Humorvoll, direkt, interaktiv – und mehr: Bis zum 29. Mai zeigt die SCHIRN in ihrer öffentlichen Rotunde mit „A CAT IS NOT A DOG“ eine ortsspezifische Installation von Monster Chetwynd. Aus diesen fünf Gründen lohnt sich der Besuch.
1. Die Kunst tritt in direkte Interaktion mit den Besucher*innen
Bekannt wurde die britische Performance- und Installationskünstlerin Monster Chetwynd (*1973) vor allem mit ihren überschwänglichen und humorvollen Performances, bei denen sie handgefertigte Kostüme, Requisiten und Kulissen nutzt. Die meist improvisierten Auftritte realisiert sie gemeinsam mit Laiendarsteller*innen und Freund*innen. In der Rotunde der SCHIRN integriert Chetwynd das Publikum jetzt auf ähnliche Weise: Indem sie die Besucher*innen durch die überdimensionalen Mäuler ihrer „Heads" in die Rotunde treten lässt, werden sie direkt zum Bestandteil der Kunst.
Dr. Sebastian Baden, Direktor der SCHIRN, betont:
Mit ihrer Installation in der Schirn bezieht Chetwynd das Publikum direkt ein […]. Ihre Kunst ist unmittelbar und in diesem Sinne auch als ein einladendes und demokratisches Statement zu verstehen.
2. Katzen, Popkultur und ikonische Momente der Kunst
Chetwynd zieht ihre Inspiration aus den unterschiedlichsten Quellen; Film und Fernsehen, Literatur, Antike, Kunstgeschichte und Philosophie – bis hin zum Musical. Mit dem humorvollen Titel der Rotundenausstellung zitiert sie eine lapidare Feststellung im populären Musical „Cats“ und spielt auch auf den gleichnamigen Kinofilm von 2019 sowie die Kritik daran an, etwa in der lustigen Dokumentation „Why is Cats“. Gleichzeitig mixt die Künstlerin das Zeitgenössische aber auch ungezwungen mit Motiven, die eine lange Tradition in der Kunstgeschichte haben: Die drei Monumentalskulpturen in der Runde verweisen auf das christliche Motiv des „Höllenschlundes“, das Tor zur Hölle. Als Durch- oder Eingang ist das Motiv beispielsweise schon im „Sacro Bosco“ bei Bomarzo, einem italienischen Skulpturengarten aus dem 16. Jahrhundert, und später auch im toskanischen „Tarotgarten“ der Künstlerin Niki de Saint Phalle abgewandelt worden. Heute findet man die weit geöffneten Münder noch immer häufig in Vergnügungsparks.
3. Für Chetwynd ist Nachhaltigkeit essenziell
Die drei Monumentalskulpturen, die Chetwynd in der Rotunde präsentiert, sind sozusagen recycelt: Wie die Datierungen der Werke „Il Tetto“ (2017), „Hell Mouth 3“ (2019) und „Cat Head and Toxic Garden“ (2022) schon zeigen, werden bereits bestehende Figuren Skulpturen in der Schirn in neuer, ortspezifisch komponierter Form erlebbar gemacht. Die Veränderungen, welche die einfachen Materialien wie Stoff, Papier oder Pappmaché im Prozess des Ab- und Umbaus erfahren, sind für Chetwynd wesentlicher Bestandteil ihrer Kunst. So kritisiert sie die Konsumgesellschaft, widerspricht der traditionellen Vorstellung, dass Kunstobjekte zwangsläufig Unikate sein müssen und gibt ihren Arbeiten stattdessen die Möglichkeit, sich formal weiterzuentwickeln.
4. Humor als Mittel zur gesellschaftlichen Veränderung
Typisch für Chetwynds Kunst – für die sie als erste Performance-Künstlerin überhaupt 2012 für den Turner-Preis nominiert war – ist das Element des Humors. Ihre Auftritte werden als überschwänglich, absurd, lebenslustig beschrieben. Sie selbst hat einmal Dionysos, den griechischen Gott des Weins und der Extase, als ihr Vorbild genannt. Dieses Prinzip macht Chetwynds Kunst nahbar, platziert sie mitten im Leben der Menschen, die darüber stolpern und regt sie zum Nachdenken an, indem Bekanntes subversiv mit irritierenden Elementen verknüpft wird.
Die Kuratorin der Ausstellung, Katharina Dohm, erläutert: „Monster Chetwynd bricht in einer äußerst originellen und humorvollen Art und Weise mit den Traditionen und Konventionen der Kunstwelt. Bereits mit dem wiederholten Wechsel ihres Künstlernamens hinterfragt sie Gender und die Relevanz von Autorschaft oder Signatur. […] Unverkrampft unterwandert Chetwynd Vorstellungen von Wert und Beständigkeit und lässt subversiv das Publikum Bekanntes in einem alternativen Licht wahrnehmen.“
5. Die öffentliche Rotunde wird zur magischen Parallelwelt
Die Rotunde gehört zur SCHIRN und ist gleichzeitig eine öffentlich zugängliche Passage zwischen Römer und Dom. Viele Besucher*innen passieren diesen Weg. Damit ist die Architektur auf besondere Weise Eingangstor und Durchgang zugleich. Chetwynd unterstreicht diese Funktion spielerisch, indem sie die Menschen durch die Mundräume in den mit einer Glaskuppel überdachten Innenraum der Rotunde lotst. So, wie die Rotunde als Außen- und Ausstellungsraum existiert, markiert nämlich auch der Mund als Wahrnehmungs-, Sprach- und Metabolismusorgan eine Übergangszone zwischen Innen und Außen, Mensch und Welt. Beim Durchschreiten der Münder lässt man letztlich die reale Welt hinter sich und betritt einen künstlichen, bühnenartigen und vielleicht sogar magischen Raum, in dem die Regeln des Alltags keine Gültigkeit mehr besitzen.