Unzählige Filme drehen sich um Monster und ähnliche Kreaturen. Nicht umsonst haben die fantastischen Geschöpfe immer wieder künstlerische und technische Experimente der Filmgestaltung angestoßen. Wir zeigen eine Auswahl der schönsten Monster im Film!
Monster sind ein schaurig-schöner Gegenentwurf zum Menschen – und zu dem, was er gerade nicht sein oder nicht sehen möchte. Monster verkörpern Angst und können ihrerseits angsteinflößend sein. Oder sie sind ganz reizend, albern, wunderschön. Die Abgrenzung zu Gespenstern, Aliens oder wildgewordenen Riesentieren ist nicht immer ganz leicht und oft fließend. Nicht zuletzt haben die fantastischen Kreaturen immer wieder künstlerische und technische Experimente der Filmgestaltung angestoßen. Und die besten Monster sind auch im Film oft noch immer jene, die analog in die Welt gebracht wurden – ganz ähnlich zu denen von Monster Chetwynd.
DER GOLEM
„Der Golem, wie er in die Welt kam“ ist ein expressionistischer Film von Paul Wegener und Carl Boese aus dem Jahr 1920. Der Klassiker des deutschen Stummfilms widmet sich der gleichnamigen Figur aus der jüdischen Mythologie, die sich als eine Art Empowerment-Fantasie durch Jahrhunderte erfahrener Gewalt und Repressionen zieht: Im Prag des 16. Jahrhunderts erkennt Rabbi Löw, dass dem jüdischen Ghetto großes Unglück droht. Tatsächlich verkündet der Kaiser, alle Jüdinnen und Juden hätten die Stadt zu verlassen. Löw bittet den Golem, ein Wesen aus Lehm mit übermenschlichen Kräften, um Hilfe – und tatsächlich kann dieser das antisemitische Dekret noch abwenden helfen. Der Film ist nicht zuletzt ob seiner bildnerischen Gestaltung mit Filmarchitekturen von u. a. Hans Poelzig einzigartig und sorgte seinerzeit für monatelang ausverkaufte Kinosäle, auch in den USA und sogar China.
NESSIE
Nessie, Bewohnerin von Loch Ness, ist bis heute gut für Tourismus, private Schauererzählungen und Zeitungsartikel, in denen aktuelle Sichtungen verbreitet werden. Und bis heute inspiriert das schottische Monster beziehungsweise Seeungeheuer Filme- und Serienproduktionen, darunter Begegnungen mit Sherlock Holmes und Scooby-Doo bis zu seichten Liebeskomödien. Aktuell ist gar eine neue Serie in Planung, die 2025 veröffentlicht werden soll.
Die erste Verfilmung geht auf das Jahr 1959 zurück: Ein Sci-Fi-Klassiker, der nebenbei der damals virulenten Atomangst eine Form bietet, insgesamt aber gemischte Kritiken erhielt. Dabei stellt „Das Ungeheuer von Loch Ness“ (engl.: The Giant Behemoth) in erster Linie eine Neuverfilmung eines noch früheren Ungeheuerfilms dar, nämlich „Panik in New York“ (engl.: The Beast from 20.000 Fathoms) aus 1953 von Eugène Lourié. Das Monster aus den Untiefen des Meeres wurde hier mittels Stop-Motion-Animation von Trickfilm-Pionier Ray Harryhausen mit damals neuester Splitscreen-Technik zum Leben erweckt.
KATZENMENSCHEN
Folgt man dem Filmkritiker Georg Seeßlen, so thematisierten Monsterfilme „phantastische Projektionen psychischen Leidens und unterdrückter Leidenschaft“, die sich in „archaischen Vorstellungen […] Gestalt verschaffen“. Dem folgend wäre Jacques Tourneurs in neuerer Zeit zum Klassiker avancierter Horror-Film „Katzenmenschen“ von 1942 geradezu ein Paradebeispiel des Genres. In diesem geht eine aus Serbien stammende Frau in New York an einem alten Aberglauben zugrunde, demnach sie sich in eine Raubkatze verwandelt, sollte sie ihrer sexuellen Leidenschaft nachgeben. Ganz im Sinne einer mythologischen Tragödie verursacht die Angst vor dem (erotischen) Kontrollverlust im Film erst ebendiesen: In der Metamorphose des eigenen Körpers bricht sich das Verdrängte schließlich gewaltvoll Bahn.
GODZILLA
1954 erblickte zum ersten Mal Godzilla, „King of the Monsters“, wie es seinerzeit in Werbekampagnen hieß, das Licht der Welt. In der japanischen Filmproduktion (Originaltitel: Gojira) wird das prähistorische Riesenwesen, das in den Tiefen der Meere lebt, durch Atomwaffentests erweckt und verwüstet anschließend die japanische Küstenregion. Filmproduzent Tomoyuki Tanaka wollte explizit ein Monster erschaffen, das das japanische Trauma des Atomwaffeneinsatzes in Hiroshima und Nagasaki thematisieren sollte: „The theme of the film, from the beginning, was the terror of the bomb.“ Regisseur Ishirō Honda kreierte das Monster samt seines tödlichen Atom-Atems mit seinerzeit aufwendigen Trickanimationen und rief eine Filmreihe ins Leben, die auch 70 Jahre später fortwirkt, zuletzt 2021 mit „Godzilla vs. Kong“. Der Symbolgehalt der Figur Godzilla änderte sich indes über die Jahre immer wieder; ab den 1970er Jahren wandelte sich das Riesenmonster gar zu einem Helden und erhielt 2004 schließlich einen eigenen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame.
GREMLINS
Eine andere Spielart des Monster-Films stellt die 1984 erschienene schwarze Horror-Komödie „Gremlins“ dar: In einem Antiquitätenladen in Chinatown findet ein Vater ein pelziges, kleines Wesen, einen sogenannten Gremlin, in dem er das perfekte Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn zu erkennen meint. Der Verkäufer gibt dem glücklichen Mann noch einige Regeln zur Haltung des Lebewesens mit, die im weiteren Verlauf des Films natürlich alle missachtet werden und so aus dem süßen kleinen Gremlin eine Horde von bösartigen Monstern werden lassen, die den Menschen nach dem Leben trachten. In „Gremlins“ finden wir die Wiederkehr des Monsters in der ganz alltäglichen amerikanischen Suburbia, in der sich das Magische in Zeiten des Konsumterrors in eine schelmische, bösartige Retourkutsche verwandelt und die bürgerliche Vorstadtwelt auf den Kopf stellt.
FRANKENSTEINS MONSTER
Eines der bekanntesten Filmmonster der Welt geht auf Mary Shelleys Roman „Frankenstein“ zurück, der 1818 veröffentlicht wurde. Es ist die Geschichte des Ingolstädter Forschers Victor Frankenstein, der aus unbelebter Materie mittels neuester wissenschaftlicher Methoden eine lebendige Kreatur erschafft. 2,40 Meter groß und schaurig-schön anzusehen, nicht ganz Mensch, nicht ganz Monster, hadert das Wesen aus dem Labor mit seinem eigenen Status und findet keinen rechten Anschluss in der menschlichen Welt. Wenngleich Mary Shelleys Romanprotagonist noch mehr Tiefgang und Nuancen als seine filmischen Pendants besaß (so konnte es sich sehr gut artikulieren), vermitteln auch die Verfilmungen mit ihren diversen Fortsetzungen ein dystopisch-ambivalentes Bild wissenschaftlicher Möglichkeiten mitsamt ihrem Rattenschwanz an philosophischen Dilemmata. Das eigentliche Problem wird hier nicht im Monster selbst, sondern im Menschen verortet. Auf ein aktualisiertes AI-Pendant von Shelleys visionärer Monstererzählung wartet man bisher vergeblich.
A QUIET PLACE
Ungenannte Monster haben die Erde in einen stummen Ort verwandelt und alles menschliche Treiben zum Erliegen gebracht. Den Monstern, die nichts sehen, aber umso besser hören können und auf alles, was Töne produziert, erbarmungslos Jagd machen, konnte sich die Familie Abbott auf einer kleinen Farm in Upstate New York entziehen – auch dank Gebärdensprache, die sie aufgrund ihrer gehörlosen Tochter beherrschen. Doch bei einem Versorgungsgang läuft unverhofft alles schief und stellt die Familie emotional vor eine Zerreißprobe. Raffiniertes Sounddesign ersetzt in John Krasinskis Film die Bilderschlachten anderer Monsterfilme. Und auch sonst setzt „A Quiet Place“ eher auf intime Betrachtungen von Familiendynamiken denn auf knallige Archetypen-Psychologie, deren kathartische Auflösung erst durch die Monsterbedrohung überhaupt möglich wird.
SCHLEIM & GLIBBER
„He slimed me,“ kommentiert Bill Murray lakonisch die Begegnung mit einem jener Schleimgeistern, die in New York ihr Unwesen treiben. Als Mitglied der Ghostbusters heftet er sich den leuchtend grün floureszierenden Wesen auf die Fersen. Der gleichnamige Film aus dem Jahr 1984 bietet eine ganze Riege solcher familienfreundlicher Monster, die wabern und schleimen, keinen wirklichen Horror verbreiten, aber trotzdem nicht ganz geheuer bleiben. Deutlich gruseliger und ebenfalls grün ist „Das Ding aus dem Sumpf“ (engl.: The Swamp Thing) vom späteren Horrorfilm-Erfolgsregisseur Wes Craven, das in den Sümpfen Louisianas sein Unwesen treibt. Es geht zurück auf die gleichnamige Figur aus den DC Comics. Auch hier verbirgt die äußerlich furchteinflößende Kreatur ein ausgesprochen menschliches Wesen. Wie knifflig die Sache wird, sobald das fremde Gegenüber keinerlei Ähnlichkeit mehr mit einem Säugetier hat, zeigt anschaulich „Blob – Schrecken ohne Namen“ (engl.: The Blob) von Irvin S. Yeaworth Junior: Eine gallertartige Substanz stellt sich als unbeherrschbares Glibbermonster aus dem All heraus, das Unheil über eine kleine Gemeinde bringt. Bekannter ist die Neuverfilmung aus 1988 von Chuck Russell.
DER TOKOLOSHE
Keineswegs ambivalent ist dieses monströse Wesen: In der Zulu-Mythologie stellt der Tokoloshe einen zwergenartigen Wassergeist dar, der sich unsichtbar machen kann und ausschließlich Böses im Schilde führt. Dem südafrikanischen Regisseur und Co-Drehbuchautor Jerome Pikwane diente die Figur als Kern seines gleichnamigen Films aus dem Jahr 2018 um die Protagonistin Busi. In einem runtergekommenen Krankenhaus versucht sie sich als Putzfrau, im untauglichen Versuch, der eigenen Vergangenheit zu entfliehen. Erst der Einsatz für ein junges Mädchen, das sich besessen fühlt, schafft Hoffnung auf Erlösung. Der Tokoloshe wird zur Verkörperung verdrängter Traumata – und wie man das aus einem guten Monsterfilm kennt, folgt er denen, die an ihn glauben, auf Schritt und Tritt.