Die avantgardistische Künstlerin Hilla von Rebay war Teil des STURM, bevor sie sich als Gründungsdirektorin der Solomon R. Guggenheim Foundation in New York größeren Aufgaben widmete.
Dass ein Maler bisweilen auch die Leitung eines Museums innehat, dürfte Frankfurtern bekannt sein. So war der Frankfurter Kunsthistoriker Johann David Passavant (1787-1861) zunächst Maler, bevor er 1840 zum Inspektor des Städelschen Kunstinstituts ernannt wurde. Einen ähnlichen Werdegang hatte Hilla von Rebay, die bis zu ihrem Lebensende ein beachtenswertes künstlerisches Oeuvre schuf.
Als Hildegard Anna Augusta Elisabeth Baronin Rebay von Ehrenwiesen wurde Hilla von Rebay am 31. Mai 1890 in Straßburg geboren. Sie war von 1937-1952 Gründungsdirektorin der Solomon R. Guggenheim Foundation in New York und sorgte für den Siegeszug der gegenstandslosen Malerei im 20. Jahrhundert.
Ein radikal neuer Lehransatz
1908 schrieb sich Hilla von Rebay an der Kölner Kunstgewerbeschule ein, zog 1909 nach Paris, wo sie an der Académie Julian Malerei studierte und ging 1910 nach München an die reformorientierte Debschitz-Schule. Hier trennte man weder die Klassen nach Geschlechtern, noch die Kunst in Angewandte oder Bildende, was ein radikal neuer Lehransatz war. Ab 1912 stellte sie ihre Werke aus. 1915 lernte sie den wie sie aus dem Elsass stammenden Künstler Hans Arp kennen, mit dem sie zwei Jahre lang eine platonische Liebesbeziehung führte, und der sie mit den Arbeiten von Wassily Kandinsky, Franz Marc, Paul Klee, Marc Chagall und Rudolf Bauer vertraut machte.
Im Winter 1916-1917 lernte Rebay den Berliner Galeristen Herwarth Walden kennen. Bereits im Sommer 1917 nimmt sie an der 53. STURM-Ausstellung teil. Neben einer Reihe von Zeichnungen zeigte sie das Gemälde „Komposition I“ – eine ganz eigene, verdichtete gegenstandslose Arbeit, die hauptsächlich in Rot und Grün gehalten ist. „Musik zu malen“ war ein Anliegen der Malerin. Hiervon kündet der Rhythmus der geschwungenen Formen, sowie das Vor- und Rückklingen der einzelnen Bildelemente.
Rebay startet einen Neuanfang in New York
Als einzige Frau unter 170 Künstlern wurde Hilla von Rebay 1919 Mitglied der Novembergruppe und gründete 1923 mit Otto Nebel und Rudolf Bauer die Künstlervereinigung „Der Krater“.
1919 stellt Hilla von Rebay ein weiteres Mal in der Galerie DER STURM aus und beginnt mit dem Maler Rudolf Bauer, der dort als Ausstellungssekretär arbeitete, eine unglückliche Liebesbeziehung. So musste sie ihn, besonders nach 1921, als er aufgrund finanzieller Unstimmigkeiten bei Herwarth Walden kündigte, finanzieren, und ließ es sich ferner gefallen, dass Bauer abschätzig über ihre Kunst redete. 1925 gelingt ihr endlich die Trennung und schließlich zieht die deutsche Avantgardekünstlerin 1927 nach New York um einen Neuanfang zu wagen.
Kunstwerke in weihevoller Umgebung
Zunächst fertigte sie Collagen und arbeitete als Porträtmalerin. 1928 porträtierte sie Solomon R. Guggenheim und begeisterte ihn für die europäische Avantgarde. Hilla von Rebay unterstützte Guggenheim beim Aufbau seiner bemerkenswerten Sammlung und verschaffte 1943 dem Architekten Frank Lloyd Wright den Auftrag zu seinem bekanntesten Bauwerk, dem 1959 eröffneten Guggenheim Museum in New York.
Hilla von Rebay propagierte eine gegenstandslose Kunst, die allein in der inneren Welt des Künstlers entsteht, nicht jedoch abstrakt ist, und von der sichtbaren Welt abstrahiert. Eine Schlüssellektüre sollte für sie Wassily Kandinskys bahnbrechende Schrift „Über das Geistige in der Kunst“ von 1911 sein. Wie Kandinsky hatte Rebay eine quasi-religiöse Kunstauffassung und präsentierte als Leiterin des 1939 gegründeten Museum of Non-Objective Painting, des Museums für gegenstandslose Malerei, wie das Guggenheim Museum damals hieß, die Kunstwerke in weihevoller Umgebung, mit schweren Stoffen an der Wand, während über mehrere Lautsprecher klassische Musik von Bach und Chopin ertönte und Weihrauch in der Luft lag.
1936, als ihr Berliner Galerist bereist nach Moskau emigriert war, schrieb Hilla von Rebay:
Die gegenstandslosen Bilder sind der Schlüssel zu einer Welt der immateriellen Erhabenheit. Wenn man die Menschheit lehrt, geistige Werte zu respektieren und zu schätzen, wird man die Nationen beständiger vereinen als jeder Völkerbund.
Kunst als Mittel der Völkerverständigung? Eine schöne Idee, die, denkt man an die Furcht, die viele Diktatoren und Tyrannen vor den Künsten haben, vielleicht gar nicht so naiv ist, wie es zunächst erscheint.