Mit Amna Elhassans „Deconstructed Bodies – In Search of Home“ zeigt die SCHIRN in der Rotunde bis zum 12. Februar eine Hommage an die Demokratiebewegung im Sudan – und das ist nur der erste Grund, weshalb sich der Ausstellungsbesuch lohnt.

1. Die Ausstellung öffnet den Blick für die Demokratiebewegung im Sudan

Die Arbeitsweise der Künstlerin Amna Elhassan (*1988) hat mit der sudanesischen Revolution 2018/2019 eine nachhaltige Wendung erfahren. Mit ihren Gemälden und Drucken porträtiert sie die soziopolitischen Veränderungen und den kulturellen Widerstand im Sudan. In dem großformatigen Panoramagemälde „December“ (2022) in der Schirn Rotunde verarbeitet Elhassan die Zerschlagung der Demokratiebewegung im Sudan und nimmt Bezug auf das Massaker von Khartum am 3. Juni 2019. Mit diesem beendeten Regierungstruppen gewaltsam die friedliche Dezember-Revolution, die mit landesweiten Protesten und einer dreimonatigen Besetzung des Platzes vor dem Militärhauptquartier in Khartum zum Sturz der 30-jährigen Diktatur des ehemaligen Präsidenten Omar al-Bashir geführt hatte. 

Dr. Sebas­tian Baden, Direk­tor der Schirn Kunst­halle Frank­furt, betont: 

Mit ihrem ortsspezifischen Panoramagemälde setzt Elhassan in der Rotunde der Schirn ein Zeichen für Courage und den Einsatz für eine lebendige Demokratie.

Dr. Sebastian Baden
Installationsansicht: Amna Elhassan, December, 2022, Foto: Norbert Miguletz
2. Elhassan setzt ein Denkmal für die Opfer des Massakers von Khartum

Während des Massakers wurden Frauen geschändet, viele Leichen der Opfer von den Angreifenden in das Wasser des Nils geworfen. Elhassans Gemälde thematisiert den Nil als Fluss des Lebens und des Todes und widersetzt sich der Annahme, dass der Tod das Ende von Träumen und Ambitionen eines Menschen bedeutet. Die drei dargestellten Frauen repräsentieren die Opfer der sudanesischen Revolution. Zudem bindet Elhassan arabische Schriftzüge ein. Diese nehmen Bezug auf Graffitis im öffentlichen Raum, die in der Widerstandsbewegung nicht nur verwendet werden, um politische Forderungen zu kommunizieren oder über Termine und Orte von Demonstrationen zu informieren, sondern auch, um der Opfer ehrend zu gedenken.

Installationsansicht: Amna Elhassan, December, 2022, Foto: Norbert Miguletz
3. Die Schau zelebriert Female Empowerment made in Sudan

Das zentrale Thema von Amna Elhassans Werkauswahl für die Schirn ist der Status der Frauen im Sudan sowie die Wahrnehmung ihrer Körper durch die Gesellschaft. Im inneren Rotunden-Umgang im ersten Obergeschoss der Schirn zeigt die Künstlerin eine Auswahl von Alltagsszenen sowie Porträts sudanesischer Frauen, deren Stärke und Widerstandsfähigkeit im politischen und gesellschaftlichen Umbruch die Künstlerin mit ihrer Arbeit zelebriert.

Amna Elhassan, Teedame, 2020
Amna Elhassan, Waschtag, 2021
4. Neue Werke sind erstmals auch im raumgreifenden Format zu sehen

Typisch für Elhassans Malweise sind das Experimentieren mit unterschiedlichen Techniken, darunter analoge und digitale Zeichentechniken, Öl-, Acryl- und Sprühfarben, sowie das Arbeiten in Schichten auf Leinwand und Papier. „December“ (2022) ist die erste großformatige Wandmalerei der Künstlerin und wurde spezifisch für die Rotunde der Schirn konzipiert und realisiert. Zudem zeigt Elhassan im inneren Rotunden-Umgang im ersten Obergeschoss über 20 Gemälde und Drucke, die seit 2019 entstanden sind, einige davon eigens für die Ausstellung. Elhassan erweitert in der Schirn den Bildraum der Gemälde über die Leinwand hinaus und schreibt die Werke damit in den Ausstellungsraum ein.

Die Kuratorin der Ausstellung, Larissa-Diana Fuhrmann, erläutert die Arbeitsweise der Künstlerin: „Charakteristisch für die Werke von Amna Elhassan ist die Arbeit in Ebenen. Schicht um Schicht bringt sie ihre Motive auf Leinwand und Papier, und in der Schirn nun erstmals auch ins raumgreifende Format. Mit dieser Vielschichtigkeit legt die Künstlerin die komplexe Realität im Sudan und den Kampf um Emanzipation und Befreiung offen. Durch die Einbeziehung von Graffiti und die Erweiterung der Gemälde in den Ausstellungsraum verschränkt Elhassan die Proteste auf der Straße direkt mit dem musealen Raum der Schirn.“

Ausstellungsansicht: Amna Elhassan, Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2022, Foto: Norbert Miguletz
5. Der Zugang zur Ausstellung ist kostenfrei

Die Rotunde der Schirn kann als Hybrid zwischen öffentlichem und institutionellem Raum verstanden werden, der von Amna Elhassan sowohl außen als auch innen bespielt wird. Dabei greift Amna Elhassan Aspekte der sudanesischen Graffitikultur auf. Diese ist ebenso wie ihre Ausstellung für alle Menschen gleichermaßen frei zugänglich und erlaubt der Künstlerin, den Raum der Schirn analog zu den Graffitis im Sudan als Kommunikationsmittel im Kontext der sudanesischen Demokratiebewegung zu nutzen.

Detail: Amna Elhassan, December, 2022, Foto: Norbert Miguletz

AMNA ELHASSAN. DECONSTRUCTED BODIES – IN SEARCH OF HOME

4. November 2022 – 12. Februar 2023

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