Ausstellungsleiterin Esther Schlicht bewundert Skulpturen des Bildhauers Alberto Giacometti im Louisiana Museum in Dänemark, die bald auch in Frankfurt zu sehen sind.
Manche nennen es das schönste Museum der Welt: Das Louisiana Museum im dänischen Humlebæk. Ein Haus, das neben seiner traumhaften Lage am Ufer des Öresund über eine außerordentliche Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst verfügt, sich dabei als offenes interdisziplinäres Forum der Künste versteht und jährlich hunderttausende von Besuchern anzieht. Von Kopenhagen sind es etwa 30 Kilometer zu dem einzigartigen Ensemble aus Landschaft, Kunst und Architektur.
Anlass meines Besuchs sind zwei zentrale Werke des Schweizer Bildhauers Alberto Giacometti, "Homme qui marche" und "Femme debout" von 1960, die im ältesten Gebäudeteil des Louisiana aus den späten 1950er Jahren einen nachgerade idealen Platz gefunden haben. Im Zusammenspiel mit den übrigen Bronzen der grandiosen Giacometti-Sammlung des Hauses entfalten die beiden dünnen hochaufragenden Figuren hier eine schier atemberaubende Präsenz.
Eine seltene Harmonie
Nicht minder überwältigend ist auch die Aufstellung von fünf Figuren aus Giacomettis Werkgruppe "Femmes de Venise" am Ende einer angrenzenden Raumflucht. Eine selten zu erlebende Harmonie zwischen Kunstwerken und Umgebung, so bestechend wohl, dass sie auch Ernst Beyeler bei der Konzeption und Einrichtung seiner Fondation in Riehen bei Basel als Referenz gedient haben soll.
Nur allzu verständlich erscheint vor diesem Hintergrund, dass die Werke Giacomettis ihren angestammten Platz in dem licht- und naturdurchfluteten modernistischen Bau des Lousiana eigentlich nicht verlassen. Oder allenfalls einzeln - und nicht gleich die Hauptwerke. Insofern stellt es eine bemerkenswerte Ausnahme dar, wenn in diesem Herbst Giacomettis "Homme qui marche" und seine "Femme debout" für mehrere Wochen in der SCHIRN zu sehen sind. Als Teil einer umfangreichen Ausstellung in der die Meisterwerke Alberto Giacomettis mit ausgewählten Arbeiten des amerikanischen Multimediakünstlers Bruce Nauman in einen Dialog treten werden.
Die SCHIRN hat in den vergangenen Jahren bereits häufig mit dem Louisiana Museum kooperiert. Verschiedene Ausstellungen wie zuletzt "Yoko Ono. Half-A-Wind Show" oder "Philip Guston. Das große Spätwerk" reisten von Frankfurt an die dänische Küste.
Neue Dimensionen der Werke
So ist es zweifellos als ein Signal besonderer Verbundenheit zu deuten, wenn uns der langjährige Partner in einer großzügigen Geste zwei derart herausragende Werke als Leihgaben zur Verfügung stellt. In der Schirn werden beide Plastiken im großen Saal installiert, der zwar mit den Räumen in Humlebæk nicht konkurrieren kann, durch die Gegenüberstellung mit Arbeiten Naumans aber neue Dimensionen der Werke wachrufen wird.
Neben den dauerhaft präsentierten Arbeiten von Giacometti oder auch von Asger Jorn, dem zweiten großen Pfeiler der klassischen Moderne in der Sammlung des Louisiana, zeigt das dänische Museum derzeit eine wunderbare Ausstellung zur Op Art und Kinetic Art der 1950er- und 60er-Jahre und einen Überblick über die eigenen Ankäufe der letzten drei Jahre. Einzig für den Skulpturenpark bleibt mir diesmal kaum Zeit, obwohl er zu den unumstrittenen Höhepunkten eines jeden Besuchs im Louisiana zählt …