Unsichtbar für den Besucher besteht eine Ausstellung stets auch aus dem, was man nicht zeigt – für den Kurator oder die Kuratorin ist es der unschätzbare Kontext und auch der Subtext eines jeden Projektes.
Im Vorfeld der Weltenwandler-Ausstellung habe ich mit dieser Qual der Wahl unzählige Sammlungen besucht und gesichtet. Die größte Herausforderung bestand aber in der schwierigen Frage: Was macht man mit den Häusern und Environments, die tatsächlich einen wichtigen Kern dieser Art von Kunst ausmachen?
Nur ein Teil der Outsider Art ist in Psychiatrien und Einrichtungen entstanden. Viele versteckte Schätze findet man an abgelegenen Orten in Form von individuell gestalteten Häusern, Wohnungen oder Gärten – oft als Gradmesser für die Toleranz einer Gesellschaft, die solche unorthodoxen Gewächse gedeihen lässt.
Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind unglaublich großartig und erfindungsreich, vor allem aber eines, nämlich untransportierbar: das Junkerhaus in Lemgo, das Zimmer von August Walla im Haus der Künstler in Gugging, die Weltmaschine des Franz Gsellmann in der Oststeiermark, der Palais Idéal des französischen Postboten Ferdinand Cheval in Hauterives.
In der Weltenwandler-Ausstellung ließ sich das Walla-Zimmer als eine Art Rekonstruktion nachbauen, die Möbel konnte man aus Gugging holen, denn die Wände waren einst als Reiseversion auf Leinwand von Walla selbst gestaltet worden. Das Museum Junkerhaus war so großzügig, einen Transporter samt Anhänger mit Bildern, Stelen, Sesseln, Staffeleien und Modellen auf die Reise zu schicken, so dass man in der SCHIRN einen Eindruck von dieser fantastischen architektonischen Utopie erhaschen kann. Die Weltmaschine aber ist so mit dem umgebenen Haus verbunden, dass man es schon abreißen müsste, um sie zu transportieren. Für den Palais Idéal stellt sich die Frage erst gar nicht.
BESUCH VON „WEIRD HOUSES“ IN TORONTO
Und dann gab es noch diese Reise nach Kanada, wo ich in Toronto von einer freundlichen Künstlerin gleich auf eine ganze Reihe solcher „weird houses“ aufmerksam gemacht wurde. Eines hatte einen riesigen weißen Elefanten im Vorgarten, ein weiteres eine Baumskulptur mit in Plastiktüten verpackten Stofftieren, ein drittes war die Kitschversion des Traums von einer weißen Antike.
Das Letzte schließlich bildete den Höhepunkt der Tour und bestand in der Wunderwelt des Albino Carreira, einem portugiesischen Bauarbeiter, der von einem Gerüst gefallen war und sich die Wirbelsäule so schwer verletzt hatte, dass sie neu zusammengeschraubt werden musste, und der seitdem mit permanentem Schmerz lebt. Diesen verstand er zu kompensieren, indem er das ganze Haus, den Garten und sogar sein Auto selbst mit Schrauben versah.
In Haus und Garten wurden kleine Holzklötzchen angeschraubt oder zu kleinen krakenartigen Gebilden zusammengefügt. Das Auto dient einer ganzen Theaterwelt aus kleinen Plastikfiguren als Bühne. All das gehört in meiner Vorstellung auch zur Weltenwandler-Ausstellung – ich kann es jedoch nur auf Fotos zeigen.