Max Hollein in Norwegen: Bei der Eröffnung des von Renzo Piano gestalteten Astrup Fearnley Museums in Oslo traf sich die internationale Kunstszene.
Am vorletzten Freitag war Oslo im Hohen Norden der Nabel der internationalen Kunstwelt. Die gigantische, in den letzten zwanzig Jahren entstandene Privatsammlung des Astrup Fearnley Museums bezog ihr neues Gebäude, gestaltet von Renzo Piano und Teil eines umfassenden und in beeindruckender Geschwindigkeit zum großen Teil bereits umgesetzten Entwicklungsplans entlang des Osloer Hafens (Folgerichtig ist Piano auch gleich sein selbst gestaltetes Segelboot zur Eröffnung nachgereist und ankerte direkt vor dem Gebäude). Die Sammlung beinhaltet alles, und das in beeindruckender Fülle und Tiefe, was seit den letzten Jahrzehnten insbesondere in den USA gut und schön, beeindruckend, bedeutend und präsent ist.
Die Kunstwelt ist ein reisendes Völkchen
Schon am Flughafen trafen wir insofern einen guten Bekannten, Jeff Koons, der für die Eröffnung ebenso gut gelaunt aus New York angereist war wie Sotheby’s Contemporary Art Chef (und ehemaliger Wiener Studienkollege) Tobias Meyer, Guggenheim-Direktor Richard Armstrong als auch die Sammler Peter Brandt und Stephanie Seymour, was mir Gelegenheit gab, mich nochmals für die Leihgaben zu unserer Koons-Ausstellung zu bedanken. Alt-Frankfurter Daniel Birnbaum oder Hans Ulrich Obrist konnte man ebenso dort treffen wie auch insbesondere viele der führenden Galeristen wie Jay Jopling oder Barbara Gladstone, die in den letzten Jahren dem Sammler Hans Rasmus Astrup wohl nicht wenige Spitzenwerke verkaufen konnten.
Das Mastermind hinter dem Museum und der Sammlung ist der isländische Kunsthistoriker Gunnar Kvaran, den wir wiederum auch bestens kennen, nicht zuletzt da seine Frau das Archiv des Künstlers Erró, dessen Werke wir im letzten Herbst ausgestellt hatten, betreut. Erró war natürlich auch anwesend sowie auch ein anderer hervorragender Künstler aus Frankfurt, der in der SCHIRN zuletzt präsent war: Mike Bouchet. Wieder einmal zeigt sich, die Kunstwelt mag weltweit verstreut aktiv sein, sie ist aber ein dauerhaft wanderndes, reisendes und übersichtliches Völkchen, das sich jede Woche woanders zu einem Stelldichein zusammenfindet. So entsteht, das ist für uns aus Sicht der SCHIRN natürlich wichtig, ein stetiger, persönlicher und freundschaftlich geprägter Informationsaustausch – und nicht zuletzt die eine oder andere neue Ausstellungsidee.
Für die Künstler gut und für die Museen ein Antrieb
Das rein auf privatem Engagement aufgebaute Astrup Fearnley Museum bringt natürlich auch die öffentlichen Museen der norwegischen Hauptstadt weiter in Zugzwang. Sowohl unsere Freunde vom Munch Museum, mit denen wir ja gerade die große, höchst erfolgreiche Edvard Munch-Ausstellungrealisiert haben, als auch die Verantwortlichen des Nationalmuseums wollen mit schon länger vorbereiteten und diskutierten Neubauprojekten in den Osloer Hafen umziehen. Bald wird nicht nur Frankfurt ein Museumsufer haben, sondern auch Oslo eines an seiner malerischen Hafenbucht.
Dass die Norweger es mit beeindruckender Architektur ernst nehmen, haben sie ja gerade auch mit der Fertigstellung des neuen Opernhauses gezeigt. Es ist ganz offensichtlich, dass sich hier ein neues Kultur- und Kunstzentrum entwickelt. Finanzielle Mittel (das sprudelnde Öl und die erstarkte Industrie Norwegens machen es möglich) und Begeisterung für zeitgenössische Kunst (in einem Land, in dem die Königin nicht nur zeitgenössische Kunst sammelt, sondern auch selber malt) scheinen in großem Maße vorhanden zu sein. Das ist ganz offensichtlich für den Kunstmarkt und eine neue Galerienszene vor Ort förderlich, für die Künstler gut und am Ende auch für die Museen ein Antrieb, einen enormen Entwicklungssprung zu machen.