem Präzedenzurteil. Denn es machte deutlich, dass es nicht in der Verantwortung des Stars liegt, sein Privatleben geheim zu halten. Sondern umgekehrt haben Paparazzi nicht das Recht, in das Privatleben der Stars einzudringen.
Ein nicht unerheblicher Anteil an der Mythenbildung rund um Jackie Kennedy
Nicht nur in Bezug auf Jackie Kennedy war Ron Galella eine bekannte Größe. Marlon Brando brach ihm einmal den Kiefer, weil er zu aufdringlich wurde. Doch Galella schreckte das nicht ab: in Folge trug er immer einen Footballhelm, wenn er auf Brando traf.
Doch so sehr Jackie Kennedy unter der Verletzung ihrer Privatsphäre gelitten haben muss, so muss man Galella auch zugestehen, dass er einen nicht unerheblichen Teil zur Mythenbildung rund um Jackie Kennedy beigetragen hat. Modedesigner Tom Ford sagte dazu: „Ironischerweise, es sind genau die Fotos, gegen die Frau Onassis Widerstand geleistet hat, die sie als Ikone definieren."
1968 heiratete Jackie den griechischen Schiffs-Magnaten Aristoteles Onassis. Auf dessen Privatinsel Skorpios wurde Jackie 1972 von Settimio Garritano nackt beim Sonnenbaden fotografiert. Garritano war kein Paparazzo im klassischen Sinne, sondern ein Reporter und Porträtfotograf, der Jackie jedoch über drei Jahre gefolgt war. Viele Redaktionen lehnten es ab, diese Bilder zu veröffentlichen, aus Respekt vor der ehemaligen First Lady. Vielleicht auch aus Angst vor den zwei mächtigsten Familien der Zeit: den Kennedys und den Onassis'. Die Existenz der Fotos war jedoch jedem bekannt und zahlreiche Magazine veröffentlichten Fotomontagen, in dem sie Jackies Kopf auf einen anderen nackten Frauenkörper setzten.
Die Originalbilder erschienen im Dezember 1972 in dem italienischen Magazin "Playmen", die italienische Konkurrenz des "Playboy", und mit drei Jahren Verspätung im amerikanischen Magazin "Hustler".
Auch ihren zweiten Ehemann überlebte Jackie, Aristoteles Onassis starb 1975. In der Folgezeit begann Jackie eine neue Karriere als Verlegerin bei Viking Press in New York City. Dort starb sie 1994 im Alter von 65 Jahren.