ine historische Wende: 1889 entdeckte ihn Paul Gauguin für sich. 1896 experimentierte Edvard Munch mit ihm. Um 1900 widmete ihm die junge Künstlergeneration in Wien ihre Aufmerksamkeit. Folgen Sie in der SCHIRN Ausstellung zum Farbholzschnitt den neuen Impulsen, die eines der ältesten Druckverfahren der Menschheit belebten. Gezeigt werden Arbeiten von bedeutenden Mitgliedern der Wiener Secession sowie einigen heute fast vergessenen Künstlerinnen und Künstlern. Die traditionsreiche Technik ließ der Fantasie großen Freiraum und trug zu einer Popularisierung der modernen Kunst um die Jahrhundertwende bei.
Hochburg der Künste
Die Donaumetropole hätte ihren Ruf um 1900 bereits auf die atemberaubende Menge an Kaffeehäusern gründen können. Ein Übriges tat die Dichte an künstlerischen und intellektuellen Größen, die diese öffentlichen Wirkstätten magnetisch anziehend fanden und sie als ihre Wahlheimat betrachteten.
Wie weggefegt sind die letzten Reste der traditionellen Copien und Imitationen, und die Werke der Kunst sind wieder das geworden, was sie zu allen Zeiten waren: Neugeschaffenes, aus der Künstlerseele Geborenes.
Ver Sacrum Heft 2, 1900, S. 21.
Ansichtssache
In der kaiserlich-königlichen Residenzstadt reihte sich eine imposante Sehenswürdigkeit an die andere. Auf die beliebten Motive griff natürlich auch der Wiener Farbholzschnitt zurück. Die große Experimentierfreude der Künstlerinnen und Künstler führte allerdings nicht zu konventionellen Umsetzungen, sondern eine abstrahierende Reduktion von Form, Umriss und Farbe.
Eine revolutionäre
WiederentdeckungUpdate einer Tradition
Aufgeladen und aufgewertet: Im Umfeld der Secession, der Wiener Kunstgewerbeschule und der Wiener Werkstätten setzte eine jahrhundertelang vergessene Technik zu einem unerwarteten Höhenflug an.
rei Druckplatten mit verschiedenen Flächen ergeben insgesamt den Farbholzschnitt „Tigerkopf“. Je mehr Farbnuancen ein Farbholzschnitt aufwies, desto aufwendiger war sein Herstellungsprozess, weil jede Farbe einen eigenen Druckstock benötigt. Um mit möglichst wenigen Druckplatten auszukommen, setzten einige Künstler verstärkt Konturen als gestalterisches Mittel ein.
JAPANISCHE
EINFLÜSSE
Traumziel Japan
Europäische Künstler waren fasziniert von der japanischen Ästhetik. Der Secessionist Emil Orlik reiste zwischen 1900 und 1904 in das Land der aufgehenden Sonne, um den Farbholzschnitt vor Ort zu studieren.
Im Land der aufgehenden Sonne
Um 1854 gibt Japan seine Isolationspolitik auf. Diese Wendung löst in ganz Europa eine Begeisterung für die japanische Kultur aus, die sich über zweihundert Jahre von der Außenwelt abgeschottet und fremden Einflüssen entzogen hatte.
Hand in Hand
Emil Orlik zeigt, dass der japanische Farbholzschnitt in Arbeitsteilung als Gemeinschaftsproduktion entsteht. Anders als im Wien der Jahrhundertwende kommen in Japan Maler, Holzschneider und Drucker nicht in einer Person zusammen.
Eine neue
Zeitrechnung
er Widerstand der Holzplatte und die Sperrigkeit des Materials bedingen beim Holzschnitt immer auch eine reduzierte Formsprache. Eine besondere Qualität der Wiener Farbholzschnitte ist es jedoch, die Gestaltung konsequent weiterzuentwickeln. Gut ein Jahrzehnt bevor der deutsche Expressionismus den Holzschnitt und seine Eigenschaften für sich entdeckt, entstehen in Wien Drucke, deren Modernität angesichts ihres frühen Entstehungszeitpunkts überrascht.
Körper im Raum
Abstrakte Anmutung
Das Ornament in Vollendung
Die meisten Farbholzschnitte erzählen keine Geschichte im Sinne einer Handlung, sondern inszenieren Motive aus dem Moment heraus.
Pop 1900
Wiener Werbewelten
Die Neubewertung des Farbholzschnitts in Wien findet vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Begeisterung für Plakate, Werbung, illustrierte Bücher und Zeitungen statt. Die Nachfrage an reproduzierbaren Bildern stieg stetig.
Kunst to go
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Josef Hoffmann: Das Arbeitsprogramm der Wiener Werkstätte, 1904.
Die Zeitschrift „Ver Sacrum“ ist ein Appell an den Kunstsinn der Bevölkerung zur Anregung, Förderung und Verbreitung künstlerischen Lebens und künstlerischer Selbständigkeit.
Ver Sacrum 1, 1898, S. 31.