Von raumsprengenden Riesenballons, goldenen Aliens und überdimensionierten Spinnen: 10 Skulpturen, die über ihre Künstler hinausgewachsen sind.
Bruno Gironcolis glänzende Skulpturen in Gold, Silber und Kupfer bestechen nicht nur durch ihre alienartige Rätselhaftigkeit, sie sind auch riesengroß. Wir haben uns zu diesem Anlass auf die Suche begeben und sind auf viele weitere monumentale Kunstwerke gestoßen. Hier unsere Auswahl der beeindruckendsten Skulpturen im XXL-Format.
1. Anish Kapoor, Leviathan, 2011
Rumms. Da liegt es: Das Monster. Bräsig, aufgebläht, wie ein wuchernder Tumor. 38m hoch, 100m lang und 70m breit war Anish Kapoors „Leviathan“ - ein roter PVC-Schlauch, der sich 2011 im lichtdurchfluteten Grand Palais breit machte. Wer sein Inneres betrat, fand sich in einem blutroten, von Adern durchzogenen Riesenballon wieder. Mit seinen raumsprengenden Werken gewinnt Kapoor immer wieder die Aufmerksamkeit der Kunstwelt, wie zuletzt 2018 mit seinem schwarzen Loch „Descent into Limbo“ (1992) im Museum Serralves, das einen arglosen Museumsbesucher verschluckte.
2. Niki de Saint Phalle, SHE – a cathedral, 1966
Bitteschön, herein spaziert. Niki de Saint Phalle’s Skulptur „SHE – a cathedral“, eine liegende Frau, durch deren Vagina man tief in ihr Inneres klettern kann, gilt als Meilenstein der Museumsgeschichte. Ein gigantischer Frauenkörper, der die Räume des Moderna Museets Stockholm 1966 nahezu sprengte, sorgte damals für großes Aufsehen.
3. Erwin Wurm, Herr Krause kommt nach Hause nach der großen Sause, 2007
Das hat er nun davon, der gute Herr Krause: Einmal die Reihenhausidylle verlassen und schon steht sie Kopf. „Humor ist eine Waffe“, hat Erwin Wurm mal gesagt. Dieses Mal zielt er damit auf den Stellvertreter des gutbürgerlichen Mittelstandes. Für die Ausstellung „Das lächerliche Leben eines ernsten Mannes, das ernste Leben eines lächerlichen Mannes“ in den Deichtorhallen 2007 fertigte Wurm sein lebensgroßes Werk in Fertighaus-Optik.
4. Franz West, Ohne Titel, 2012
Bitte anfassen! Wie freundliche Riesen laden Franz Wests bunte, wurmähnliche Skulpturen die Betrachter zum Klettern und Niederlassen ein. So auch das Credo des Künstlers: Kunst soll zugänglich sein, am besten die Grenze zwischen Kunst und Leben aufheben. Für den Schüler Bruno Gironcolis gelten die Werke als ganz normale Teile der Wirklichkeit, ganz im Gegenteil zu den Menschen in ihrer Umgebung. So sagte Franz West mal zu einem Freund: „Weißt du, ich bin wirklich der einzige normale Mensch, den ich kenne.“
5. Isa Genzken, Rose, 1997
Das muss wahre Liebe sein. Eine überlebensgroße Rose, die niemals verblüht. Dagegen sieht jeder Valentinsstrauss blass aus. Ihre gigantische Blume stellte die Konzeptkünstlerin Isa Genzken erstmals 1993 in Baden Baden und erneut 1997 vor dem neuen Leipziger Messegelände aus. Zwei weitere Repliken folgten. Genzkens himmelhohe Skulptur verkehrt nicht nur die Größenverhältnisse ihrer Umgebung ins Gegenteil, sie soll auch an die Menschlichkeit der Betrachter appellieren. 2016 fand die letzte Replik dann passenderweise ihren Platz im New Yorker Zuccotti Park, der zuletzt 2011 als Zentrum des Occupy Wall Street Movements in den Medien landete.
6. Walter de Maria, The Lightning Field, 1977
Mehr als fünf Jahre lang soll Walter de Maria Kalifornien, Nevada, Arizona und Texas mit dem Truck durchfahren haben, bevor er sich dazu entschied, auf einem Plateau 18,5 km von der kontinentalen Wasserscheide entfernt, 400 Stangen aus Edelstahl rasterförmig zu verteilen, die Wind bis zu 180km/h standhalten sollen. Die Abstände sind genauestens bemessen. Doch wann und ob hier ein Blitz einschlägt, bleibt reiner Zufall und passiert selten. Das überließ Walter de Maria, bekannt für seine monumentale Land Art, den unberechenbaren Kräften der Natur.
7. Louise Bourgeois, Maman, 1999
Bis zu neun Meter messen Louise Bourgeois‘ „Mamans“. Sie sind mittlerweile weltweit in Kunstsammlungen verteilt. Während Spinnen – ganz unabhängig von der Größe – Vielen Schrecken, Ekel oder sogar Überlebensängste einjagen, stellten sie für Louise Bourgeois nie eine Bedrohung dar. Im Gegenteil: Ihre Mutter, die Louise in ihrer Kindheit immer einen Zufluchtsort bot, war Weberin und wurde von Bourgeois häufig als Spinne oder Weberknecht dargestellt. Ein Symbol der Behütung, der Beschützerin und Versorgerin.
8. Katharina Grosse, The Horse Trotted Another Couple of Metres, Then it Stopped, 2018
„Der Moment, in dem wir unsere ritualisierten, rhythmischen Bewegungsabläufe unterbrechen, öffnet den Blick für etwas, das man noch nie zuvor gesehen hat“, hat Katharina Grosse einmal behauptet. Und das hat sie erfolgreich geschafft, als sie 2017 die hohen Räume der Carriageworks in Sydney mit über 8.000 Quadratmeter breiten, besprühten Stoffbahnen behängte. Wie schon bei ihren frühen Arbeiten legte sie hier die Spritzpistole an und hüllte den Industrial Charme der alten Bahn-Betriebswerke in Sydney in eine psychedelische Farbexplosion.
9. Damien Hirst, Demon with Bowl, 2017
Fast eine ganze Dekade lang schuf Damien Hirst die Werksammlung „Treasures from the Wreck of the Unbelievable“ für seine Venedig-Ausstellung 2017. Die 18 Meter hohe Skulptur „Demon with Bowl“ ist nur ein Teil daraus und zeigt einen kopflosen Männerkörper, dem Korallen und Äste aus dem sonst makellosen Körper sprießen. Als fiktive Schatzsuche inszeniert, uferte die Schau ganz nach Damien Hirsts altbekanntem Motto „More is More“ zu einem riesigen Spektakel aus – Skandal und Netflix-Doku inklusive.
10. Phyllida Barlow, Dock, 2014
Vielleicht klingelt der Name nicht bei jedem, doch sie ist eine Größe der zeitgenössischen Kunstwelt und unterrichtete heute weltweit bekannte Künstler, wie Tacita Dean und Douglas Gordon: Künstlerin Phyllida Barlow, die erst 2018 die Rotunde der SCHIRN mit bunten Bannern füllte. Auch ihre Arbeit „Dock“ spiegelt Barlows Auseinandersetzung mit dem Raum wider: Widerspenstiges (Alltags-)Material übernimmt den Raum und füllt ihn mit unmittelbarer Präsenz.