SCHIRN-Kuratorin Martina Weinhart fand im obersten Stockwerk der Deutschen Bundesbank einen 1972 von Victor Vasarely entworfenen Sitzungssaal.

Wir alle kennen sie – die coolen Referenzen für das moderne Leben im 21. Jahrhundert. Es ist wirklich kein Geheimnis mehr, dass die 1960er- und 1970er-Jahre Visionäres geleistet haben in ihrem utopischen Geist, in ihrem absoluten Zukunftsoptimismus, auf den wir heute wehmütig und fast ein wenig neidisch zurück blicken. Und was wir im Rückspiegel sehen, ist tatsächlich unschlagbar in der Radikalität der Gestaltung. Wer sich noch an die „Op Art“-Ausstellung in der SCHIRN erinnert, wird vielleicht wie ich vor allem an die Rauminstallationen denken, in denen der Besucher buchstäblich überwältigt wurde und oft nur beinahe taumelnd wieder heraus kam.

Victor Vasarely war der Superstar dieser Bewegung: Denker, Ingenieur, redegewaltiger Motor. Sein Atelier war ein Labor. Computer, Kybernetik, Recherche, Prototyp – er ließ nichts mehr übrig vom romantischen Künstler. Den Aufbruch zu etwas Neuem zu bewerkstelligen, war das allumfassende Ziel.

Und die Welt war begeistert von dieser absolut zeitgemäßen Kunst, die stets auch den Alltag im Blick hatte. Anwendbarkeit und Durchdringung dieses Alltags war ein großes Stichwort.

Was kaum einer weiß: Versteckt in einem der heute leider oft zu Unrecht verschmähten Beton-Brut-Bauten findet sich in der Deutschen Bundesbank ein Vermögen der etwas anderen Art. Betritt man – nach Ausweiskontrolle an der Pforte und langem Weg zum Eingang – die imposante Eingangshalle mit einer monumentalen Installation des venezolanischen Op Art-Künstlers Jesus Raphael Soto, bahnt man sich schließlich weiter den Weg über Aufzüge und kommt schließlich in die oberste Etage, in der in einer langen Reihe von Sitzungssälen Geldpolitik gemacht wird.

Dort findet sich dann der Sitzungssaal, den Vasarely 1972 im Geiste dieser antizipierten Gespräche gestaltet hat – in Gelb, Gold und Silber. Falls Sie nun zufällig nicht an diesen Sitzungen teilnehmen sollten, haben Sie trotzdem eine Chance, dieses Kleinod zu besuchen. Im Rahmen von Kunst privat gibt es immer einen Tag der offenen Tür. Vorerst wird das nun doch schon etwas angejahrte Ensemble jedoch abgebaut und restauriert – bis dahin bleiben erst einmal nur die Bilder…