Glänzend, glitzernd, grandios: Seit der Antike fasziniert Gold die Menschheit. Besonders in Wien zieht es sich durch die Stadt- und Kunstgeschichte.
Der Bildhauer Bruno Gironcoli reiht sich ein in die Riege höchstklassiger Bildhauer, Architekten und Maler, die in Wien ihre goldenen Spuren hinterließen. Für Adolf Loos, den Verfasser der Schrift „Ornament und Verbrechen“ (1908), war es sicher nur schwer zu ertragen, durch das ornamentverliebte Wien der Jahrhundertwende zu flanieren.
Auf der fast fünfeinhalb Kilometer langen Ringstraße präsentieren sich die prächtigsten Bauten der österreichischen Hauptstadt, die Kaiser Franz-Joseph I. Mitte des 19. Jahrhunderts in Auftrag gegeben hatte. Ein Schnörkel hier, eine Vergoldung dort. Historische Bauformen und -typen wie der hellenistische Tempel wurden in die Gegenwart übersetzt, idealisiert und mit allerlei Zierrat geschmückt.
Der Hang zur dekorativen Fassadengestaltung durchzog auch die darauffolgenden Jahre, in denen die Wiener Secessionisten die Kunstwelt bestimmten. Neben dem Ausstellungsgebäude der Secession, von den Wienern – hoffentlich liebevoll – Krauthappel (=Kohlkopf) genannt, sind es vor allem die Wienzeilenhäuser von Otto Wagner, die mit vegetabilen goldenen Details aus der Hand von Koloman Moser ins Auge fallen. Das Multitalent gilt heute nicht nur als der erste Grafikdesigner überhaupt, Moser beherrschte zudem sämtliche Bereiche der angewandten Kunst und Malerei.
Sein Anspruch, jeden Aspekt des Lebens zu beeinflussen, spiegelt sich in der Idee des Gesamtkunstwerks, dem zentralen Bestreben der Secessionisten, wider. Bemerkenswert sind vor allem seine grafischen Arbeiten, die als Möbel- und Dekorstoffe in die Wohnzimmer des Wiener Großbürgertums einzogen. Seine Designs und Muster sind so zeitlos und vielgestaltig, dass sie auch heute noch gefragt sind. Doch denkt man an Wien und Gold, darf eine Person nicht fehlen: Gustav Klimt. Es sind vor allem die Bilder aus seiner Goldenen Periode, durch die der Sohn eines Graveurs und Goldschmieds weltbekannt wurde. Mit der Vergoldung des Hintergrunds eignete er sich eine Technik an, die in der Heiligen- und Ikonenmalerei Verwendung fand.
Bei ihm hingegen standen die Frauen im Mittelpunkt, die erotisch und unnahbar sakralisiert wurden. Durch die kühne Verwendung des Edelmetalls in Form von goldener Farbe und Blattgold, die flächig aufgetragen wurden und höchstens eine Andeutung von Räumlichkeit und Plastizität zulassen, wird die zeitlose Qualität der im Fokus stehenden neuen Wiener Frau unterstrichen.
Der Widerstand gegen die Statue regte sich schon bei der Aufstellung des Denkmals
Klimts Arbeiten zählen heute zu den begehrtesten der Welt. Das Bildnis der Adele Bloch-Bauer I (1907) wurde 2006 für eine Rekordsumme von 135 Millionen Dollar, dem bis dahin höchsten Preis, der je für ein Gemälde gezahlt wurde, von einem amerikanischen Unternehmer erworben. Fast 15 Jahre jünger als dieses Portrait ist das Johann Strauß-Denkmal von Edmund Hellmer und kommt doch wie ein Gruß aus einer vergangenen Epoche daher. Der Widerstand gegen die Statue regte sich schon bei der Aufstellung des Denkmals, als die Wiener das Abbild des Walzerkönigs als unzeitgemäß kritisierten.
Das Aufbegehren ging soweit, dass die Vergoldung 1935 komplett entfernt wurde. Im ursprünglichen Glanz erstrahlt die Skulptur von Johann Strauß seit 1991 – und ist seitdem ein beliebtes Touristenziel im Wiener Stadtpark. Weniger bekannt, aber umso kurioser ist die riesige goldene Kugel in der Müllverbrennungsanlage Spittelau im Wiener Norden. Nach einem Brand und der daraus resultierenden Explosion des Mittelteils des Gebäudekomplexes, wurde kein geringerer mit der Neugestaltung der Fassade beauftragt als Friedensreich Hundertwasser.
Für Hundertwasser war sie ein Symbol für eine bessere Welt
Der in Wien geborene Umweltschützer und Künstler – der als Gegner jeglicher Form der Standardisierung auftrat und eine Architektur forderte, die in Einklang mit den Gesetzen der Natur realisiert werden konnte – ließ am oberen Ende des Kamins der Anlage eine riesige goldene Kugel anbringen. Für Hundertwasser war sie ein Symbol für eine bessere Welt: der funktionale und nüchterne Zweckbau war einem Kunstwerk gewichen, das gleichzeitig eine harmonische Symbiose zwischen Kunst, Ökologie und Technik darstellt. Mit der Verknüpfung von Kunst und Technik schließt sich auch der Kreis, denn Gironcolis monumentale Skulpturen, die unter anderem dauerhaft im sogenannten Gironcoli-Kristall des STRABAG Kunstforums in der Wiener Donaucity zu sehen sind, spiegeln ebendiese Verschmelzung wider.
In den maschinenartigen und surrealen Objekten finden sich aber auch Anleihen der verschnörkelten Häusergestaltung im Historismus und im Jugendstil, während die von Gironcoli in Gold, Silber und Bronze gestalteten Oberflächen hingegen Erinnerungen an den flächigen Goldgrund eines Gustav Klimts wachrufen – wenngleich Gironcoli seinen Skulpturen einen Anstrich mit günstiger Ofenblitzfarbe anstelle von Blattgold verpasste. Vielleicht musste sich Bruno Gironcoli erstmal an den glänzenden, glitzernden und grandiosen Werken seiner Wiener Vorgänger abarbeiten, um schließlich seine ganz eigene, faszinierende Ästhetik und Formsprache hervorbringen zu können.