Genreszenen mit ausgestopften Tieren: Sir Peter Blake, der Doyen der britischen Pop Art, kuratiert die skurrile Ausstellung „Exhibition 3“ im „Museum of Everything“.

James Brett ist sicher einer der originellsten Köpfe unter dem an Sammlern nicht gerade armen London. Im hippen Stadteil Primrose Hill baute er ein ehemaliges Musikstudio, das zuvor ein Milchladen war, dem genius loci entsprechend zu etwas ganz Besonderem um. Im letzten Jahr parallel zur Frieze Art Fair eröffnet wurde sein „Museum of Everything“ schnell zentrale Anlaufstelle und „talk of the town“.

Musikergrößen wie Jarvis Cocker, David Byrne, Thurston Moore und Nick Cave, aber auch eine ganze Reihe von Künstlern wie Carsten Höller, Annette Messager, Marcel Dzama, Matthew Higgs oder Tal R zählten zur exklusiven Reihe der Mentoren.

Aber was zeigt ein Museum, das schon im Namen den Auftrag trägt, alles zu zeigen? Das Rätsel ist schnell gelöst: Alles umfasst eine der größten Outsider-Art-Sammlungen in Europa mit großen Konvoluten von Emery Blagdon, Henry Darger oder George Widener, um nur einige Künstler aus der Weltenwandler-Ausstellung zu nennen, deren Werke hier ebenfalls zu sehen waren.

BIZARRE TABLEAUS

Dieses Jahr nun folgte wiederum parallel zur Frieze kaum weniger spektakulär der nächste Streich, zu dem Brett keinen geringeren als Sir Peter Blake, den Doyen der britischen Pop Art, gewinnen konnte. Damit übernimmt er gleichzeitig den gerade sehr lebhaften Trend, Künstler als Kuratoren zu engagieren.

Das Universum, das uns Blake hier eröffnet, steht den Welten der Outsider in seiner Fantastik kaum nach: Muschelfiguren, ein historisches Spielzeugkarussell aus Holz, Figuren aus dem Javanischen Schattentheater, Kegelspiele, ein Kabinett mit einer historischen Puppensammlung, die Spielzeugeisenbahnen des Vaters Kenneth Blake – kurz, eine Wunderkammer aus Kuriositäten aller Art.

Darunter durchaus Finsteres, Abwegiges und Abseitiges, auch jenseits der Feststellung, dass Puppen immer etwas leicht Sinisteres bergen, wie Blake in einem seiner Kommentare, mit denen er den Besucher durch die Ausstellung leitet, feststellt.

„Mr. Potter’s Museum of Curiosities“ bildet sicher den skurrilen Höhepunkt der Ausstellung: bizarre Tableaus aus ausgestopften kleinen Kätzchen, Eichhörnchen oder Ratten, die zu höchst sonderbaren Genreszenen versammelt werden.

Dieses Museum der wiederum ganz anderen Art wurde im 19. Jahrhundert von dem viktorianischen Taxidermisten Walter Potter gegründet, dessen Arbeit der Teenager Peter Blake bei einer seiner Radtouren entdeckt und ihn wohl so nachhaltig fasziniert hatte, dass er im Jahr 2003, nachdem es aufgelöst worden war, wie Blake berichtet, mit einem Budget von £ 10.000 einige der Schlüsselwerke für seine eigene Sammlung erstand.

Es erstaunt dann wiederum nicht wirklich, dass Damien Hirst, der uns ja allen noch mit seinem in Formalin präparierten Hai im Gedächtnis ist, ebenfalls als Leihgeber der Ausstellung auftritt.

KULTURHISTORISCHE WUNDERKAMMER

Die Objekte vereinen sich im „Museum of Everything“ mit Inkunabeln der britischen Pop Art. Blake, dessen wohl populärstes Werk das Cover des legendären Beatles-Albums „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ ist, hat sie natürlich in seiner Sammlung: Wandbehänge von Richard Lindner oder Schranktüren von Joe Epgrave, der damals die Sgt.-Pepper-Trommel gestaltet hatte.

Auch wenn es vielleicht nicht so klingt, ist die Ausstellung doch nicht zuletzt eine kulturhistorische Wunderkammer, die ein ganzes Pop-Universum ausleuchtet und so das Werk eines der zentralen Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts auf ganz spezielle Weise neu betrachten lässt.