Marie-Theres Deutsch wurde 1955 in Trier geboren. Eine Familie mit fünf Frauen und einem Vater, der Architekt war. Mit sechs Jahren wusste sie: „Ich werde Architekt! Fertig.“ Wie es fortan weiterging, verrät sie im Interview.

2024 konnte man in der Fondation Louis Vuitton ein ehemaliges Frankfurter Gebäude wiederentdecken: den ursprünglichen Portikus, 1987 errichtet, nach Plänen von Marie-Theres Deutsch. Die Frankfurter Architektin hat nur zufällig von einer Künstlerfreundin davon erfahren, aber sofort waren die Erinnerungen wieder sehr vital. Anlässlich des 100. Geburtstags des US-Künstlers Ellsworth Kelly wurde dessen berühmte Arbeit „Yellow Curve“ in Paris ausgestellt, einschließlich eines milimetergenauen Nachbaus des damaligen Innenraums, in dem der US-Künstler die Arbeit 1990 in Frankfurt präsentierte.

Marie-Theres Deutsch wurde 1955 in Trier geboren. Eine Familie mit fünf Frauen und einem Vater, der Architekt war – „mit sechs Jahren wusste sie: ich werde Architekt! Fertig.“ Das generische Maskulin nutzt sie selbstverständlich für die eigene Profession. Nach einem Fachhochschulstudium ging sie an die Städelschule, um Architektur noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu lernen. Schon wenig später hat Deutsch den ursprünglichen Portikus, die erste Ausstellungshalle der Städelschule, entworfen, es folgten Projekte im gesamten Stadtraum und darüber hinaus. Auch die Gastwohnung der Städelschule, die Revitalisierung des Mainufers und ihr eigenes Wohn- und Arbeitshaus hat sie entworfen. Ihre Tätigkeit besteht zu 80% aus Sanierungen. Da werde viel Handwerk abgerufen, oft eine Kostenfrage. Wo immer möglich, hat sie versucht, vorhandene Ressourcen zu nutzen. „Ein Projekt im Westend wurde vom Kohlekeller in ein wunderbares Bistro verwandelt. Mit ziemlichem Aufwand, das rechtfertigte die Lage. Grundsätzlich sollte man in einer Stadt erhalten, was ökonomisch und sinnvoll zu nutzen ist.“

Ellsworth Kelly, „Yellow Curve“ im Portikus, 1990

Frau Deutsch, wir sitzen hier in Ihrem Haus, das zugleich Architekturbüro, Wohnhaus für Sie und Ihren Mann, ein Künstlerpaar sowie Gastwohnung für das Schauspiel Frankfurt ist. Auf kleinem Grundriss, gerade acht Meter breit, 143 qm groß. Eine Lücke, die als nicht bebaubar galt. 

Marie-Theres Deutsch: Ja, seit 1944 ein Trümmergrundstück, ein Bombenschaden. Nebenan waren vier Kneipen, die über dieses Grundstück gefluchtet wurden – also eine Brandschutzfrage. Weil das Grundstück nur acht Meter breit ist, hat hier kein Investor angebissen. Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht und den Fluchtweg ins Haus gelegt. Die Kneipen sind jetzt geschlossen, aber bis vor acht Jahren konnte man von unserem Höfchen in unseren Flur zur Straße laufen. Das wurde als Baulast eingetragen.

Und dann konnten Kneipengäste im Ernstfall über Ihr Privathaus nach draußen fliehen? 

Marie-Theres Deutsch: Ja! Da gibt es Paniktürdrücker, über die man im Notfall von unserem Hof in den Hausflur kommt. Ganz normal. Kein Problem. Ich mag lange Flure (lacht). 

Die Lage hier ist auch speziell: Mittelalterlich, Partymeile, Sauftourismus. 2013 haben Sie einmal berichtet, es seien schon „drei Garagentore eingetreten worden“. Warum Alt-Sachsenhausen? 

Marie-Theres Deutsch: Ich bin früher nie hierher gegangen. Beim Stadtplanungsamt kam der Hinweis an meinen Mann und mich, uns hier doch mal umzuschauen. Man suchte Architekten, die in alter Umgebung modern bauen würden. Und um die Frage vorwegzunehmen: Ich würde es wieder genauso angehen. Hier ist´s nur am Freitag- und Samstagabend laut. Wir schlafen nach hinten und haben gute Fenster, so gibt es überhaupt kein Problem. Mit technischen Mitteln kann man viel gegen Lärm machen.  

Was allerdings auffällt: es ist schmutzig, es wird immer schmutziger. Inzwischen liegen hier, wie im Bahnhofsviertel, morgens überall Lachgasflaschen herum. Manchmal rede ich mit den Jugendlichen – und werde durchaus eingeladen, selbst zu probieren. Was ich großartig finde: Man kennt sich hier. Ich kam aus dem Westhafen, mein Mann aus dem Osthafen, jeder hatte eine große Wohnung. Aber wir lebten anonym in Mehrfamilienhausanlagen. In Alt-Sachsenhausen ist's wie im Dorf, mit Menschen aus allen Ländern. Und das schräg gegenüber vom Römer.  

Marie-Theres Deutsch, Porträtaufnahme vom 16.12.2024

Sie haben früh Ihr eigenes Büro gegründet, 2025 feiern Sie 40-jähriges Jubiläum. Warum eigentlich Architektur?

Marie-Theres Deutsch: Ich habe die Geschichte schon öfter erzählt, man muss sich die Situation so vorstellen: Vier Töchter kämpfen um die Aufmerksamkeit des Vaters. Ich baute Legohäuser und zeichnete Grundrisse und hatte dadurch den Vater auch schon mal eine Stunde für mich. Er war auch Architekt und so bin ich in die Materie reingerutscht. Mit sechs Jahren wusste ich: Ich werde Architekt! Fertig.

Nach der Fachhochschule haben Sie dann noch ein Architekturstudium an der Städelschule angehängt. War das eine Ergänzung oder ein komplett anderes Denken? 

Marie-Theres Deutsch: Mir war von Anfang an klar, dass ich mein erstes, technisches Studium sehr schnell durchziehe. An Akademien war dies Voraussetzung zur Aufnahme. Ich sah mich in der Welt um und blieb in Frankfurt hängen. An der Städelschule gab es wunderbare Menschen, und das Studium war zunächst interdisziplinär. Günter Bock und Peter Cook leiteten die Architekturklasse, Peter Kubelka den experimentellen Film und Kochen als Kunst, Hermann Nitsch war Gastprofessor. Die gesamte Situation hat mich einfach eingefangen.  

An der Fachhochschule erlernte man Ende der 1970er-Jahre vorwiegend das technische Knowhow, aus dem ich selbstverständlich meinen Nutzen ziehen konnte. Als junger Mensch wurde man jedoch auch ein Stück weit verblendet – vieles kreiste um die Frage: „Wie kann ich dieses Material nutzen?“ Dabei geht es in der Architektur auch darum, die Wurzeln des Ortes zu finden. Herauskitzeln, was die Geschichte ist und mit diesem Wissen zu 'spielen´. Was enorm wichtig ist: Die Stilmittel der Vergangenheit dürfen nicht nur kopiert werden. Es gilt, die Besonderheit des Ortes herauszuarbeiten und sie nach heute zu transformieren. Fragen Sie mich also bitte nicht nach der Neuen Altstadt (lacht). An dem Beispiel kann man sehen, wie weit sich die Qualität von Stadtplanung und Architektur unterscheiden kann. Den modifizierten historischen Stadtgrundriss halte ich für gelungen, die vielen Besucher belegen die starke Anziehungskraft des Ortes. Die einzelnen Gebäude sind schlechte Kopien ihrer Vorgänger, gerade zwei Häuser haben meiner Meinung nach die geforderte Transformation geschafft. 

An der Kunstakademie lernte ich durch Lehrer wie Günter Bock und Peter Cook, Architektur als eine Antwort im Hier und Heute zu denken. Dazu wurden wir intensiv erzogen. Als junge Architektin profitierte ich von beiden Studiengängen – an der Städelschule durfte ich lernen, aus der Enge der technischen Herangehensweise den Entwurfsprozess befreiter angehen zu können. 

Portikus
Mainufer, 2010

Erzählen Sie uns von einem Ihrer bekanntesten Projekte, das heute nicht mehr im Stadtbild vorhanden ist: Die ursprünglichen Ausstellungshalle Portikus. 1987 am Ort des heutigen Literaturhauses errichtet. Ein „fliegender“ Bau, der ursprünglich nur für zwei Jahre genehmigt worden war und dann immer wieder verlängert wurde. Schließlich hatte er 17 Jahre Bestand. Sie waren damals noch sehr jung, gerade am Anfang ihrer Karriere. Wie kam es dazu? 

Marie-Theres Deutsch: Die Haltung Kasper Königs spielte eine große Rolle. Er dachte anders als der Mainstream. Von Thomas Bayrle wussten wir, dass Kasper Interesse daran hatte, nach Frankfurt zu kommen. Unter der Bedingung, dass er einen Ort seiner Wahl bespielen kann. Wo hätte dies sein können? Wir fuhren damals zu dritt über die Brücke am Main, wo heute das Literaturhaus steht. Manfred Stumpf, Thomas Bayrle und ich. Ein Künstler drehte dort gerade eine Filmszene. Ein riesiger Halogenstrahler strahlte die damalige Ruine an. Einer von uns schrie: „Das ist es!“ Dieser Augenblick hat uns den Ort neu wahrnehmen lassen. 

Thomas erzählte Kasper von unserer Idee. Und dass es schwierig sei. Die Ruine, ein Mahnmal für die Soldaten des Zweiten Weltkrieges, stand im Anlagenring, einem Grünring anstelle des abgetragenen Walls. Das Gesetz gibt bis heute vor, darin nicht bauen zu dürfen. Kasper biss sofort an. Ein wunderbarer Ort, ganz nah an der Innenstadt, dennoch im Off. Obdachlose hielten sich dort häufig auf. Kasper und Thomas trafen sich in Frankfurt zum Essen. Dieses Restaurant besuchte ich zufällig an diesem Tag. Thomas sah mich und rief: „Da kommt sie ja! Hier, Kasper, Deine Architektin!“ So kamen wir zusammen. Die beiden Momente waren entscheidend. So wuchs die Idee, die vom späteren Namen Portikus noch ganz losgelöst war. Das Museumsufer war gerade fertig geworden, Orte mit hohen Schwellen. Für Kasper war genau das Gegenteil wichtig: ein unkomplizierter, lebendiger Ort sollte entstehen, der Dünkel des Etablierten sollte ausgeschlossen sein.  

Einige Jahre danach entwickelte ich mit der gleichen Haltung viele kleine Orte am innerstädtischen Mainufer. Dies führt bis heute zum Erfolg: das Mainufer mit seinen kleinen Bars ist sehr beliebt – nicht nur die Frankfurter lieben die niedrigschwelligen, entspannten Orte unmittelbar am Wasser.

Wie wurde Ihr Vorhaben außerhalb der Kunstblase wahrgenommen? 

Marie-Theres Deutsch: Selbst innerhalb der Städelschule war meine Planung des Portikus umstritten. Meine vormaligen Lehrer warfen mir Respektlosigkeit vor. „…Sie klatscht die Kunstkiste direkt an die Ruinenwand…“  – wie einige sich ausdrückten. „…es ist das Mahnmal für die gefallenen Soldaten!“, sagten sie. Ich wurde als `Rotznase´ beschimpft. Im Hochbauamt musste ich mir anhören: „Die ist viel zu jung und unerfahren, die kann das gar nicht. Das machen wir selbst!“ Ich wurde sehr wütend. Es folgte ein intensives Arbeitswochenende mit Kollegen und Kommilitonen mit der Ansage: „…wir haben ein Wochenende Zeit und planen den Entwurf im M 1:50 incl. Details komplett durch…“. Gesagt, getan. Montagsfrüh stand ich mit der gefüllten Planrolle vorm Eingang des Hochbauamtes und fing die Herren ab. Gnädig nahm man mich mit in die Sitzung. Ich präsentierte den durchgeplanten Entwurf. Mein Engagement gekoppelt mit Frechheit war mein Glück. Auch mein technisches Wissen aus der Fachhochschule kam mir wieder zugute.  

Hilmar Hoffmann als Kulturdezernent und Hans-Erhard Haverkampf als Baudezernent unterstützten das Projekt. Klar war, dass die Stadt Frankfurt sich sehr um Kasper König bemühte. Der Bauleiter der städtischen FAG, die die örtliche Bauleitung übernahmen, mochte mich. Ich trat sehr männlich auf – die Zigarren, die mir angeboten wurden, die habe ich selbstverständlich mitgeraucht. Es war ein ziemlicher Kampf: Wie werde ich als junge Architektin anerkannt? Wie stehe ich meinen Mann? Das muss man schon so sagen. Aber es ging.  

Alte Oper, Musikpavillon
Paradiesgasse 13; Foto: Christoph Theurer

Vor einigen Jahren gab es die Ausstellung „Frau Architekt“ im Deutschen Architekturmuseum, die erstmalig so etwas wie eine Bestandsaufnahme der Arbeit von Architektinnen in einem ursprünglich männerdominierten Betrieb zeigte. Sie haben in einem Film zur Ausstellung von Ihren Erfahrungen erzählt. 

Marie-Theres Deutsch: Ja, ich erzählte, wie schwierig das damals war. Während meines Studiums an der Städelschule wurde meine Tochter geboren. Mein Lehrer Peter Cook sagte: „An unserer Akademie gibt es keine Kinder!“ Das beeindruckte mich nicht. Durch den frühen Tod unseres Vaters entstamme ich einem Fünf-Frauen-Haus – und das aus dem schwarzkatholischen, bigott-biederen Trier. Wir lernten damals schnell, was wir als junge Frauen zu tun hatten: ein wenig Frechheit gekoppelt mit Schnelligkeit und Provokation. Um nicht unter die Räder zu kommen. 

Eine Frage, die man einem Mann auch nicht stellen würde: War es deshalb ganz klar für Sie, als Mutter und Architektin selbständig zu arbeiten? 

Marie-Theres Deutsch: Naja – in den 1980er-Jahren sagten sich viele Frauen in meinem Umfeld: das bekomme ich allein hin! Warum ein Mann, der mir ständig reinredet?  

Wir Mütter halfen uns gegenseitig aus, immer im Wechsel. Wohnung und Büro waren häufig nur durch eine Tür getrennt. Im Büro saßen im Mittel zehn Mitarbeiter, von denen immer jemand in der Wohnung für die Mannschaft kochte. Oder mit meiner Tochter spielte. Nach einigen Jahren wurde mir das regelmäßig zu viel. Dann trennte ich wieder Büro von der Wohnung mit der Folge, dass das Kind zuhause zu lange allein war.  

Im Arbeitsalltag ist der erste Schritt die Bedarfsplanung, bevor das Entwerfen stattfindet.  Wettbewerbe gehören dazu. Gibt es Gebäude, die Sie sehr gern gebaut hätten, die aber nie realisiert wurden? 

Marie-Theres Deutsch: Oh, ja! Wir hatten die Einladung eines Wettbewerbes, einen mobilen Opernpavillon für 70 Musiker vor der Alten Oper zu entwickeln. Den Wettbewerb gewannen wir in zweiter Runde und wurden mit den Ausführungsplanungen beauftragt, gemeinsam mit den Ingenieuren Bollinger+Grohmann – ein genialer Entwurf. Die ARCH+ veröffentlichte das Projekt, es gab große Resonanz. Eine Woche vor Baubeginn wurde das Projekt plötzlich gestoppt. Ich erhielt den Anruf einer Sekretärin aus dem Hochbauamt, die uns mitteilte, sämtliche Arbeiten ab sofort einzustellen. Das war bitter. Wir hatten zwei Jahre intensiv daran gearbeitet und fielen in ein tiefes Loch. Bis heute weiß ich nicht, aus welchem Grund die Ausführungen gestoppt worden sind. 

Die Idee der Wassertaxen-Linie wurde auch nicht umgesetzt. Zur Fußball-WM 2006 sollten sechs Wassertaxen, die gestalterisch auf die Skyline reagierten, entlang der Innenstadt vom Westhafen bis Osthafen kreuzen. Der leider vor ein paar Tagen verstorbene Friedrich von Metzler half mir damals sehr, Anlieger am Main als Sponsoren für die Taxen anzuwerben. Die Sponsoren hätten jeweils ein Wassertaxi und die ersten drei Jahre Betriebskosten finanzieren müssen. Die Familie Nauheimer wurde als Betreiber der Taxenlinie gewonnen, die Kanzlei FPS begleitete die Vertragsfindung unentgeltlich.  

Die großangekündigte multimediale Lichtshow SkyArena während der WM warb sukzessive die bereits gefundenen Sponsoren mit enormen Versprechungen ab. Das Mainlust-Wassertaxi hatte ich eigenfinanziert – über zwei Jahre unbezahlte Präsentationen, Besprechungen und planerischen Anpassungen führten mich an den finanziellen Rand. Petra Roth, damals Oberbürgermeisterin, versprach uns mit allem – außer finanzieller Mittel – zu unterstützen. Nach diesem Schreiben gab ich in der FAZ das Ende des Projektes bekannt. Bis heute werde ich immer wieder auf das Projekt angesprochen. Die Idee ist immer noch gut, auch wenn ein anderes finanzielles Konzept entwickelt werden müsste.

Mainlust Wassertaxi

Ist Frankfurt eine Stadt, die ihre Potentiale – und zwar gerade die kreativen – nicht ausschöpft? 

Marie-Theres Deutsch: Heute ist meine Überzeugung: Frankfurt ist eine Stadt der Wirtschaft und der Banken. Wir hatten eine kurze Blase der Kultur mit Kasper König. Galerien wurden subventioniert, damit die Galeristen- und Kunstszene in die Stadt gelockt wurde. Es war eine kurze Zeit – gerade mal 15 Jahre. Mäzene wie Sylvia und Friedrich von Metzler sind hier wichtig zu nennen, sie unterstützen auch ungewöhnliche Ideen. Es braucht Persönlichkeiten als Träger kultureller Ideen – damit spannende Projekte wie aktuell der Frankfurt Prototype nicht nach wenigen Monaten im Sande verlaufen. Ich musste mir wegen des Portikus damals häufiger anhören: „Die Blechkiste ist doch keine Architektur!“ Der damalige Stadtplanungsdezernent ignorierte mich als junge Frau immer wieder. Die Kunstkiste war der Frankfurter Gesellschaft zu frech. 

Und im Nachhinein wird so ein Vorhaben dann, klar, nostalgisiert. 

Marie-Theres Deutsch: Das hat mit Kasper selbst zu tun. Der Mythos wächst, immer noch. Die großartigen Ausstellungen mit Avantgarde-Künstlern, die hier kaum jemand kannte. Die Architektur hat jedoch ihren Anteil daran. Das Gebäude war die Antithese zum Museumsufer – wie Dieter Bartetzko 1987 kurz nach seiner Eröffnung schrieb. Dass Museumsgebäude durch die Künstler gelöchert, umgebaut, verlängert oder durchstoßen werden, ist bis heute undenkbar. Diese Dienstleistung für die Kunst haben wir mit dem Portikus erfüllt. Eine Reihe von Künstlern konnte ich beim teilweise massiven Eingriff ins eigene Gebäude begleiten. 

Welche Pläne möchten Sie noch realisieren? Woran arbeiten Sie aktuell? 

Marie-Theres Deutsch: Es gibt ein Herzensprojekt und eines zum Geldverdienen. Als Architekt sollte man möglichst zweigleisig fahren. Für einen Investor plane ich ein größeres Wohnbauprojekt, im Speckgürtel Frankfurts. In Alt-Sachsenhausen bin ich seit einigen Jahre in ein Projekt involviert, das durch Corona und die anschließende Hochzinsphase verzögert wurde. Momentan bin ich auf die Reaktionen der Behörden sehr gespannt. Es gab Zeiten, in denen man mit Anwalt zur Behörde gegangen ist – das erzeugte keine gute Stimmung. Allmählich scheint sich etwas zu bewegen – in letzter Zeit konnte ich freundlich-konstruktive Gespräche in den Ämtern führen.

Privatmuseum im Osthafen für Ulrich Rückriem