Ab in den Urlaub! Das Schirn Mag hat die schönsten Reiseziele erkundet. Basel ist nur knappe drei Zugstunden von Frankfurt entfernt und auch ohne den Glamour der Kunstmesse definitiv eine Reise wert.
1. Martha Rosler & Hito Steyerl im Kunstmuseum Basel Gegenwart
„War Games“ – damit assoziiert man womöglich erstmal Ego Shooter und die damit einhergehende Debatte um gewaltfördernde Computerspiele. Mit ihrer gleichnamigen Ausstellung im Kunstmuseum Basel Gegenwart zeigen die Künstlerinnen Martha Rosler und Hito Steyerl jedoch, dass die zunehmende Militarisierung des Alltags kein neues Phänomen ist: Martha Rosler fing bereits in den 60er Jahren an, die mediale Aufarbeitung des Vietnamkriegs in ihren Fotocollagen zu thematisieren.
Hito Steyerl widmet sich in ihren multimedialen Installationen hingegen Macht- und Herrschaftsstrukturen des Neoliberalismus. Vor ihrer Videoinstallation „Is the Museum a Battlefield“ (2013) hat Steyerl eine Sitzgelegenheit aus Sandsäcken platziert, die an eine militärische Deckung erinnert. Das Video selbst befragt die zwielichtige Finanzierung einiger Kunstinstitutionen durch Sponsoren wie Rüstungskonzerne. Obwohl die Ästhetik der beiden Künstlerinnen kaum unterschiedlicher sein könnte, eint sie die gemeinsame Reflektion über die Macht der Bilder im Allgemeinen und derer, die sie selbst produzieren. Der Dialog zwischen diesen zwei künstlerischen Positionen ist also längst überfällig gewesen – und gelingt! Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Dezember zu sehen.
2. „Einen Wickelfisch zum Mitnehmen, bitte.“
Basel kann man fast gänzlich zu Fuß durchqueren, doch es gibt eine Art sich fortzubewegen, die ausschließlich im Sommer praktiziert wird: das Schwimmen im Rhein. Noch mehr Spaß macht es mit dem sogenannten Wickelfisch, eine wasserdichte Tasche, mit der man ins Wasser springen kann, ohne dass Kleidung, Wertsachen und Telefon darin nass werden. Das haben wir gleich mal ausprobiert. Über die Wettsteinbrücke geht‘s ans andere Rheinufer, Hab und Gut im pinken Fisch, sieben Mal zugebunden und ab in die Fluten. Getragen von der Strömung des Rheins, kann man sich entspannt auf den Badesack lehnen und ans Ufer schwimmen, sobald man sein Ziel erreicht hat.
3. Brötli Bar
Stullen, Schnittchen, Canapés – in der Schweiz heißen die belegten Brothälften „Brötli“ und in Basel hat sich ein ganzer Laden ihrer Herstellung angenommen. In der Brötli Bar im Hotel Stadthof kann man zwischen 30 verschiedenen Sorten wählen und die leckeren Scheiben entweder vor Ort verzehren oder mitnehmen. Ob Curry-Reis, Spargel, Tartar oder Lachs – kein Wunsch bleibt an diesem Ort unerfüllt. Um sich durch die vielen Sorten durchzuprobieren braucht man Zeit. Daher sollte man am besten gleich mehrmals Pausen in der Gerbergasse einplanen.
4. Werkraum Warteck pp
Basel ist in der Kunstwelt vor allem für seine im Frühjahr stattfindende Messe Art Basel bekannt. In den 90er Jahren wurde die Stadt dann noch um die Kunstmesse LISTE bereichert, um vor allem jungen und internationalen Galerien für zeitgenössische Kunst eine Plattform zu geben. Auch bei der Auswahl des Veranstaltungsortes wollte man der großen Messe-Schwester etwas entgegensetzen und zog in die ehemalige Brauerei Warteck. Die wenigsten Besucher Basels wissen jedoch, dass auch außerhalb der Messeszeit an diesem Ort spannende Veranstaltungen stattfinden und sich verschiedene Ateliers sowie eine DJ-Schule für Frauen hier befinden. Wer im Kulturbetrieb tätig ist und noch einen Schlafplatz sucht, kann im Nachthafen sogenannte Schlafnischen mieten und mit anderen Kulturtätigen ins Gespräch kommen. Ein Blick in das vielfältige Angebot des Werkraums Wartweck pp lohnt sich allemal.
5. Der Ausstellungsraum SALTS
Es ist schon fast zehn Jahre her, seitdem Samuel Leuenberger in der alten Metzgerei seines Großvaters den Ausstellungsraum SALTS in Leben gerufen hat. Was zunächst als kleiner Kunstsalon begann, zählt heute zu einem der der gefragtesten Ausstellungsräume. Mit der diesjährigen Edition der Art Basel eröffneten hier auch drei Sommerausstellungen, die noch bis zum 23. August besucht werden können. Ein besonderes Highlight ist „Adrenarchy“ von Jumana Manna, wofür die Künstlerin den Raum in eine Saunalandschaft verwandelt hat. Auf hellen Holzbänken liegen überdimensionale Muskelpartien, die sich auszuruhen scheinen. Als Kontrast zu den harten Körperteilen sind daneben Handtuchstapel, auf denen wiederum Smartphones und Tablets mit Animationen von wabernder Haut zu sehen sind.
Wer sich nach seinem Besuch erfrischen möchte, braucht nicht weit zu laufen. Hinter der umgebauten Garage, in der zurzeit Arbeiten von Rodrigo Hernández zu sehen sind, befindet sich ein wundervoller Garten direkt an der Birs. Dort finden sich auch noch Spuren von vergangenen Projekten, darunter ein Wassertank von Lena Henke, deren Arbeit „Schrei mich nicht an, Krieger!“ 2017 in der Rotunde der SCHIRN zu sehen war.
6. Raphaela Vogel und Luke Willis Thompson in der Kunsthalle Basel
Eine ICE-Fahrt von Frankfurt nach Basel dauert noch nicht mal drei Stunden. Das mag unter anderem erklären, warum viele Absolventen der Städelschule früher oder später in der Stadt am Rhein ausstellen. Die Kunsthalle Basel präsentiert mit den aktuellen Soloausstellungen von Raphaela Vogel und Luke Willis Thompson zwei Künstler, die beide 2014 ihren Abschluss in Frankfurt gemacht haben und doch in ihren Ausdrucksformen nicht unterschiedlicher sein könnten.
Im Erdgeschoss bäumt sich ein Hengst auf, Bildschirme sind in Dixi-Urinale integriert, Aluminium-Traversen dienen als Podeste für Projektionen, und irgendwo dröhnen Fanlieder vom BVB. Raphaela Vogel verwandelt in „Ultranackt“ männliche Symbole in dystopische Videoskulpturen. Im Obergeschoss hingegen rattert ein 35mm-Film Luke Willis Thompsons und zeigt Stecknadeln, die einzelne Hautpartien zusammenhalten. Es ist eine winzige Skulptur des an Sichelzellenanämie erkrankten Künstlers Donald Rodney, die er aus seiner eigenen Haut angefertigt hat. Thompson hat mit dem Film „_Human“ eine poetische Hommage an sein künstlerisches Vorbild geschaffen und befragt zugleich den Körper als Ort von Klassenproblematiken. Wer es bis 18. August nicht nach Basel schafft, kann seine Arbeiten auch in London sehen. Dort ist er für seine Arbeit „Autoportrait“ für den diesjährigen Turner-Prize nominiert.
7. Rheinhafen
An einem Sommerabend gibt es kaum etwas Schöneres, als am Wasser zu sitzen. Seit wenigen Jahren gibt es einen Ort am Rhein, an dem man nicht nur gemütlich sitzen, sondern auch ausgiebig tanzen kann. Hierfür muss man den unteren Rheinweg Richtung Klybeck entlang laufen, die Schienen überqueren und schon ist man am Hafen. In alten Containern haben sich hier Bars angesiedelt, die liebevoll dekoriert sind und zum Verweilen einladen. Sogar ein altes Schiff wurde für diese Zwecke umfunktioniert: Das „Roofdeck“ beherbergt Cocktailbar, Restaurant und Lounge zugleich und lädt regemäßig DJs ein.
8. Literaturautomat
Zigaretten bergen Suchtgefahr und so auch gute Literatur. Nur kommt man zu letzterem im Alltag leider viel zu selten – dies wissen auch die Betreiber der Literaturautomaten. Aus diesem Grund haben sie in zwei Baseler Buchhandlungen sowie im Literaturhaus je einen ausrangierten Zigarettenautomaten mit kleinen Texten versehen. Anstelle von Zigaretten befinden sich in diesen Schachteln Lyrik und Prosatexte auf kleinen Karten. Jeder Automat wird mit einer begleitenden Lesung eröffnet und der gleichnamige Verein Literaturautomat organisiert über das ganze Jahr hinweg Veranstaltungen mit interessanten Autoren. Der nächste Workshop findet am 2. September statt. Um mehr zu erfahren lohnt sich ein Blick auf die Webseite.
9. Bruce Nauman im Schaulager
Eine 10-minütige Tramfahrt vom Hauptbahnhof entfernt, inmitten eines Gewerbegebiets, würde man erstmal keine Kunst vermuten. Doch die Laurentz-Stiftung hat uns eines Besseren belehrt und 2003 das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron beauftragt, genau an diesem Fleck den idealen Ort für die Aufbewahrung von Kunstwerken zu schaffen. Seitdem finden im Schaulager große monographische Ausstellungen von zeitgenössischer Kunst statt.
Ob Bruce Nauman noch zur Gegenwartskunst zählt, darüber lässt sich bestimmt streiten. Nichtsdestotrotz gibt es wohl wenige Künstler, deren Werk auch nach über 50 Jahren noch eine solche Anziehungskraft auf den Betrachter ausübt, wie es bei dem Amerikaner der Fall ist. Die Retrospektive „Disappearing Acts“ beginnt bei Naumans frühen Studioarbeiten, zeigt seine bekannten Neoninstallationen und auch jüngere Arbeiten, in denen der 76-jährige mittels 3D-Technik sein bekanntes Video „Walk with Contrapposto“ (1968) reenactet. Die Ausstellung ist noch bis zum 26. August zu sehen und tourt danach zum Museum of Modern Art in New York. Kleiner Tipp am Rande: Die Eintrittskarte gilt auch für einen Besuch der Sammlung des Kunstmuseums. Dort werden die Werke „Days“ (2009) und Untitled (1970/2009) von Nauman ausgestellt.
10. Merian Gärten
Dass die Schweiz teuer ist, kann man kaum leugnen. Wir hatten jedoch das Glück, den wohl schönsten Ort Basels zu entdecken und festzustellen, dass dieser auch noch ganz umsonst ist: Unweit des Schaulagers führt eine kleine, unauffällige Straße in die wunderschönen Merian Gärten. Auf 18 Hektar befindet sich hier ein Englischer Garten, unter Naturschutz stehende Trockenwiesen und ein Gutshof. Das Angebot der Merian Gärten ist wirklich beeindruckend und kaum an einem Tag zu schaffen: Man kann sich in einem Labyrinth nicht nur verirren, sondern auch über Pflanzenarten informieren, ein Bienenhaus besichtigen, zusehen, wie Seidenraupen schlüpfen oder an einer der vielen Veranstaltungen, wie z.B. dem viktorianischen Picknick am 8. August, teilnehmen. Oder aber man genießt einfach das gute Essen auf der Terrasse der Villa Merian, wofür Gemüse und Obst aus den eigenen Gärten verarbeitet wird. Kurzum: Eine Oase zum Wohlfühlen.