Louvre, Prado oder Uffizien: Die wichtigsten Ausstellungshäuser der Welt befinden sich derzeit in den Metropolen des Westens. Insbesondere in den Golfstaaten und dem asiatisch-pazifischen Raum aber entstehen die Kunstmekkas von morgen.
Museen in der Wüste, Kunstzentrumsvisionen an Orten, wo bis vor ein paar Jahren nur Fischer lebten: Zuletzt wurde im Westen über solche vermeintlich anmaßenden, inadäquaten, nach Touristen schielenden Initiativen noch gelächelt. Nun aber muss auch der schärfste Kritiker feststellen: Die strategischen Entwicklungen, die neuen Kraftzentren der Kultur, entstehen nicht bei uns in Europa, nicht in den USA, sondern in den Golfstaaten und im asiatisch-pazifischen Raum.
Die Medien verkaufen es immer wieder als kleine Sensation, wenn ein weiteres Rekordobjekt bei den internationalen Kunstauktionen für einen dreistelligen Millionenbetrag nach Katar, Abu Dhabi oder an einen Sammler in Singapur, Hongkong, Schanghai geht. Westliche Museen oder Staaten sind schon lange kein ernstzunehmender Nachfrager mehr in dieser Kategorie der Spitzenwerke.
In Wirklichkeit geht es nicht nur darum, die besten und teuersten Kunstwerke zu ergattern, die derzeit auf den Markt kommen. Hinter den Auktionsrekorden verbirgt sich eine viel folgenreichere Entwicklung: In Ostasien und den Staaten am Golf bildet sich ein regionaler Kunstmarkt aus, die Infrastruktur für einen Umschlagplatz etabliert sich, Zollfreilager entstehen, Kunstmessen werden ins Leben gerufen, Kuratorenschulen, Biennalen, Universitäten.
Um ihren Einfluss ähnlich wie in anderen Branchen zu erhöhen (siehe etwa Katars Rolle bei VW, Deutsche Bank, Barclays wie auch beim Fußballklub Paris St. Germain), treten die Golfstaaten zunehmend als Sponsor von Kulturereignissen in London, New York, Paris und anderswo in Erscheinung und werden zu einem weltweiten Haupt- und Machtfaktor in der Finanzierung und Ermöglichung von Kunst.
In Doha steht seit mehreren Jahren ein vom Stararchitekten I. M. Pei gestaltetes hervorragendes Museum Islamischer Kunst und ein in massiver Entwicklung befindliches Arabisches Museum für moderne Kunst. Der Scheicha, der Schwester des Emirs, ist es in kurzer Zeit gelungen, eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst aufzubauen. Kürzlich wurde eine große Ausstellung eröffnet, inklusive einer gigantischen permanenten Installation des amerikanischen Künstlers Richard Serra.
Katar gilt seit zwei, drei Jahren als größte Superpower auf dem internationalen Kunstmarkt für Spitzenlose. Im Pariser Louvre werden derzeit unter dem Titel „Die Geburt eines Museums" die ersten 160 Meisterwerke gezeigt, die für die Sammlung des Louvre Abu Dhabi angekauft wurden, das 2015 auf Saadiyat Island eröffnet wird. Das Pariser Publikum staunt über die Alten Meister genauso wie über die Manets, Magrittes, Gauguins, Twomblys und Picassos, die ihre neue Heimat in dem Wüstenstaat finden.
Auch in Hongkong entsteht mit dem West Kowloon Cultural District ein weiterer, noch gigantischerer Komplex von kultureller Landgewinnung und multipler Infrastruktur neuer Museen, Theater und Performance. Die zweite Ausgabe der Art Basel Hongkong hat gezeigt, dass die Haupttreiber des Weltkunstmarkts in Asien sitzen.
Die Entwicklung erinnert frappierend an die Zeit vor knapp 100 Jahren, als sich der Geldadel in den USA aufmachte, ein Museum of Modern Art (eröffnet 1929) oder ein Guggenheim-Museum (1939) zu gründen. In Europa wurde dies am Anfang nicht als ernsthafte institutionelle Bedrohung betrachtet. Heute sind diese amerikanischen Institutionen die bedeutendsten Museen, New York ist seit über 60 Jahren das Zentrum des internationalen Kunstmarkts und der globalen Kulturszene. Nun ziehen neue, potente, strategisch denkende Kräfte auf, es wird zu einem weiteren, fundamentalen Wandel kommen.