In der Ausstellung LIFE TIME des Schweizer Künstlers Ugo Rondinone sind die Kinder die Stars. Sie haben Tausende Bilder vom Mond gemalt, die nun in der SCHIRN zu sehen sind.
Es ist heiß an diesem Nachmittag, ein Stimmengewirr liegt in der Luft, aufgeregte Kinder rutschen unruhig auf ihren Stühlen hin und her, ein großes Hallo. Alle warten im Foyer der SCHIRN freudig auf eine Person: Ugo Rondinone. Der Schweizer Künstler hat die Kinder gemeinsam mit der SCHIRN in seine neue Ausstellung LIFE TIME eingeladen. Noch vor der offiziellen Eröffnung am Abend dürfen sie die Schau als Erste sehen. Denn gezeigt werden dort nicht nur Werke des international so bekannten Gegenwartskünstlers, sondern auch die Zeichnungen der Kinder, die an diesem Tag in der SCHIRN zusammengekommen sind.
Bis zum 1. Juni 2022 wurden für die große Mitmach-Aktion SCHIRN STARS über 5200 Bilder eingereicht – von Kindern im Alter zwischen 6 und 12 Jahren. Sie sind dem Aufruf Rondinones gefolgt und haben Bilder vom Mond gemalt: eigenständig zu Hause, in den so genannten Sternstunden, an Kinderkunstwochenenden oder an der Malstation in der SCHIRN. All diese Kunstwerke bilden nun gemeinsam als Installation mit dem Titel „your age and my age and the age of the moon“ (mein Alter und dein Alter und das Alter des Mondes) den weltweit größten Nachthimmel. Vom 24. Juni bis 18. September sind sie als Teil der Ausstellung LIFE TIME in den Rotundenumgängen der SCHIRN zu sehen.
Mehr als 5200 Bilder
Mehr als hundert Schulen haben gleich mit mehreren Schulklassen an dem Projekt teilgenommen. Lina und Mara sind 9 und 7 Jahre alt und gehen auf die Eichwäldchen Schule in Oberursel. Sie haben ihre Werke im Kunstunterricht gemalt. „Das hat viel Spaß gemacht“, meinen sie. „Ich habe den Vollmond gemalt, da drauf sind braune Flecken, weil der Mond hat ja auch Krater“, sagt Lina. Mara hat sich dagegen für einen Halbmond mit Sternen und Bäumen entschieden. Vor der Nacht fürchten sich die beiden gar nicht, sie haben sogar schon mal eine Nachtwanderung gemacht.
Ich habe den Vollmond gemalt, da drauf sind braune Flecken, weil der Mond hat ja auch Krater
Time für Stars
Doch nicht nur aus Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet kamen Einsendungen in der SCHIRN an. Aus ganz Deutschland darunter Berlin, Bremen, Trier, Augsburg oder Saarbrücken haben Kinder an der Aktion teilgenommen. Sogar im Ausland, in Zürich und Bern, aber auch in Houilles in Frankreich oder Sjenica in Serbien wurden Mondbilder gefertigt. Das Projekt war so erfolgreich, dass der Platz in der SCHIRN zur Präsentation aller Bilder nicht ausgereicht hat. Daher überlegt der Künstler nun ein Buch mit allen eingereichten Zeichnungen zu produzieren, wie er unter großem Beifall verkündet.
Den Mond wollte ich gerne rund malen und da habe ich dafür einen Teller genommen
In den Rotundenumgängen der SCHIRN herrscht nun großes Gedränge. Alle wollen so schnell wie möglich ihr Kunstwerk und ihren Namen an den großen Türen entdecken. Denn wie es sich gehört, werden alle jungen Künstler*innen namentlich genannt. Es ist ein eindrucksvolles Bild, das sich ihnen beim Eintreten eröffnet: Auf schwarz gestrichenen Wänden prangen vom Boden bis zur Decke eng an eng auf schwarzem Karton unzählige Monde und Sterne. Die 7-jährige Frida hat ihr Bild gerade gefunden und ist ganz stolz: „Den Mond wollte ich gerne rund malen und da habe ich dafür einen Teller genommen und dann noch Sterne dazu gemalt, weil das Weltall ja auch Sterne hat“. Carla (11) hat ihr Bild dagegen noch nicht gefunden. Aber Spaß gemacht hat ihr das Malen auf jeden Fall, berichtet sie: „Ich wollte unbedingt mitmachen“.
Für Rondinone steht der Mond für Träumereien, Sehnsucht und die kosmische Weite des Universums. Im Gesamtwerk des Künstlers nimmt er als wiederkehrendes Motiv eine besondere Stellung ein. Doch die Kinder haben nicht nur Monde und Sterne gemalt. So erzählt Carl (7) von seinem Bild, das ein rotes Haus und eine Wiese mit Bäumen unter dem Vollmondhimmel zeigt. Sein Zwillingsbruder Julius (7) hat auch Bäume gemalt und Sternschnuppen und Ufos und eine Rakete: „Weil ich mir gedacht habe, ich stelle mir Ufos im Weltall vor und auch Sternschnuppen und unten auf der Erde Bäume“. Das ist ganz im Sinne Rondinones, verleiht er doch mit seiner Kunst alltäglichen Dingen und Phänomenen wie einem Baum, einer Uhr, einer Sonne oder einem Regenbogen eine neue poetische Dimension.
Am liebsten würde ich direkt hinter der Tür wohnen, dann könnte ich jeden Morgen die Bilder anschauen
Mehr als Mond und Sterne
So kommt es auch, dass Rondinone in der Rotunde, für alle öffentlich zugänglich, sein Kunstwerk „flower moon“, den weiß-silbernen Abguss eines 2000 Jahre alten Olivenbaums, platziert hat. Um diese 6 Meter hohe Skulptur sind an diesem Nachmittag bunte Papphocker aufgestellt, die jungen „Stars“ bekommen hier noch etwas zu trinken und zu essen bevor sie wieder nach Hause gehen. Doch sie können jederzeit wiederkommen, denn alle Kinder bis 12 Jahren haben freien Eintritt in die Ausstellung, um sich jederzeit die Werke anzuschauen. Henrik (7) hat da aber noch eine bessere Idee: „Am liebsten würde ich direkt hinter der Tür wohnen, dann könnte ich jeden Morgen die Bilder anschauen“, meint er.