Die britische Künstlerin Heather Phillipson verwandelt die frei zugängliche SCHIRN-Rotunde in einen surrealen physisch-digitalen Raum
Ab dem 20. November 2015 wird mit einer Installation in der frei zugänglichen Rotunde der Schirn Kunsthalle Frankfurt die britische Künstlerin Heather Phillipson erstmals in Deutschland präsentiert. Das multimediale Werk widmet sich dem Herzen – als Motiv, Metapher und vor allem als biologischem Imperativ.
„EAT HERE“ umfasst Objekte, Sound und Film: Der Boden der Rotunde ist mit einem dicken roten Stoffteppich bedeckt, in dessen Zentrum sich eine rotierende Plattform befindet, auf der eine überdimensionale Styroporskulptur in Form eines Fußes installiert ist. Von erhöhten Aussichtspunkten, die über Treppen betreten werden können, sieht der Besucher auf zwei von einem quer gespannten Seil gehaltene Leinwände. Darauf wird in einer Endlosschleife Phillipsons Videoarbeit „Commiserations“ (2015, 15 Min.) projiziert, in der unter anderem klischeehafte Bilder des Herzens gezeigt werden, das als Symbol und vermeintlicher Ort menschlicher Gefühle gilt.
Ergänzt wird die Installation durch von der Künstlerin gezeichnete Spermien, Blitze und Augen, die ähnlich einem Mobile von der Decke herabhängen, sowie von Tennisschlägern und -bällen, Wärmflaschen, gefüllten Abfallsäcken und Regenschirmen, die an roten Gummischnüren befestigt unter dem Dach schweben. Zweidimensionale, auf Holzplatten aufgetragene Walfische flankieren die Eingänge der Rotunde. Diese verwandelt sich durch Phillipsons Installation in einen surrealen, alle Sinne ansprechenden Raum, der an ein überbordendes, mit visuellen und akustischen Effekten aufgeladenes Gebäude erinnert. Dieses gliedert sich in Etagen, die als Nachbildung des menschlichen Körpers gelesen werden können: Das Erdgeschoss ist der Fuß, auf den beiden Leinwänden darüber pocht das zentrale Herz.
In Heather Phillipsons Arbeiten spielt das Medium Video eine zentrale Rolle, das sie zusammen mit Fotografien, Objekten, Sound und Stimme zu Installationen ausweitet, um damit mehrere Sinne gleichzeitig anzusprechen. Als vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin setzt Phillipson zudem die Sprache gegen die vermeintlich überwältigende Macht und Komplexität digitaler Bilder ein. Das poetische Zusammenspiel von Sprache und Bild ergibt einen neuen Blick auf die Dinge, die uns täglich umgeben und unseren Alltag beeinflussen. Phillipsons Gebrauch von Informationen aus dem Internet und am Computer modifizierten Bildern aus dem realen Leben verwischt die Unterscheidung von Wirklichkeit und Fiktion und setzt ganz auf die Möglichkeit der Konstruktion von Realität mithilfe der Fantasie.
Indem sich Bild, Sound und Text nicht sofort erfassbar aufeinander beziehen und es keinen offensichtlichen Erzählstrang gibt, steigert die Künstlerin die so entstehenden zeitgenössischen Camouflagen einer analogen und virtuellen Realität ins Absurde. Markant sind die visuell ansprechenden Welten, die sie in ihrer Kunst kreiert: sichtbar montierte Collagen aus heterogenen Dingen. Dem Rezipienten begegnet eine Vielzahl kultureller Referenzen aus der wirklichen und der digitalen Welt. Phillipson sucht nach der maximalen Spannung zwischen den Dingen, um eine Dynamik zu entwickeln, und bricht dabei etablierte Ordnungsschemata auf.
Die Künstlerin und Schriftstellerin Heather Phillipson (geboren 1978, London) lebt und arbeitet in London.