MIRÓ IN DER SCHIRN

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MIRÓ IN DER SCHIRN
26. FEBRUAR BIS 12. JUNI 2016
Joan Miró, Zwei Raubvögel (Detail), 29. Mai 1973
Joan Miró, Konstellationen, 1959

NEUER ZUGANG ZU MIRÓ

Sie kennen Joan Miró als einen der größten Künstler des 20. Jahrhunderts, sie kennen Mirós fantastische Bildwelten und kräftigen Farben? Aber kennen Sie auch seine großen Formate? Seine Faszination für Wände und Mauern? Seine Experimente mit ungewöhnlichen Materialien? In der Ausstellung WANDBILDER, WELTENBILDER können Sie diese bislang kaum bekannte Seite von Miró entdecken – in 50 zum Teil monumentalen Werken aus bedeutenden Museen und privaten Sammlungen weltweit.

Ich will die Malerei ermorden.

Joan Miró

Ein Mörder und sein Motiv

Schon früh reift in Joan Miró der Wunsch, der konventionellen Malerei ein Ende zu setzen. 1927 verkündet der stets tadellos gekleidete junge Mann öffentlich: „Ich will die Malerei ermorden.“ Ein Aufschrei geht durch die Öffentlichkeit, noch bevor das Motiv klar ist.

Miró will nichts Geringeres, als eine von ihm verachtete Tradition umzustürzen. Eine radikal reduzierte Bildsprache und eine Vielzahl an Experimenten sind die Tatwerkzeuge. Die Spuren, die er hinterlässt, sind nicht zu übersehen: Er variiert die Malgründe, pflügt sich durch die Materialien wie ein Bauer, der sein Feld bestellt. Die Beschäftigung mit Texturen führt ihn zu immer größeren Formaten – bis hin zu monumentalen Wandarbeiten. Der junge Katalane, der in die Welt zieht, um die Malerei zu ermorden, sollte sich im Urteil der Nachwelt zu einem der experimentierfreudigsten Erneuerern der modernen Kunst entwickeln.

Joan Miró um 1930, fotografiert von Man Ray

Die ganze Welt in einem einzigen Bild

Anders als seinen surrealistischen Weggefährten fällt es Miró leicht, auf das Leben in der pulsierenden Metropole Paris zu verzichten.

Er zieht sich zuweilen in die ländliche Abgeschiedenheit von Mont-roig del Camp zurück, wo seine Familie seit 1911 lebte. Aus der bloßen Betrachtung schlichter Mauern erschafft er ein Werk, das zum Auslöser für seine spätere künstlerische Entwicklung wird: Der Bauernhof (1921/22). Mirós Beschäftigung mit Materialität und Strukturen, sowie die Tendenz zur Abstraktion deuten sich darin bereits an. Es sind seine ersten Schritte in eine wegweisende Malerei, die in der Folge zu seinem Markenzeichen wird.

Joan Miró, Der Bauernhof, 1921/22

Der Zauber des Ur­sprüng­lichen

Man könnte meinen, dass die rätselhaften Szenen, Figuren und Gegenstände seines Bildes „Der Bauernhof“ auf die Auseinandersetzung der Surrealisten mit dem Traum und dem Unbewussten verweisen. Dieses für Miró sicher prägende Umfeld ist jedoch nicht Quelle der Inspiration: Er entdeckt die Motive auf dem Hof seiner Familie. Die Figuren und Objekte sind vereinzelt im Bildraum arrangiert und überschneiden sich nicht. Zudem erscheinen innerhalb des Gartens immer wieder geometrische Formen, mit denen der Künstler die Welt des Sichtbaren verlässt und in eine poetische Welt der Zeichen aufbricht.

Die erste Wand vergisst man nie

Mit der Fülle von Details inszeniert Miró die Fassade des Bauernhofs als kompositorisches Gegengewicht zum Treiben im Hühnerstall.

Sie ist mit Rissen übersät, der Putz bröckelt und ist von Unkraut und Moosen überwuchert. In der akribischen Beschäftigung mit diesen Strukturen zeigt sich nicht nur der rational-ordnende Gestaltungswille Mirós, sondern auch eine Affinität zu Materialien und Strukturen. Der Künstler widmet sich den Details. Sie werden zu einem wichtigen Gestaltungselement seiner Komposition.

„Man muss zu einem internationalen Katalanen werden.“ (Joan Miró)

Intellektuelle, Schriftsteller und Künstler strebten zu Beginn des 20. Jahrhunderts danach, die kulturelle Identität Kataloniens zu stärken. Die Kunst sollte ihrem mediterranen Erbe treu bleiben. Obwohl sich Miró seiner Heimat verbunden fühlt, will er sich nicht von der Bewegung vereinnahmen lassen und gerät zusehends zum Außenseiter.

Seine erste Ausstellung in Barcelona 1918 stößt beim Publikum auf Unverständnis und wird von Kritikern zerrissen. Nach diesem Misserfolg steht für Miró fest: Um seine Malerei weiterzuentwickeln, muss er die geliebte Heimat verlassen und ein „internationaler Katalane“ werden. Seine Neugierde auf die moderne französische Kunst mit all ihren Varianten ist geweckt – das nächste Ziel heißt Paris.

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Joan Miró in einem Brief an Arxiu Ricart vom 18. Juli 1920.

Eine poetische Vision

Joan Miró, Malerei, Sommer 1936

Kopfüber in die Welt der Zeichen

Schon in den 1920er-Jahren entwickelt Miró seine eigene Bild- und Zeichensprache. Was sich in „Der Bauernhof“ bereits angekündigt hatte, führt er wenige Jahre später radikal weiter.

Joan Miró beschreibt, den chaotischen Zeiten zum Trotz, eine innere Welt – leuchtend und unerklärlich.

Miró wechselt ab 1926 vermehrt seinen Aufenthaltsort, lebt in Paris, Mont-roig und Barcelona. Kulturelle und innenpolitische Verwerfungen sowie regionale Autonomiebestrebungen prägen die spanische Gesellschaft zu dieser Zeit. Mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs 1936 zieht sich Miró zunächst nach Mont-roig zurück, wo er seine Arbeiten auf Masonit-Holzfaserplatten beginnt, dann geht er wieder nach Paris.

Joan Miró, Malerei, Sommer 1936

Neue alte Bildwelten

Eine laue Sommernacht

Auf bräunlichem Bildgrund spaziert eine Frau durch die Nacht an einem Baum vorbei. Als lineare Figur erhebt sich ihre Gestalt im Bildvordergrund. Sie ist aus einem breiten dreieckigen Sockel geformt, der in einen gelben Kopf mündet. Augen und Haare sind erkennbar. Ovale Gebilde, verbunden durch einen senkrechten Strich, greifen die Formen der Natur auf und werden zu dem Baum im linken Bildmittelgrund. Dahinter bilden gekreuzte Linien und ein Halbkreis die Gestirne der nächtlichen Szenerie.

Es wird deutlich, dass Mirós surrealistische, aber dennoch konkrete Malweise aus den 1920er-Jahren sich 1936 in seinem Bild „Malerei“ zu einer Zeichensprache entwickelt hat.

Rätselhafte Formen

Realistische Details sind zu abstrakten Einzelheiten geworden. Ein Kreis bildet das Auge und deutet den Kopf der Frau im Profil an. Haare sind durch Striche angedeutet. Die Horizontlinie ist verschwunden und der Bildraum wird zur Fläche.

Es handelt sich um eine imaginäre Szene. Die Vorstellungskraft des Betrachters ist gefragt, um aus den abstrahierten Formen und Symbolen den Sommerspaziergang einer Frau zu bilden.

Joan Miró, Katalanischer Bauer mit Gitarre, 1924

Zeitlose Symbole des Land-lebens

Mit wenigen Strichen skizziert Miró einen katalanischen Bauern in einer typischen Tracht.

Vor dem blauen Hintergrund bilden zwei schwarze, gekreuzte Linien eine menschliche Figur. Am unteren Ende wird die Linie geschwungener und läuft in eine bauchige Form über, an die sich zwei Beine anfügen. Eine rote Barretina, die traditionelle Kopfbedeckung der katalanischen Männer, deutet den Kopf an. Eine Pfeife in der rechten und ein Saiteninstrument in der linken Hand lassen sich erahnen.

Thematisch bleibt Miró seinen ländlichen Wurzeln treu. Immer wiederkehrende Symbole für Pflanzen, menschliche und tierische Figuren oder Gestirne sind universell und zeitlos. Sie bilden den Kern einer Zeichensprache, die menschliche Urerfahrungen thematisiert und in ihrer Einfachheit bereits in Höhlenmalereien anklingt.

Joan Miró, Die spanische Flagge, 1925

Ein Maler zeigt Flagge

Das Gemälde „Spanische Flagge“ (1925) bringt Mirós Nationalbewusstsein zum Ausdruck.

Die Anordnung der Farben Rot-Gelb-Rot steht eindeutig für die Flagge Spaniens. Mirós Bildsprache ist hingegen nicht auf Anhieb zu entschlüsseln. Manche Elemente sind so einfach und allgemeingültig, dass fast jeder mit ihnen etwas verbinden kann. Viele seiner Zeichen folgen aber einer eigenen Logik.

Joan Miró, Frauenkopf, 1939

Zwischen Himmel und Erde

Die Welt der Vorstellung

In Mirós imaginären Welten voller Zeichen und Symbole bleibt immer Raum für den Betrachter. Der Künstler erzählt keine Geschichten, sondern setzt vollkommen losgelöst von einer allumfassenden Erzählung urtümliche Zeichen in den Bildraum: Frau, Nacht, Baum. So öffnet er dem Betrachter zugleich ein Spielfeld für freie Assoziationen, Ideen und Deutungsmöglichkeiten. Mirós Bilder fordern dazu auf sich über das, was man sieht, Gedanken zu machen und seine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.

Als 1940, während des Zweiten Weltkrieges, der Einmarsch der Deutschen in Frankreich zu befürchten ist, kehrt Miró nach Spanien zurück und bezieht ein Atelier in Palma de Mallorca. Das Land befindet sich zu dieser Zeit bereits unter der Diktatur Francos.

Ich habe mich in mich selbst zurückge­zogen und je skep­tischer ich gegen meine Umgebung wurde, desto näher kam ich allem, wo Geister wohnen: den Bäumen, den Bergen, der Freund­schaft.

Joan Miró

Die Bedeu­tung der Farben

Joan Miró, Malerei, 1925
Joan Miró, Malerei (Die Magie der Farbe), 1930

Radikale Redu­zierung

Ein weißer Bildgrund. Zwei große Farbflecken in Gelb und Rot. Ein kleiner schwarzer Fleck. Und nichts weiter?

Die 1930 entstandene Arbeit „Die Magie der Farben“ gilt als eines von Mirós Schlüsselwerken. Der Verzicht auf gegenständliche Formen erhöht die Konzentration auf die Farben, die dem Betrachter in Form unterschiedlich großer Flecken entgegenschweben. Der kleine schwarze Punkt verstärkt den Eindruck von Raum und Weite. Gleichzeitig wird der Betrachter mit einer Leere konfrontiert, die für die Unendlichkeit stehen kann. Miró wählt die gestalterischen Mittel seiner Bilder zurückhaltend: Oft verwendet er ausschließlich Grundfarben, schwarze Linien, reduzierte Formen. Durch die Begrenzung der Bildinhalte auf farbige Flecken verlässt der Künstler die letzte Stufe realistischer Darstellung.

Joan Miró, Zwei Raubvögel, 29. Mai 1973

Auch in Mirós später Arbeit „Zwei Raubvögel“ beschränken sich die malerischen Mittel auf das Wesentliche: Allein durch schwarze Umrisslinien werden die beiden Vögel angedeutet. Ihre Körper bleiben in der Fläche verhaftet und es ist unklar, wo das eine Tier beginnt und das andere aufhört.

Joan Miró, Malerei (Die Magie der Farbe), 1930
Joan Miró, Blau, 1925

Grenzen­loses Blau

Eine alte Redewendung der Mallorquiner scheint im Gemälde mit dem schlichten Titel „Malerei“ umgesetzt zu sein: „Es war und war nicht.“ Aber ist hier überhaupt etwas? Miró hat die ganze Bildfläche einfach blau eingefärbt! Nicht einheitlich, sondern mit deutlich erkennbaren Pinselstrichen.

Die blaue Farbe hat einen wichtigen Stellenwert in Mirós Werk. Sie tritt immer wieder in Erscheinung, häufig als Grundierung der Bildfläche. Das 1925 entstandene Bild verrät nichts über die Absichten des Künstlers. Miró selbst führt in einer autobiografischen Notiz die Wahl der Farbe auf die blaue Sulfitlauge zurück, mit der die Wände der Bauernhöfe in Katalonien damals bespritzt sind.

Bei einer großen blauen Fläche denkt man unweigerlich auch an den Himmel. Er weist bei genauerem Hinsehen allerdings einen kleinen Fehler auf: In der linken oberen Ecke befindet sich ein kleiner Punkt. Eine gewollte Irritation! Miró denkt mit diesem Punkt über die traditionelle Malerei hinaus, indem er die Zerstörung des Malgrundes als Gestaltungselement der Bildfläche andeutet. Ein Loch würde den flachen Bildträger in die dritte Dimension erweitern. Dieses kleine Detail scheint gleichsam die Arbeiten des Künstlers Lucio Fontana vorzubereiten, der mit tatsächlicher, gezielter Zerstörung des Bildträgers Mitte des 20. Jahrhunderts den Raumbegriff in der Malerei revolutionierte. Die Reduzierung der Farben findet ihr Echo in den Werken von Yves Klein oder Mark Rothko.

Sieht man noch genauer hin, erkennt man eine horizontale Veränderung der Bildfläche im oberen Drittel. Fast so, als hätte die Leinwand hier einen Riss gehabt, den man durch Verputzen kitten wollte, wie man es bei einer Hauswand täte. Auch hier verweisen Mirós Werke auf die Wand als Inspirationsquelle.

Monumen­tale Formate

Joan Miró, Malerei, 1953

Blaue Bildgründe [ver­körpern] reine Malerei, die einem Gefühl der Einsamkeit und Verzweif­lung entspringt, das mich unablässig verfolgt.

Joan Miró

Miró setzt jenes Blau, das ihn seit der Kindheit begleitet, als strukturierten Hintergrund monumental ein. Darauf platziert er vereinzelte Punkte und lineare Elemente in Rot und Schwarz.

Zwischen 1961 und 1974 entstehen auf Mallorca eine Reihe von Triptychen, dreiteilige Bilder ungewöhnlicher Größe, in seinen Atelierräumen, die Miró eigens für diese großen Bilder konzipieren ließ. Miró zeigte seit jeher eine Vorliebe für großflächige Formate. Sie erlauben dem Maler weit ausholende Gesten, die durch die freie Bewegung des ganzen Körpers entstehen. Den Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens stellt das Triptychon „Blau I–III“ dar, das den Betrachter mit einer geradezu erschreckenden Leere konfrontiert. Dessen Kargheit übt in Verbindung mit dem großen Format gleichzeitig eine magnetische Anziehungskraft aus – man wird förmlich in die blaue Fläche hineingezogen. Die späteren großformatigen Arbeiten „Malerei“ und „Malerei I–III“ steigern diese Reduktion noch.

Wand oder Raum?

Miró malt große Bilderformate häufig als Triptychen. Der Künstler stellt sie damit in eine christliche Tradition und unterstreicht ihre Monumentalität. Durch die große Fläche, die sie auf der Wand bedecken, lassen sie für den Betrachter den real existierenden Raum in den Hintergrund treten und eröffnen ihm einen neuen, imaginären.

Dies wird besonders bei den drei 1973 entstandenen Werken „Malerei“ deutlich: Die Arbeit bewegt sich einerseits durch den in Schwarz und Weiß gestalteten Bildraum in der Zweidimensionalität. Der Eindruck wird durch die herablaufenden Farbspuren verstärkt, die stets auf den Charakter als Gemälde verweisen. Andererseits sieht der Betrachter unweigerlich eine in ihrer Form- und Farbgebung stark abstrahierte Landschaft – und damit einen dreidimensionalen Raum. Mit dem Wechselspiel zwischen Wand und Raum beteiligt sich Miró an der Einführung der abstrakten Malerei in die Dreidimensionalität – eines der zentralen Themen in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Rund um das Wandbild

Joan Miró, Frauen und Vögel (Detail), 1945

Die Malerei befindet sich seit dem Höhlenzeit­alter im Zustand der Dekadenz.

Joan Miró

Die Wand als Vorbild

Die Wand gehört zu den ältesten überlieferten Bildträgern. Lange bevor Menschen die erste Buchstabenschrift entwickelten, gestalteten sie die Wände ihrer Höhlen mit Malereien, Zeichen und Linien.

Miró und Josep Llorens Artigas betrachten die prähistorische Höhlenmalerei in Altamira

Auf Miró übte die Wand eine besondere Faszination aus. Die von der Zeit gezeichnete Oberfläche – mit Rissen, Unkraut, abgeplatztem Putz und verblasster Farbe – sollte sein Schaffen nachhaltig prägen. Eine Wand ist etwas Altes, Verwittertes, Unvollkommenes. Fasziniert von der Schönheit des Verfalls, versuchte er seinen Gemälden die Haptik und Textur von Wandoberflächen zu verleihen. So mischte er die Farben etwa mit Sand, Gips, Stroh oder Zement, um dem Farbauftrag einen möglichst plastischen Charakter zu verleihen. Fehler betrachtete er als wünschenswert: Einem Galeristen teilte er einmal mit, dass es nicht schlimm sei, wenn sich beim Transport seiner Bilder etwas Material löse, da sie dann stärker einer Wand ähnelten. 1935/36 entstehen drei Arbeiten mit dem Titel „Zeichen und Figurationen“. Sie zeigen Fische, Sterne, Figuren und andere reduzierte Motive in schwarzen Konturen. Miró nutzt hierfür verdünnte Ölfarbe, die er auf in Teer getränktem Sandpapier aufträgt. Dadurch wirkt die Malerei wie Graffiti auf einer verputzten Hauswand.

Es ist das Material, das ent­scheidet […]. Es ist das Material, das alles bestimmt.

Joan Miró

Miró im Atelier bei der Erstellung eines keramischen Wandbildes

Experi­mente in Keramik

In den Jahren 1955–1959 widmet sich Miró ganz der Keramik und erschafft bemerkenswerte Wandbilder aus Kacheln. Die „Mondwand“ und die fast 15 Meter lange „Sonnenwand“ für den Sitz der UNESCO in Paris bilden nur den Auftakt für eine Vielzahl an großformatigen Wandarbeiten im öffentlichen Raum.

Die Arbeit an den keramischen Wandbildern beginnt Miró oft mit vagen, kleinformatigen Skizzen. Eine Ausnahme stellen die beiden UNESCO-Wände in Paris dar. Hier sind maßstabsgetreue Papierentwürfe erhalten, die einen konkreten Eindruck der fertigen Werke vermitteln. Auf seinem Atelierboden überträgt Miró dann die Entwürfe auf die in dem Format der fertigen Wand ausgebreiteten Kacheln. Diese werden ein erstes Mal gebrannt, um die Farben dauerhaft zu fixieren; und ein zweites Mal, um die Oberfläche mit einer Glasur zu vereinheitlichen. Die finalen Farben zeigten sich erst nach dem Brennvorgang, sodass Keramikarbeiten ein Moment der Unvorhersehbarkeit anhaftet. Miró betrachtete diese Werke als künstlerische Kollektivarbeiten: Er arbeitete dafür stets mit dem befreundeten Keramikmeister Josep Llorens Artigas und dessen Sohn Joan Gardy Artigas zusammen.

„Der Junge wird es zu etwas bringen“

Joan Miró ruhte sich nie auf seinen Lorbeeren aus. Das zeigt ein Zitat des 85-jährigen, weltweit erfolgreichen Künstlers, in dem er sich selbstironisch als „Junge“ bezeichnete. In allen Phasen seines Lebens schuf Miró Meisterwerke, weil er neue Ausdrucksmittel mit der Spielfreude eines Kindes aufnahm. Begeben Sie sich in der Ausstellung der SCHIRN auf eine Entdeckungsreise, die Ihnen über die großen Formate und Wandbilder einen neuen Zugang zu Mirós Kunst ermöglicht – jenseits der berühmten, leuchtend bunten Gemälde, für die ihn alle Welt bewundert.

Geheimtipp

Joan Miró, Kopf Georges Auric, 1929

Was man nur am Original sieht:

FASZI­NATION MATERIAL

Viele Details von Mirós Umgang mit Oberflächen lassen sich durch digitale Reproduktionen am Bildschirm nicht wiedergeben. Daher lohnt es sich, das Material in der Ausstellung der SCHIRN am originalen Werk zu betrachten. Das trifft besonders auf den 1929 entstandenen „Kopf Georges Auric“ zu.

Das Porträt des französischen Komponisten ist formal auf die minimal erforderlichen Linien des Profilbildes reduziert. Es scheint nur aus schwarzen und beigefarbenen Flächen zu bestehen. Betrachtet man das Bild jedoch aus der Nähe, so fällt auf, dass der schwarze Hintergrund und das massive Auge als eine dicke Masse auf dem Bildträger sitzen. Es ist eine Collage aus Papier und Teer, ergänzt mit wenigen Strichen in schwarzer Tusche.

Die Arbeit fällt in die Phase der späten 1920er- und frühen 1930er-Jahre, in denen Miró mit ungewöhnlichen Materialien experimentiert, um die konventionelle Malerei zu überwinden. Mit seinen keramischen Wandbildern will er die Kunst später auch noch von den Grenzen der Staffelei befreien. Miró kreiert eine Dreidimensionalität des traditionell zweidimensionalen Gemäldes.

RUND UM DIE AUSSTELLUNG

ONLINE-TICKETS

Ohne Warten in die Ausstellung!

BESUCH

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MINISCHIRN

Während Sie die Ausstellung genießen, können die Kinder Ihre ganz eigenen Entdeckungen machen!

AUDIOGUIDE

Gesprochen von Kostja Ullmann

FUNDACIÓ JOAN MIRÓ

Erfahren Sie alles über Mirós altes Atelier in La Palma de Mallorca

KATALOG

Der reich bebilderte Ausstellungskatalog zu Mirós Wandbildern mit einem Essay von Joan Punyet Miró

FOLGE DER SCHIRN

#MIROMIRO
Das Digitorial wird ermöglicht durch die
Digitorial Design und Programmierung:
Scholz & Volkmer

ABBILDUNGEN

Zwei Raubvögel, 29. Mai 1973: © Fundació Joan Miró, Barcelona; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Konstellationen, 1959: © Privatsammlung. Foto: Gabriel Ramon; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Der Bauernhof, 1921/22: © National Gallery of Art, Washington, D.C.; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei, 1936: © Sammlung Nahmad, Schweiz; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei, Sommer 1936: © Sammlung Nahmad, Schweiz; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Katalanischer Bauer mit Gitarre, 1924: © Fundación Colección Thyssen-Bornemisza, Madrid; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Die Spanische Flagge, 1925: © Privatsammlung Schweiz. Foto: Peter Schälchli, Zürich; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Frauenkopf, 1939: © Sammlung Nahmad, Schweiz; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei, 1925: © Privatsammlung; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei (Die Magie der Farben), 1930: © The Menil Collection, Houston. Foto: Hickey-Robertson; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Blau, 1925: © Foto: Galerie Maeght, Paris; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei, 1953: © Solomon R. Guggenheim Museum, New York; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Blau I–III, 4. März 1961: © Centre Pompidou, MNAM-CCI, Dist. RMN-Grand Palais. Fotos: Philippe Migeat; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei I, 27. Juli 1973: © Archivio Fotografico Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei II, 27. Juli 1973: © Archiv Successió Miró; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei III, 27. Juli 1973: © Archivio Fotografico Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Frauen und Vögel, 1945: © Sammlung Würth; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei, um 1973: © Arxiu Fotogràfic de la Fundació Pilar i Joan Miró a Mallorca. Foto: Joan Ramon Bonet & David Bonet; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Malerei, um 1973: © Arxiu Fotogràfic de la Fundació Pilar i Joan Miró a Mallorca. Foto: Joan Ramon Bonet & David Bonet; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Malerei, 1974: © Arxiu Fotogràfic de la Fundació Pilar i Joan Miró a Mallorca. Foto: Joan Ramon Bonet & David Bonet; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Zeichen und Figurationen, 31. Dezember 1935: © Privatsammlung; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Zeichen und Figurationen, 1936: © Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Zeichen und Figurationen, 1936: © Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Sonnenwand (Entwurf für die UNESCO-Keramikwand), um 1957: © Arxiu Fotogràfic de la Fundació Pilar i Joan Miró a Mallorca. Foto: Joan Ramon Bonet & David Bonet; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Kopf Georges Auric, 1929: © Kunsthaus Zürich; Successió Miró/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

FOTOGRAFIEN

Man Ray: Joan Miró, um 1930: © MAN RAY TRUST/ ADAGP/ Telimage – 2016/ VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Miró und Josep Llorens Artigas betrachten die prähistorische Höhlenmalerei in Altamira, März 1957: © Fotoarchiv F. Català-Roca – Arxiu Fotogràfic de L’Arxiu Historic Col•legi d’Arquitectes de Catalunya.

Miró im Atelier bei der Erstellung eines keramischen Wandbildes, 1971/72: © Fotoarchiv F. Català-Roca – Arxiu Fotogràfic de L’Arxiu Historic Col•legi d’Arquitectes de Catalunya.

Weitere Fotografien: Schirn Kunsthalle Frankfurt.

AUDIODATEI

Zit. nach: Ausstellungskatalog „Joan Miró“. Hg.: Kunsthaus Zürich; Zürich 1986; S. 27. Aufnahme: 4-Real Intermedia GmbH, Offenbach, 2015.

ZITATE

„Ich will die Malerei ermorden“: zit. nach Ausstellungskatalog „Joan Miró. Mauer – Fries – Wandbild“. Hg.: Kunsthaus Zürich; München: 2015; S. 17.

„Ich habe mich in mich selbst zurückgezogen […]“: zit. nach Janis Mink: „Miró“; Köln: 1993; S. 17.

„Blaue Bildgründe […]“: zit. nach Ausstellungskatalog „Joan Miró. Mauer – Fries – Wandbild“. Hg.: Kunsthaus Zürich; München: 2015; S. 38.

„Die Malerei befindet sich […]“: zit. nach Ausstellungskatalog „Joan Miró. Mauer – Fries – Wandbild“. Hg.: Kunsthaus Zürich; München: 2015; S. 52.

„Es ist das Material […]“: zit. nach M. Rowell (Hg.): „Joan Miró: Selected Writings and Interviews”; London: 1987; S. 219.